Traubenernte läuft an: Winzer zuversichtlich, lokal jedoch Ausfälle
Weinlese an der Mosel: Vieles scheint zu passen
Winzer Daniel Bach vom gleichnamigen Weingut (Cochem-Sehl) kippt in einem Weinberg im Moseldorf Ernst Trauben der Sorte Müller-Thurgau in den Anhänger eines Traktors. Die Lese 2020 hat begonnen und verläuft bisher vielversprechend. Foto: David Ditzer
David Ditzer

Mosel. Eine einigermaßen seriöse Leseprognose abzugeben, „ist in diesem Jahr sehr schwierig an der Mosel“, sagt Walter Clüsserath aus Pölich (Kreis Trier-Saarburg), Präsident des Weinbauverbands Mosel. Grund: „Wir haben diesmal alles – von extremsten Trockenschäden bis zu ersten Fäulnisnestern in Rieslingtrauben, zum Beispiel um Kröv.“ Einerseits. Andererseits ist vielerorts die Hoffnung auf eine gute Weinernte, was Ertrag, Menge und Qualität angeht, durchaus berechtigt. Das sagen auch Cochem-Zeller Winzer. Die Hitzerekorde im September kommen jedoch keineswegs gelegen. Ein genaueres Bild wird sich wohl erst ergeben, wenn's gegen Ende des Monats mit der Rieslinglese in die Vollen geht.

In einem jahrzehntealten Wingert im Nachbardorf Ernst lesen der Winzer Daniel Bach aus Cochem-Sehl und seine Mitstreiter an diesem Mittwochmorgen Trauben der Rebsorte Müller-Thurgau. „Diese Trauben sehen richtig gut aus, und auch die Menge stimmt. Da freut man sich als Winzer.“ Die Mostgewichte liegen um die 80 Grad Oechsle. „Da gibt es keinen Grund, noch länger zu warten.“ Jedenfalls bei den frühen Rebsorten, eben Müller-Thurgau oder bei den Burgundersorten. „Am Cochemer Nikolausberg haben wir schon vor zwei Wochen Regent gelesen.“ Dort war die Rotweintraube schon ungewöhnlich früh reif. Das Sommerwetter passte 2020 größtenteils. Worüber der junge Sehler Winzer besonders froh ist: „Wir hatten vereinzelt Lagen mit Sonnenbrand, aber bei Weitem nicht so schlimm wie im vergangenen Jahr.“

Das bestätigt Bachs Kollege Daniel Theisen aus Nehren. „In den Flachlagen war es nicht so schlimm, in den Steillagen haben wir hier und da schon Sonnenbrand.“ Müller-Thurgau und die Rotweinsorten Acolon oder Dornfelder beschäftigen Theisen und seine Helfer gerade. „Die Mostgewichte sind gut“, führt Theisen aus. „Beim Müller-Thurgau bewegen sie sich zwischen 75 und 80, die roten Sorten liegen über 80 Grad Oechsle.“ Und er fügt hinzu: „Was den Ertrag betrifft, hoffe ich, dass es mindestens genauso viel ist wie im vergangenen Jahr, eher ein kleines bisschen mehr.“ Was ein wenig Probleme bereitet: Die hohen Temperaturen in den vergangenen Tagen, jenseits der 30 Grad, haben dazu geführt, „dass die Säure runtergeht in den Keller“. Aktuell ist in den Lagen des Nehrener Familienweinguts noch der Vollernter unterwegs. Nächste Woche soll die Lese mit der Hand beginnen. Theisen: „Ende September/Anfang Oktober will ich den größten Teil des Rieslings lesen, wenn nichts Gravierendes dazwischenkommt.“

Ähnlich sehen die Pläne von Marco Bremm aus. Der Winzer vom Weingut Bremm Keltenhof in Zell merkt allerdings auch an, „die Reife ist gerade in den guten Lagen schon deutlich vorangeschritten“. Der Keltenhof werde die Lese dort, anders als in vorangegangenen Jahren, also wohl vorziehen. Von Winzerkollegen in Briedel und anderen Orten hat Bremm schon gehört, dass sie Lagen haben, in denen die Reben großen Trockenstress hatten oder es Hagelschäden gab. Doch mit der Entwicklung seiner Reben in Zell ist er zufrieden: „Wir sehen, dass es ein guter Herbst werden könnte.“ Jedoch könnte aus den hohen Temperaturen dieser Tage in der Tat eine Problematik mit einem zu niedrigen Säuregehalt resultieren.

Wegen der ungewöhnlichen Septemberhitze haben Kilian Moritz vom Pommerner Weingut Schneiders-Moritz und seine Helfer dieser Tage schon um 6 Uhr mit der Müller-Thurgau-Lese begonnen. „Damit wir die natürliche Nachtkühle noch nutzen konnten.“ Mostgewichte und Erträge passen. „Wir liegen bei circa zehn Fuder pro Hektar“, sagt Kilian Moritz. In Lagen für den Vollernter musste man „gut vorlesen“, weil zum Teil Essigfäule drin war – von Früchten, die Wespen angefressen hatten. Moritz: „Ich habe noch nie so viele Wespen im Wingert gesehen.“ Ebenfalls nicht ganz leicht in Corona-Zeiten ist es, die Leseabläufe zu organisieren: „Ich muss ja auch sehen, dass ich meine Mannschaft gesund und munter halte.“ In Treis wird Moritz wegen eines Hagelschadens circa zwei Hektar hängen lassen müssen. „Das tut einem dann schon weh.“ Insgesamt aber ist der Pommerner zuversichtlich, will nächste und vor allem übernächste Woche voll in die Rieslinglese gehen. „Erst sind noch die Burgundersorten dran.“

Weinbaupräsident Walter Clüsserath und sein Sohn in Pölich haben sich darauf verständigt, „dass wir diese und nächste Woche noch keinen Riesling lesen“. Sofern sich das angekündigte sonnige und durchschnittlich warme Wetter einstellt. „Dann sehen wir weiter.“ Er fügt hinzu: „Wo die Trauben gesund sind, wird es eine hervorragende Qualität werden.“ Vorfreude auf Moselwein des Jahrgangs 2020.

Von unserem Redakteur David Ditzer

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