Es lag Abschiedsstimmung in der Luft, Wehmut war zu spüren, auch Schmerz, als zum letzten Mal die Glocken zum Gottesdienst riefen, zum letzten Mal die Orgel erklang und zum letzten Mal das Abendmahl gefeiert wurde. Denn es war der letzte Gottesdienst in der Philipp-Melanchthon-Kirche in Bad Bertrich. Sie wurde in diesem Gottesdienst entwidmet.
„Mehr als 100 Jahre wurden hier Gottesdienste gefeiert, Kinder getauft, Jugendliche konfirmiert, Paare getraut und für Verstorbene gebetet“, so der Zeller Pfarrer Thomas Werner. Viele Menschen würden ihre ganz eigene Geschichte mit diesem Gotteshaus verbinden. „Schade, dass wir heute nun aus diesem Anlass hier in die Kirche gekommen sind, auch wenn es sich schon lange abgezeichnet hat. Viele Jahre haben wir die Melanchthon-Kirche schon nicht mehr genutzt“, so der Pfarrer.
Erinnerungen an schöne Momente wurden wach
„Es ist ein merkwürdiger Moment“, bekannte auch Gemeindekatechet Willi Müller-Schulte. Seit 1997 habe er hier immer wieder Gottesdienste gefeiert, oft in kleinem, fast familiärem Rahmen. Und damit verbinde er viele schöne Erinnerungen, die gerade an einem solchen Tag wieder wach würden.
Und so wird es vielen gegangen sein, die nochmals in diese Kirche kamen. Nicht nur aus Bad Bertrich, sondern aus der ganzen Gemeinde, vom Hunsrück und von der Mosel. Aber auch Menschen, die über Jahrzehnte mit diesem Gotteshaus verbunden waren und sind. So Lieselotte Mangold, die mehr als 30 Jahre hier als Küsterin diente. Oder Reimer Blank aus Bad Bertrich, der viele Jahre dem Presbyterium der Gemeinde angehörte.
Ebenso auch Sylvia Hochscheid aus Urschmitt, die vor 19 Jahren hier in dieser Kirche getraut wurde und gemeinsam mit ihrem Mann den Gottesdienst musikalisch umrahmte. „Der Glaube ist nicht an Mauern gebunden, die Zeiten ändern sich“, meinte sie im Gottesdienst. Diese Veränderungen gelte es zu akzeptieren, mit einem positiven Blick nach vorne.

Das Gespräch von Nikodemus mit Jesus über den Glauben, von dem das Johannes-Evangelium berichtet, war Predigttext und Evangelium im Gottesdienst. Und war es nun Zufall, oder vielleicht doch ein Zeichen der Verbundenheit Gottes mit dieser Kirche im Römerkessel? Genau dieses Gespräch von Nikodemus mit Christus findet sich als Bildnis wieder in einem der Fenster im Chorraum. Für Willi Müller-Schulte war jedenfalls klar: „Die Liebe Gottes braucht nicht zwingend große Kirchen, sondern diese Botschaft kommt in jede armselige Hütte. Das soll uns heute Trost und Hoffnung sein.“
Und so wurden, nachdem zum letzten Mal den Gottesdienstbesuchern hier der Segen zugesprochen wurde, die Orgel verklungen und die Kerzen erloschen waren, von Pfarrer Werner, Katechet Müller-Schulte sowie Presbyter Felix Berger die Taufschale, die Altarbibel und das Abendmahlsgeschirr aus der Kirche hinausgetragen. Sie werden künftig in der Pauluskirche in Zell ihren Platz haben. „Doch Gottes Wort wird auch weiterhin hier in Bad Bertrich sein und wir werden auch weiterhin in den Kirchen unserer Gemeinde Gottesdienst und Abendmahl feiern“, bekannte Pfarrer Thomas Werner.
Kirche ist zu groß geworden
Die 1904 in dieser Form erbaute Philipp-Melanchthon-Kirche ist für die Kirchengemeinde Mosel-Hunsrück viel zu groß geworden. Zu wenig Evangelische leben hier, schon seit Jahren wird hier kein Gottesdienst mehr gefeiert. Mit der Entwidmung der Kirche kann sie nun verkauft und für andere Zwecke genutzt werden. Dies wird voraussichtlich noch in diesem Jahr geschehen. Bereits 1845 hatten im Kurort erste evangelische Gottesdienste stattgefunden, 1852 wurde eine erste Kapelle im Römerkessel errichtet, der Vorgängerbau der heutigen Kirche. Mit der Melanchthon-Kirche wurde erstmals ein Gotteshaus im Kirchenkreis Simmern-Trarbach entwidmet.