Anwohner tauschen sich aus
Was die Cochemer Bürger zur Innenstadtsperrung sagen
Bisher regeln Poller und Schranken den Verkehr in der Innenstadt. Ob das so bleibt, entscheidet der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung.
Kevin Ruehle

In Cochem herrschen chaotische Verkehrszustände. Ob eine ganzjährige Sperrung der Innenstadt die Lage entspannen könnte, wurde bei einer Bürgerversammlung im Kapuzinerkloster diskutiert.

Die geplante Sperrung der Cochemer Innenstadt erhitzt weiter die Gemüter. Bevor der Stadtrat in der Angelegenheit eine Entscheidung fällt, wurde zu einer Bürgerversammlung ins Kapuzinerkloster eingeladen. „Wir wollen nicht über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden“, betont Stadtbürgermeister Walter Schmitz. Der Maria-Elisabeth-Saal platzt schon vor Beginn der Veranstaltung aus allen Nähten. Dicht gedrängt sitzen die Bürger, überwiegend Anwohner der Oberstadt, in den Stuhlreihen. Die, die später kommen, müssen hinten stehen. Und das sind nicht wenige.

Die Verkehrssituation in der Innenstadt erregt die Gemüter. Zur Bürgerversammlung sind deshalb viele Anwohner gekommen.
Ulrike Platten-Wirtz

Die Diskussion um eine ganzjährige oder saisonale Sperrung nimmt schnell Fahrt auf. Obwohl die Emotionen hochkochen, verläuft der Austausch weitestgehend sachlich. Das, was die Cochemer Bürger Gesellschaft (CBG) ursprünglich als Antrag in den Stadtrat eingebracht hat, nämlich die Altstadt ganzjährig in eine Fußgängerzone zu verwandeln, steht zur Debatte. Aber auch weitere Varianten, die den Verkehr in der Innenstadt beruhigen sollen.

So wie es ist, kann es nicht bleiben, das ist schnell aus den Wortmeldungen der Anwohner herauszuhören. Die Bewohner der Oberstadt gehen bei einer ganzjährigen Sperrung aber nicht mit. „Wenn die Innenstadt ganzjährig komplett gesperrt wird, dann geht das auf unsere Kappe. Der Verkehr wird sich im Winter dann verdoppeln“, heißt es aus deren Reihen. Und auch die Bewohner der Endertstraße äußern Bedenken, dass das ohnehin schon hohe Verkehrsaufkommen dann noch zunimmt.

Stadtrat hat Vorschlag im Gepäck

Die Gremien aller Fraktionen im Stadtrat haben sich bereits im Vorfeld zu dem Thema beraten und einen Lösungsvorschlag im Gepäck. Der würde so aussehen, dass die bestehende Schranke am Schrombekaulplatz ganzjährig geschlossen bliebe, der Poller in der Oberstadt und Schranke in der Märtschelt außer Betrieb gesetzt würden und lediglich der Poller in der Pater-Martin-Straße zwischen 7 und 8 Uhr sowie zwischen 11 und 19 Uhr hochgefahren würde. Und zwar nicht nur saisonal, sondern ganzjährig. „Ein abgeschwächter Vorschlag, der jederzeit wieder aufgehoben werden kann“, kommentiert CGB-Sprecher Thomas Heimes. Er meint, dass wenn man das 12 Monate durchziehe, sich alle dran gewöhnt hätten und man dann auch die Fußgängerzone einrichten könne.

„Wir haben ein Verkehrsproblem in ganz Cochem.“
Franz-Josef Traurig(FWG Brauheck)

Anwohner und Geschäftsleute in der Innenstadt befürchten dadurch aber ein Verkehrschaos. „Das würde ja bedeuten, dass Lkw, die Waren anliefern, auf dem Marktplatz wenden müssen“, sagt eine Gastronomin. Es sei denn, es gebe Ausnahmeregelungen für Lieferanten. „Davon gibt es derzeit rund 450“, teilt Schmitz mit.

Da der Weg für Rettungskräfte jederzeit frei bleiben muss, ist deshalb auch eine Ausweitung der Bestuhlung auf dem Marktplatz schnell vom Tisch. Das Problem mit ganzjährig geschlossenen Schranken wird indes lange diskutiert. „Im Winter, wenn kaum Betrieb ist, ist nicht einzusehen, dass man zehn Minuten Umweg über die Stadtwaldlinie fährt“, argumentiert ein Anwohner der Oberstadt. Zudem werde es zum Problem für die Bewohner der Löhrstraße und Märtschelt, denn wenn die Fahrzeuge dort rund fahren, sind die Anwohner die Leidtragenden.

Sperrung verdoppelt Verkehr in der Oberstadt

„Bei einer ganzjährigen Sperrung wird sich der Verkehr in der Kelbergerstraße im Winter verdoppeln“, befürchtet ein anderer Anwohner. Die Bürgerinitiative INGE, die sich gegründet hat, weil die Bürger mit der Verkehrssituation in der Oberstadt unzufrieden sind, ist der Ansicht, dass durch die Sperrung der Innenstadt der Verkehr entlastet würde. Doch dieser Meinung schließen sich nur wenige an.

„Eine Entlastung auf der einen Seite darf nicht zur Belastung auf der anderen Seite werden“, heißt es. Fakt ist, dass die 5000-Einwohnerstadt mit mehr als zwei Millionen Tagesgästen in der Saison überfordert ist. „Wir haben ein Verkehrsproblem in ganz Cochem“, betont Franz-Josef Traurig, der für die FWG Brauheck im Stadtrat sitzt.

„Wie ich aus den Wortbeiträgen heraushöre, ist eine ganzjährige Sperrung aber nicht gewünscht.“
Hans Bleck (SPD)

Hans Bleck (SPD) fasst zusammen: „Wie ich aus den Wortbeiträgen heraushöre, ist eine ganzjährige Sperrung aber nicht gewünscht.“ Vielmehr wird der Wunsch nach einem professionell erarbeiteten Verkehrskonzept laut. „Wir brauchen ein Konzept für Cochemer Bürger, nicht für Touristen“, fordert Marco Steuer (CDU). „Unser Innenmarketing-Ausschuss befasst sich schon mit der Erarbeitung eines Parkleitsystems“, bestätigt Schmitz.

Der Gedanke ist, den Großraumparkplatz hinter dem Bahnhof mit einem Parkdeck aufzustocken und Touristen dorthin umzuleiten. Zudem sollte die Polizei die Fahrzeuge kontrollieren, die durch die Innenstadt fahren, erbittet sich eine Anwohnerin der Oberstadt.

Auch die Zahl der Touristen möglicherweise mit Eintrittsgeldern nach venezianischem Modell zu begrenzen, wird von Bürgern angesprochen. „Wir haben eine Grenze erreicht. Es muss eine Lösung her, sonst kollabiert uns der Kram irgendwann“, gesteht der Stadtbürgermeister. Am Ende lässt Schmitz die Bürger abstimmen.

Das Ergebnis: Die bestehende Sperrung soll zwischen Karfreitag und Mitte November aufrechterhalten und lediglich am Abend um eine Stunde von 18 auf 19 Uhr verlängert werden. Ob der Stadtrat auch im Sinne der Bürger entscheidet, wird auf der nächsten Ratssitzung bekannt gegeben.

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