Eklat im Zeller Stadtrat
Warum ein Neubaugebiet zum Wutanfall führt
Auf der Kaimter Seite, wo noch Weinberge und Schrebergärten sind, soll ein neues Baugebiet entstehen. Die große Frage ist: wann?
Birgit Pielen

Die Geschichte des geplanten Neubaugebietes Kaimt-Nord III ist lang. Sie hat 2018 begonnen, Bagger sind seitdem keine gerollt. In der jüngsten Zeller Stadtratssitzung mündete die Debatte darüber in einen Eklat.

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Ein an sich unspektakulärer Tagesordnungspunkt hat in der jüngsten Sitzung des Zeller Stadtrates zu einem Spektakulum geführt. Es ging um den Bebauungsplan Kaimt-Nord III und die Abstimmung über den Entwurf für die Offenlage. Abgestimmt wurde am Ende – aber nur über eine Vertagung. Doch der Reihe nach.

Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen (FWG) schildert in der Sitzung zunächst die Lage. In Zell mangelt es an Baugrundstücken für junge Familien – das ist nicht neu. Auf den Baugebieten Barl III aus den 1990er-Jahren und Kaimt-Nord II aus den 2000er-Jahren stehen inzwischen längst Einfamilienhäuser. Schon seit Jahren, sagt Döpgen, habe man deshalb eine Weiterentwicklung des Baugebietes in Kaimt ins Auge gefasst. „Die Stadt hat bereits eine siebenstellige Summe für den Landerwerb ausgegeben“, betont der Bürgermeister. Einige Gespräche mit Grundstücksbesitzern stehen noch aus. Immerhin 35 bis 40 Bauplätze sollen dort entstehen – zwischen Moselufer und Bundesstraße.

Das neue Baugebiet soll direkt an das alte Baugebiet von Kaimt-Nord anschließen.
Birgit Pielen

Ursprünglich sollte das Baugebiet mit sogenannter kalter Nahwärme versorgt werden. Dabei geht es um ein System, das auf oberflächennaher Geothermie basiert und Erdsonden nutzt, die natürliche Wärme aus dem Boden für die Versorgung der Haushalte sammelt. Die Ahr-Gemeinden Rech und Altenburg arbeiten inzwischen damit, denn das Ahrtal will zu einer Modellregion für klimafreundliche und nachhaltige Wärmeversorgung werden. Doch in Kaimt habe sich das nicht realisieren lassen, sagt Döpgen.

Eine Ingenieurin des Büros Planwerk Häuser aus Boppard erläutert anschließend die Entwurfsplanung. „Die Stadt hat schon erheblich investiert in das Baugebiet, das muss refinanziert werden“, sagt Döpgen, bevor sie mit ihrer Präsentation beginnt. Angesichts insgesamt gestiegener Preise müsse eine völlige Neubewertung stattfinden, auch was die Tiefbaumaßnahmen für das Erschließen der Grundstücke angehe. Das heißt: Alles wird teurer. Doch noch ist es bis zur Vermarktung der Grundstücke ein weiter Weg.

Eine Ingenieurin des Büros Planwerk Häuser aus Boppard erläutert die Entwurfsplanung für Kaimt-Nord III.
Birgit Pielen

Umstritten ist zudem, ob es in die Landschaft passt, wenn zur Bundesstraße hin Reihenhäuser gebaut werden sollen – als Schallschutz. Andrea Lehmen von der SPD-Fraktion meldet bei diesem Plan jedenfalls erhebliche Zweifel an. Karlheinz Weis von der CDU entgegnet, man wolle möglichst viel Wohnraum schaffen und die Fläche optimal nutzen. „Deshalb sollen nicht nur Einfamilienhäuser gebaut werden.“

CDU-Fraktionschef Lothar Bremm (links) erinnert daran, dass es eigentlich hätte ganz schnell gehen sollen.
Birgit Pielen

Dann hätte es eigentlich zur Abstimmung kommen können, doch die CDU-Fraktion beantragt eine zehnminütige Sitzungsunterbrechung. Fraktionschef Lothar Bremm greift, als die Sitzung weitergeht, in die Historie von Kaimt-Nord III – und ist sichtlich sauer. Im Juli 2018 sei der Antrag für das Neubaugebiet gestellt worden, sagt er. Die Verwaltung habe damals gesagt, das gehe ganz schnell, weil das Baugebiet Kaimt-Nord II nur verlängert werden müsse. Doch das ist fast sieben Jahre her. Bürgermeister Döpgen entgegnet: „Mir gefällt das auch nicht. Aber wir sind nicht alleine auf der Welt.“ Das gescheiterte Projekt „Kalte Nahwärme“ habe ein Jahr gekostet, ganz zu schweigen von der Pandemie und anderer Probleme.

Jürgen Hoffmann (FDP), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Zell, ist sauer: „Von Zell lasse ich mir keine Untätigkeit mehr vorwerfen.“
Birgit Pielen

Jürgen Hoffmann (FDP), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Zell, ist ein an sich besonnener und gelassener Mensch. Doch jetzt platzt ihm der Kragen, obwohl seine Verwaltung nicht ausdrücklich angesprochen wurde. „Ständig heißt es, ,ihr pennt’“, poltert er. „Das geht nicht.“ Dann zählt er eine Reihe von Baumaßnahmen auf, die die Verbandsgemeinde für die Stadt Zell regelt. Es sind in der Summe zweistellige Millionenprojekte. „Von Zell lasse ich mir keine Untätigkeit mehr vorwerfen“, macht er klar. Das sei er auch seinen Mitarbeitern schuldig. Und mit Blick auf Zell lässt er wissen, dass sich Untätigkeit irgendwann räche.

CDU-Fraktionschef Bremm betont, er habe der VG-Verwaltung keinerlei Vorwurf gemacht. Er verweist darauf, dass die Stadt viele Anfragen von bauwilligen jungen Leuten hatte. „Die sind jetzt alle weg.“ Wer also genau in diesem Verfahren den Schwarzen Peter hat, bleibt offen. Fest steht: Die Abstimmung wird auf Antrag der CDU vertagt.

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