Neben Wildtieren reißen sie Schafe, Kälber, Ziegen und zuletzt wurde sogar eine Kuh zur Beute der Großraubtiere. Obwohl niemand weiß, wie viele Wölfe mittlerweile im Bundesland wieder heimisch geworden sind, ist dem Umweltministerium die Zahl der Weidetiere, die den Wölfen zum Opfer gefallen sind, bekannt: Seit ihrer Wiederkehr und dem Dokumentationsbeginn im Februar 2012 haben Wölfe in Rheinland-Pfalz nachweislich 84 Weidetiere gerissen. Hinzu kommen nach Angaben des Umweltministeriums 13 verletzte Tiere, die Wolfsangriffe überlebt haben.
Besonderen Appetit auf solch leichte Beute, die sich hinter Gattern und Zäunen nahe menschlichen Siedlungen findet, zeigt dabei ein Exemplar: der Hasborner Wolf. Der Rüde ist den Wolfsforschern im Land unter dem Codenamen „GW1896m“ bekannt und wurde in Rheinland-Pfalz erstmalig am 25. Februar an den gerissenen Schafen in Hasborn in der Verbandsgemeinde Wittlich-Land anhand von DNA nachgewiesen.
Seine letzten Weidetiere riss der Hasborner Wolf allerdings nicht im Kreis Bernkastel-Wittlich. Denn DNA-Nachweisen zufolge hat er den Landkreis mittlerweile verlassen. Seine DNA wurde zuletzt mehrfach im Westerwald nachgewiesen, wo er auf mindestens neun Schafsweiden kräftig zugeschlagen hat, so die Experten.
Schäden des Wolfes intensiv geprüft
Aufgrund seines außergewöhnlichen Appetits auf Weidetiere geriet das Tier deshalb nun in den Fokus des Umweltministeriums. Sein Heißhunger auf dieselben ist der Grund dafür, dass der Hasborner Wolf fortan unter strenger Beobachtung steht und sogar zum Prüffall ernannt wurde: „Das Umweltministerium nimmt die Situation im Westerwald sehr ernst und beobachtet die Sachlage genau. Es steht dazu mit mehreren Experten zum weiteren Vorgehen im Austausch. So werden aktuell zum Beispiel die Schadereignisse des Rüden GW1896m nochmals intensiv geprüft. Auch eine juristische und artenschutzrechtliche Bewertung der Situation wird erfolgen“, ist in einer Pressemitteilung des Ministeriums von Anfang Mai zu lesen.
GW1896m zieht also derzeit die volle Aufmerksamkeit der Wolfsforschung im in Rheinland-Pfalz auf sich. Aber warum genau geriet der Wolfsrüde nun ins Zielfernrohr der Behörde? Ist sein Kerbholz etwa voll und die Geduld des Umweltministeriums erschöpft? Das Tier sei erneut durch DNA-Ergebnisse bei weiteren Rissen als Verursacher bestätigt worden, erklärt das Umweltministerium auf Anfrage. Die Bewertung sei demnach ein normaler Vorgang bei sich häufenden Rissereignissen, um die Umstände einzugrenzen und die Situation genau einschätzen zu können. „Hierzu werden die vorherigen und aktuellen Rissereignisse noch einmal in Zusammenhang gestellt.“
Der Schadensbericht zu GW1896m: Seit Februar fiel dem Wolf eine Vielzahl an Weidetieren zum Opfer. Der genaue Schadensbericht sieht laut Ministerium wie folgt aus: „GW1896m wurde in verschiedenen Regionen von Rheinland-Pfalz nachweislich an zehn Rissen mit insgesamt 21 toten oder verletzten Schafen nachgewiesen. Bei einem weiteren Riss war die Individualisierung dann nicht möglich, GW1896m kommt dafür laut DNA-Ergebnis aber als Verursacher durchaus in Frage.“
Welchen Schaden hat der Hasborner Wolf verursacht? Die finanzielle Schadenssumme könne im Fall von GW1896m allerdings nicht konkret beziffert werden, erklärt das Ministerium, „da die meisten Risse im Präventionsgebiet Westerwald stattgefunden haben, wo der Tierwert aufgrund des mehr als zwei Jahre bestehenden Präventionsgebiets bei unzureichendem Schutz nicht mehr entschädigt wird“.
Wird aus dem Prüffall ein Problemwolf? Entwickelt sich GW1896m möglicherweise doch zum Problemwolf, der entnommen werden müsste? Immerhin erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz den Abschuss von Wölfen als geschützter Tierart in Ausnahmen wie „zur Abwendung ernster wirtschaftlicher Schäden“ wie bei Übergriffen auf Weidetiere.
Keine ausschließliche Spezialisierung auf Weidetiere
Wird der Hasborner Wolf also zum Problemwolf? „Nein, nach den Bundes- und Landeskriterien ist dies bislang nicht der Fall“, erklärt das Ministerium. Demnach wertet das Ministerium die wirtschaftlichen Schäden, die GW1896m verursacht hat, noch nicht als ganz so ernst.
Aber sollten sich Wölfe nicht doch überwiegend von Wildtieren statt von Schafen und Ziegen ernähren? Oder liegt man mit der Annahme falsch, dass sich der Hasborner Wolf mittlerweile auf die Jagd von Weidetieren spezialisiert haben könnte?
„Da es auch längere Zeiträume ohne bekannte Übergriffe von GW1896m auf Nutztiere gibt, ernährt er sich in diesen Zeitfenstern vermutlich von Wildtieren“, erklärt das Ministerium. Von einer ausschließlichen Spezialisierung auf Weidetiere könne also nach wie vor nicht gesprochen werden. „Ein guter Herdenschutz ist das wichtigste und beste Mittel zur Verhinderung von Übergriffen auf Nutztiere. Daher unterstützen wir die Tierhalterinnen und Tierhalter mit einer Landesförderung bei Schutzmaßnahmen in Präventionsgebieten.“
Bisher sind in Rheinland-Pfalz 9900 Euro an Entschädigungen (inklusive Tierarztkosten) und etwa 855.200 Euro Fördergeld für Präventionsmaßnahmen ausgezahlt worden.