Wenn man Erich Michels in seinem Büro in Ulmen besucht, betritt man keinen gewöhnlichen Raum – es ist ein Archiv gelebten Engagements. Die Wände zieren Wappen seiner Heimatstadt Ulmen, neben dem Computer hängt eine große Landkarte von Südamerika, und in den Regalen reihen sich Ordner aneinander, fein säuberlich beschriftet, dokumentierend, was über Jahrzehnte entstanden ist: ein Stück rheinland-pfälzischer Kulturgeschichte, geprägt von einem Mann, der wie kaum ein anderer für ehrenamtliches Engagement steht.
Erich Michels ist 74 Jahre alt, lebt in Ulmen in der Vulkaneifel – und hat über 40 Jahre lang die Rheinlandmeisterschaft im Siebenschräm organisiert, einem traditionsreichen Kartenspiel mit rustikalem Charme und tiefen Wurzeln in der Region. In seiner akribischen Art hat Michels jedes Turnier dokumentiert, jede Änderung im Regelwerk, jede noch so kleine Anekdote festgehalten. Dass das Turnier über Jahrzehnte Bestand hatte und nach wie vor Bestand hat, ist vor allem ihm zu verdanken.
„Irgendwann wurde das Ganze zu groß für die Gaststätte, dann sind wir in größere Hallen umgezogen.“
Der Ulmener Erich Michels über die Rheinlandmeisterschaft im Siebenschräm
„Angefangen hat alles in der Kneipe“, erzählt Michels mit einem Lächeln. Damals habe man um Schafe und Kaninchen gespielt – Preise, die heute bestenfalls kurios wirken. „Irgendwann wurde das Ganze zu groß für die Gaststätte, dann sind wir in größere Hallen umgezogen.“ Die Entwicklung des Turniers spiegelt auch ein Stück Gesellschaftsgeschichte wider. Aus einem geselligen Abendspiel wurde eine offizielle Meisterschaft, mit eigens entworfenen Preislisten, Teilnehmerstatistiken und Pokalen.
Die Leidenschaft für das Siebenschräm war bei Michels stets spürbar – trotz mancher Rückschläge. Die dritte Meisterschaft etwa musste abgesagt werden, weil die Veranstaltung wegen des Verdachts auf illegales Glücksspiel untersucht wurde. „Das war heftig“, erinnert er sich, „aber wir haben uns nicht entmutigen lassen.“ Gerade die familiäre Atmosphäre des Turniers, die Dankbarkeit der Teilnehmenden und die positive Resonanz hätten ihn Jahr für Jahr motiviert, weiterzumachen. „Ich habe gesagt: 40 Jahre sind genug. Das ist eine schöne Zahl – und irgendwo muss auch Schluss sein.“

In vielen Ehrenämtern aktiv
Doch nicht nur das Siebenschräm-Turnier hat Michels geprägt – oder besser gesagt: Er hat es nicht allein geprägt. Parallel dazu war er in unzähligen Ehrenämtern aktiv. Im kommenden Jahr wird er auch seine Ämter als Vorsitzender im Eifelverein und in weiteren Vereinen niederlegen. Auch sein berufliches Engagement endet: Nach 40 Jahren als Rentenberater bei der Deutschen Rentenversicherung verabschiedet sich Michels in den Ruhestand. Für seinen Einsatz wird er in Berlin ausgezeichnet – ein Zeichen der Wertschätzung für jahrzehntelange Beratungsarbeit im Dienste der Allgemeinheit.
Hinzu kommt seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter an den Sozialgerichten Trier und Koblenz – ganze 19 Jahre lang. In der Kommunalpolitik war Michels ebenfalls präsent: 15 Jahre saß er im Ortsgemeinde- und Stadtrat von Ulmen. Zehn Jahre lang organisierte er zudem als Vorsitzender das Ulmener Burgfest – ein weiterer Beleg für seinen unermüdlichen Einsatz für das Gemeinwohl.
Reisen als eine große Leidenschaft
Dabei war sein Berufsleben keineswegs beschaulich: Michels arbeitete viele Jahre bei einer Krankenkasse. Trotzdem fand er immer Zeit für das Vereinsleben – und für sich selbst. Reisen ist eine seiner großen Leidenschaften. „Ich habe nie auf die Rente gewartet, um die Welt zu sehen“, sagt er. In seiner aktiven Berufszeit hat er nahezu alle Kontinente bereist – meistens im Rahmen von Gruppenreisen. Nur Australien fehlt noch auf seiner Liste. Besonders beeindruckt haben ihn Brasilien, speziell Rio de Janeiro, und Paris. „Ich liebe die Anonymität der Großstadt“, erklärt er. „Auf dem Dorf kennt jeder jeden – und viele kennen mich. Aber ich erkenne nicht mehr jedes Gesicht.“ Ein Umstand, der ihm manchmal unangenehm ist, aber wohl kaum zu vermeiden bei jemandem, der über Jahrzehnte so präsent war.
Der technologische Wandel war für Michels eine Erleichterung. „Früher habe ich die Einladungen zur Meisterschaft mit der Schreibmaschine geschrieben und die Punkte händisch ausgerechnet“, sagt er. Heute geht vieles einfacher – aber das Herzblut, das er in seine Projekte gesteckt hat, ist geblieben. „Ich bin froh, dass ich so viel erleben durfte – trotz aller Hürden und Mühen“, sagt er im Rückblick. Ohne die Unterstützung seiner Familie und vieler Mitstreiterinnen und Mitstreiter sei das nicht möglich gewesen.
Ein mit Herz geführtes Leben
Zwischen Wanderatlanten, Landkarten und Dokumenten blickt Erich Michels heute mit Stolz auf sein Lebenswerk. Ein Mann, der nie viel Aufhebens um seine Person gemacht hat, und doch so viel bewegt hat. Seine Geschichte ist ein stilles Denkmal für das Ehrenamt, für Gemeinschaft und für gelebte Leidenschaft. Ein Leben wie ein Archiv – reich gefüllt, geordnet und bis ins letzte Detail mit Herz geführt.