Kreis Cochem-Zell
Traunstein: Alle Angeklagten freigesprochen
dpa

Traunstein/Cochem-Zell - Bei der Rückkehr eines 54 Jahre alten rumänischen Geschäftsmannes am Abend des 21. August 2009 in das Hotel seiner Tochter in Reit im Winkl warteten mehrere Schläger auf ihn. Der Ingenieur aus Bukarest trug erhebliche Verletzungen davon, vor allem durch ein Reizgas in die Augen. Seit Anfang Juli versuchte die Sechste Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Werner Gruben die Tat und ihre Hintergründe aufzuklären.

Lesezeit 2 Minuten

Traunstein/Cochem-Zell – Bei der Rückkehr eines 54 Jahre alten rumänischen Geschäftsmannes am Abend des 21. August 2009 in das Hotel seiner Tochter in Reit im Winkl warteten mehrere Schläger auf ihn. Der Ingenieur aus Bukarest trug erhebliche Verletzungen davon, vor allem durch ein Reizgas in die Augen. Seit Anfang Juli versuchte die Sechste Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Werner Gruben die Tat und ihre Hintergründe aufzuklären.

Haftentschädigung für alle

Am 22. Verhandlungstag wurden die drei Angeklagten, ein Zahnarzt (61) aus Kaisersesch, ein Model-Agent (43) aus Bruttig-Fankel und ein Rocker der Hells Angels (45) aus dem Raum Koblenz freigesprochen. Alle bekommen Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft. Zwei saßen seit mehr als einem Jahr, einer seit Ende März im Gefängnis. Das Gericht befand, der Überfall habe stattgefunden. Der Tatnachweis gegen die drei Männer gebe es nicht.

Seine Wurzeln hatte der Fall offensichtlich in Rumänien. Der Geschädigte (54) ist in Bukarest ein einflussreicher Unternehmer. Der Zahnarzt ist Rumäniendeutscher, der früher mit dem Opfer befreundet war. Wegen eines Aktiengeschäfts gerieten die beiden Männer in Streit – der in zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen in Deutschland wie in Rumänien gipfelte. Der Zahnarzt scheiterte stets mit seiner Millionenforderung.
Gemäß Anklageschrift sollte er den Model-Agenten angeheuert haben, der wiederum Mitglieder der Rockergruppe Hells Angels eingeschaltet haben sollte – für den Überfall Der Staatsanwalt plädierte weitgehend im Sinn der Anklage auf je vier Jahre Haft für den 61-Jährigen und den 43-Jährigen sowie eineinhalb Jahre mit Bewährung für den 45-Jährigen.

Die Verteidigerschlussanträge erstreckten sich über zwei Tage. Sämtliche sechs Anwälte forderten Freispruch für ihre Mandanten. Im Fall einer Verurteilung stellten sie vorsorglich Dutzende von Hilfsbeweisanträgen. In den Plädoyers herrschte, wie mehrfach in dem Indizienprozess, teils ein aggressiver Ton. Hatte der Ankläger von „Nebelbomben“ der Verteidigung gesprochen, so revanchierte sich einer der Anwälte, mit dem Vorwurf, die Staatsanwaltschaft habe „zur erstbesten Wahrheit gegriffen“. Fast jedes präsentierte Beweismittel habe „keine Beweiskraft“ besessen. Tatsächlich wisse man nichts über den Ablauf der Tat in Reit im Winkl. Die Kette der Indizienbeweise sei auseinander gerissen worden durch viele schwache Glieder.

Verzicht auf das „letzte Wort“

Keiner der Angeklagten wollte sich im „letzten Wort“ noch äußern. Während des aufwendigen Prozesses hatte der Karosseriebauer, auch Mitglied der Rockergruppe Hells Angels, ein Teilgeständnis bezüglich seines „Schmierestehens für eine geplante Abreibung“ abgelegt. Der Model-Agent offerierte harmlose Erklärungen für sein Verhalten.

Im Urteil unterstrich Vorsitzender Richter Werner Gruben, der Überfall habe tatsächlich durch zwei oder drei Personen stattgefunden. Den 45-jährigen Rocker habe niemand eindeutig auf Wahllichtbildvorlagen als Tatbeteiligten identifiziert. Nicht sicher sei, dass die beiden anderen Angeklagten irgendetwas mit der Tat zu tun tun gehabt hätten. Insgesamt habe sich das Gericht trotz gewisser Verdachtsmomente nicht von der Schuld der Angeklagten überzeugen können, so der Vorsitzende Richter. Die drei sichtlich erleichterten Männer setzte er sofort auf freien Fuß. Jetzt können Staatsanwaltschaft und Nebenklage Revision einlegen. mkd

Top-News aus der Region