Inzwischen ist Irina Gertfelder wieder in der Lage zu sprechen. Das erleichtert die Situation zwar ein wenig, dennoch bleibt es für die Familie eine Herausforderung.
Was war passiert?
Am 4. März ging Irina Gertfelder wie gewohnt zur Arbeit ins Seniorenheim in Blankenrath. Seit rund fünf Jahren arbeitet sie dort im Präsenzdienst, vor rund einem Jahr hat sie sich für eine Ausbildung zur Altenpflegehelferin entschlossen. Im April sollten die Abschlussprüfungen sein. Doch dann kam der Tag, der das Leben der 45-Jährigen mit einem Schlag veränderte. In einem Bewohnerzimmer wurde die angehende Pflegehelferin plötzlich ohnmächtig, nachdem sie zuvor über starke Kopfschmerzen geklagt hatte. Eine ortsansässige Allgemeinmedizinerin war sofort zur Stelle, um erste Hilfsmaßnahmen einzuleiten und den Rettungshubschrauber zu verständigen.
Im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz wurde nach festgestellter Diagnose eine Notoperation eingeleitet. Tage des Hoffens und Bangens folgten, bis die Familie die Gewissheit hatte, dass die Mutter außer Lebensgefahr war. „Zuerst konnte Mama gar nicht sprechen, aber wenn wir mit ihr redeten, merkten wir, dass sie uns verstand“, sagt Angelina. Einige Wochen später kehrt das Sprachvermögen glücklicherweise zurück. Dennoch ist Irina Gertfelder nach wie vor halbseitig gelähmt und rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen.
In die Dachgeschosswohnung, die Irina mit ihrem 14-jährigen Sohn Leon bewohnt, kann sie nicht zurück. Angelina, die mit ihrem Freund eine Wohnung in Simmern hat, zieht zusammen mit der Mutter in die Erdgeschosswohnung ihrer Schwester. Während Alina weiterhin ihren Beruf als Erzieherin ausübt, steht Angelina den ganzen Tag für die Pflege der Mutter zur Verfügung. Aber das ist gar nicht so leicht. „Damit sie nicht wund wird, muss Mama alle dreieinhalb Stunden umgelagert werden. Auch nachts“, sagt Angelina. Morgens setzt Angelina ihre Mutter in den Rollstuhl, damit man bei gutem Wetter auch mal raus kann. Dabei helfen die Großeltern, die ebenfalls im Ort wohnen, der jungen Frau.
Die ausgebildete Krankenschwester wäscht die Mutter, füttert sie und übernimmt die komplette Pflege. Bewegen kann Irina Gertfelder sich kaum. „Ich bin froh, dass Mama wenigstens das Essen schmeckt“, sagt die älteste Tochter. Am liebsten isst Irina Borschtsch, eine Suppe, die nach russischer Tradition aus Roter Beete und Weißkohl zubereitet wird. Alina verzieht schon bei dem Wort das Gesicht, und bei Irina ist daraufhin kurz ein Lächeln zu sehen. „Ich weiß, dass Alina die Suppe nicht mag“, sagt sie. Damit es auch so schmeckt wie immer, übernimmt die Großmutter beim Kochen traditioneller Rezepte die Küche. „Sonst isst Mama aber auch gerne das, was ich koche“, verteidigt Angelina sich. Vor rund einer Woche ist Irina Gertfelder in die Wohnung der Tochter gezogen. Den Alltag haben die drei Frauen schon ganz gut im Griff.
Leon wohnt jetzt bei seinem Vater, kommt aber täglich zu Besuch. „Leon ist für die Gedächtnisspiele zuständig, um Mamas Gehirn zu trainieren“, erklären die Geschwister. Das alles ist anstrengend, nicht nur für die Patientin, sondern auch für die Kinder. Vor allem, da Irina glaubt, sich im Jahr 2016 zu befinden.
Auf Dauer ist der derzeitige Zustand wohl nicht aufrechtzuerhalten. „Irgendwann muss ich ja auch wieder arbeiten“, sagt Angelina. Zurzeit lässt die 28-Jährige ihre Mutter keine Sekunde aus den Augen. „Höchstens, wenn die Großeltern mal für eine Stunde vorbeikommen, damit ich einkaufen oder einfach mal spazieren gehen kann“, sagt sie. Auch ihren Freund sieht Angelina kaum. Um die Situation für alle zu verbessern, gibt es allerdings schon einen Plan. „Wir würden gerne bauen und zwar so, dass Mama in einem Haus wohnen kann und wir, mit Verbindungstür, nebenan“, erklärt Angelina. Die Wohnung der Pflegebedürftigen muss natürlich barrierefrei sein, mit elektrischen Türen und einem Klingelsystem ausgestattet.
Leider ist die Realisierung des Bauvorhabens sehr teuer. Um der Mutter die geplante häusliche Pflege in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und den Wunsch nach dem Eigenheim finanzieren zu können, hat Angelina eine Spendenaktion ins Leben gerufen. „Wenn wir genügend Unterstützung bekommen, kann unsere Mutter bei uns bleiben und wir müssen sie nicht in einem Heim unterbringen“, sagt sie.
Mehr Infos zur der Hilfsaktion gibt es im Internet unter www.ku-rz.de/fuermama