Die Causa Tristan ist ein kleiner Kriminalfall – und „Schwanenvater“ Lothar Lorig (58) der Tatverdächtige: Der Mann mit dem Schnauzer und den kräftigen Händen soll den mutmaßlich achtjährigen Höckerschwan 2015 nahe St. Aldegund illegal eingefangen haben, seither in seiner Pflegestation im saarländischen Perl festhalten – und nicht mehr hergeben. Das Amtsgericht Merzig wirft ihm per Strafbefehl schwere Jagdwilderei vor und verhängte gegen ihn 4500 Euro (150 Tagessätze) Strafe.
Aber Lorig hält sich für unschuldig und legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein. „Das ist alles an den Haaren herbeigezogen!“, schimpft er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Hier wird Stimmung gemacht gegen mich!“ Lorig tobt, will mit St. Aldegund und dem Rest des Landes nichts mehr zu tun haben: „Ich fange in Rheinland-Pfalz kein verletztes Tier mehr ein. Wir wollen Schwänen helfen, haben aber nur Probleme.“
Loring zog aus Protest ins Saarland
Lorig verließ das Land einst im Groll und zog ins Saarland: Er betrieb in Trier acht Jahre lang in einer ehemaligen Kaserne eine Pflegestation für verletzte Schwäne – bis sie 2012 zwangsgeräumt wurde. 2013 eröffnete Lorig eine neue Pflegestation in Perl. Dort beherbergt er derzeit nach eigenen Angaben 24 Tiere: 23 Schwäne und eine Gans. Seine 3000 Quadratmeter große Station umfasst sechs Teiche, einen Stall, einen Pflege- und Bürocontainer. So skizziert er seine Arbeit: Er nimmt verletzte Schwäne auf, bringt sie zum Arzt, pflegt sie gemäß dessen Diagnose, verabreicht Medizin oder wechselt Verbände.
Lorig polarisiert. Er hat scharfe Kritiker, aber auch Fürsprecher. Der Cochem-Zeller Kreisjagdmeister Heiko Mades, in dessen Revier St. Aldegund liegt, wirft Lorig vor, sich immer wieder verletzte Schwäne anzueignen, ohne dafür berechtigt zu sein. Er will in einem Zivilprozess am Amtsgericht Cochem erreichen, dass Lorig in seinem Revier keine Schwäne mehr fangen (lassen) darf und Schwan Tristan herausgeben muss. Mades' Anwalt Michael Heuchemer nennt Lorig einen „belehrungsresistenten Gewohnheitswilderer“: „Ich werde alles tun, damit die langjährige Wilderei auf der Mosel, die den Schwanenbestand deutlich dezimiert hat, ein Ende findet.“
Gericht verhängt Strafe gegen “Schwanenvater"
Auch das Oberverwaltungsgericht Koblenz kritisierte die Arbeit des „Schwanenvaters“ und untersagte ihm 2014 das Einfangen und Aneignen von Schwänen im Kreis Trier-Saarburg. Laut dem Urteil (Az.: 8 A 10469/14.OVG) lebten 2012 in dessen Trierer Station 62 Tiere – obwohl nur 40 zulässig und 22 bereits „auswilderungsfähig“ waren. Elf Schwäne hatten wegen der Haltungsbedingungen Ballenabszesse an den Füßen.
Doch jetzt erhält Lorig Unterstützung aus der Politik. Das saarländische Umweltministerium teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit: Lorigs Pflegestation in Perl werde verantwortungsbewusst und gesetzeskonform betrieben. Veterinärbehörden überprüfen sie demnach regelmäßig, es habe nie tierschutz- oder arzneimittelrechtliche Beanstandungen gegeben. Der Naturschutzbund (Nabu) im Saarland will sich auf Nachfrage nicht zu Lorig äußern. Dies habe aber nichts mit dessen Reputation zu tun, sondern mit „den besonderen Umständen, die immer wieder zu Nachfragen“ der Presse führen.
Loring rudert zurück
Lorig glaubt, dass Kreisjagdmeister Mades und dessen Anwalt eine Vernichtungskampagne gegen ihn betreiben: „Die wollen mich psychisch plattmachen!“ Im Februar, beim ersten Prozesstag in Cochem, sagte er, Tristan lebe wohl in seiner Station – genau wisse er es nicht. Doch jetzt rudert er im Gespräch mit unserer Zeitung zurück: In seiner Station gäbe es zwar einen Schwan namens Tristan, der dem in St. Aldegund vermissten Schwan ähnlich sehe – aber beide seien verschiedene Tiere, da sie unterschiedliche Schnäbel hätten. Zu diesem Fazit sei kürzlich eine Tierärztin gekommen, die Tristans Schnabel mit einem Foto des St. Aldegunder Schwans verglichen hatte.
Wann das Amtsgericht Cochem sein Urteil fällt, ist unklar. Der Prozess in Merzig beginnt wohl noch 2017. Dann will Lorig die 4500 Euro Geldstrafe zurückweisen.