Albtraum auf dem Dach
Solarfirma pleite: PV-Anlage in der Eifel halb fertig
Wenn die Solaranlage auf dem Dach zum Problem wird, ist guter Rat teuer.
dpa-tmn/Andrea Warnecke

Ein Eifeler wollte durch eine Solaranlage seine Stromkosten senken. Doch das Geschäft mit einem Hamburger Anbieter wurde zur Pleite. Ein Unternehmen aus Trier hilft dem 36-Jährigen aus der Patsche.

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Wittlich-Land. Er wollte Stromkosten sparen, doch der Kauf einer Solaranlage samt Montage endete für einen Eifeler aus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land in einem Fiasko. Wir besuchen den 36-jährigen Familienvater in seinem Zuhause. „Meine Eltern leben auch noch hier. Wir haben einen hohen Stromverbrauch“, sagt er. Deshalb kam der 36-Jährige 2023 auf die Idee, sich auf die Suche nach einem Anbieter von Photovoltaik-Anlagen zu begeben. Eine Anlage mit 34 Modulen sowie einer Leistung von 15 Kilowatt Peak inklusive 10-Kilowatt-Batteriespeicher sollte es werden. Das Ziel: 80 Prozent des Stroms, der im Haus verbraucht wird, soll mit Sonnenenergie auf zwei Dachflächen erzeugt werden.

PV-Anlage: Günstiges Angebot aus Hamburg lockt Kunde aus der Eifel

„Ich habe im Internet nach Angeboten gesucht“, sagt er. Auf der Suche nach dem günstigsten Preis bei einem Internetportal landete er bei einem Anbieter aus Hamburg. Nach einem Videocall mit einem Verkäufer der Solarfirma gab es einen Ortstermin in der Eifel. „Der Verkäufer war fachlich gut geschult und ist hier vor Ort auf meine Anliegen eingegangen.“ Im Dezember 2023 kam es zum Vertragsabschluss. Mit 18.500 Euro Gesamtpreis für Material, Montage und Anschluss sei der Anbieter aus Hamburg etwas günstiger gewesen, sagt der 36-Jährige, als Unternehmen aus der Region Trier, von denen er sich ebenfalls Angebote eingeholt habe. Bis dahin dachte er, dass er ein gutes Geschäft gemacht hatte. Doch es kam anders als gedacht.

Er zahlte 15.000 Euro, rund 80 Prozent der Anlage, an – viel zu viel, wie er später gelernt hat. Im Februar 2024 wurde die Dachmontage durch ein Subunternehmen mehr schlecht als recht erledigt, doch dazu später mehr. Der Batteriespeicher fehlte noch. E-Mails, die der Eifeler dem Unternehmen aus Hamburg schrieb, blieben unbeantwortet und der Kontakt zum Unternehmen brach schließlich ganz ab. Dann der Schock: Die Firma war insolvent. Der Eifeler schaltete einen Anwalt ein. Doch aus Hamburg kam keine Antwort mehr. Sämtliche Fristen verstrichen ohne Antwort. Letztlich blieb der Eifeler auf einer nur halb fertigen Anlage sitzen, die nicht angeschlossen und auch nicht angemeldet war. „Die fangen an, kassieren viel Geld und dann sind sie weg. Das hat mich sehr mitgenommen.“

Der 36-Jährige ging auf mehrere Firmen in der Region zu mit der Bitte, die halb fertige Anlage fertigzustellen. „Doch aus versicherungstechnischen Gründen lehnten die meisten Solarfirmen, die ich gefragt habe, ab. Die wollten sich den Schuh nicht anziehen, wenn nachher etwas schiefgeht.“

Doch dann kam die Rettung. Das Solarunternehmen Enerix aus Trier, ein Franchise einer seit 2007 bestehenden Kette, sagte dem Eifeler Hilfe zu. Geschäftsführer Anton Schwabauer hörte sich die ganze Misere an. „So grob fahrlässig, wie die Anlage gebaut war, konnten wir die nicht einfach so übernehmen“, sagt er. Zunächst musste die Anlage erst mal dem Netzbetreiber Westnetz gemeldet werden und geklärt werden, ob sie dort überhaupt gebaut werden darf. Als das geklärt war, mussten gravierende Mängel behoben werden: „Falsche Randabstände wegen Windlast, unsauber verlegte Kabel, von denen Brandgefahr ausging, und die Anlage schaltete bei fehlender Sonne auf Störung. „Wir mussten Teile der Anlage zurückbauen, Kabel neu verlegen und einen Batteriespeicher anschließen“, erklärt Schwabauer. Kostenpunkt: Rund 1.600 Euro für einen Tag Arbeit mit drei Mann, plus 5.700 Euro für den Speicher und 300 Euro für die Anmeldung. „Das ist auch ein Lernprojekt für uns“, sagt Schwabauer. „Ich kann aber verstehen, dass viele Firmen da dankend ablehnen, weil ihnen das mit der Haftung und Versicherung zu heikel ist.“

Ohne die Hilfe durch das Trierer Unternehmen wäre das Schiff untergegangen, sagt der 36-Jährige und wäre der finanzielle Schaden, den er erlitten hat, noch viel größer ausgefallen. Schwabauer kennt solche Fälle: „Das passiert wöchentlich in Deutschland. Die PV-Branche ist durch Corona, den Ukraine-Krieg und steigende Energiekosten explodiert. Das lockt Trittbrettfahrer an.“ Einige schwarze Schafe in der Branche würden zu hohe Anzahlungen verlangen und billig mit Subunternehmen montieren, die unqualifiziertes Personal einsetzen. Die werden pro Baustelle bezahlt. Es geht denen nicht um Qualität, sondern Quantität.“ Und in vielen Fällen erfolge zudem auch keine vernünftige Abnahme durch das beauftragte Unternehmen, kritisiert Schwabauer, selbst Bauingenieur. In seinem Unternehmen seien Dachdeckergesellen und gemäß Vorschrift auch Elektrikermeister beschäftigt. Er warnt auch vor zu hohen Anzahlungen: „Das Material ist gar nicht mehr so teuer wie früher. Die Montagekosten machen einen viel größeren Anteil aus, als viele Kunden denken.“ Er rät auch zu lokalen Anbietern und dazu, sich vor Vertragsabschluss bereits erfolgreich installierte Anlagen des Anbieters vor Ort anzuschauen. „Das sollte machbar sein.“

Schwabauer hat die Anlage des Eifelers bei Westnetz, dem Netzbetreiber, angemeldet, und die Anlage soll am 26. Juni bei einem Termin mit dem Netzbetreiber abgenommen werden und ans Netz gehen. „Die haben nichts versprochen, was sie nicht eingehalten haben. Ich hätte sonst niemanden gefunden, der mir aus der Patsche geholfen hätte“, sagt der Eifeler über das Unternehmen, das ihm aus der Misere hilft. „Sonst wäre ich verloren.“

In der Summe betrage der finanzielle Schaden, der ihm durch das Hamburger Unternehmen entstanden sei, rund 9.000 Euro. Die Summe komme durch den fehlenden Batteriespeicher, die Anwaltskosten, die entgangene Stromproduktion und die 1.600 Euro, die er dem Trierer Unternehmen für die Fertigstellung zahlt, zusammen. „Mir ist wichtig, dass andere nicht den gleichen Fehler machen wie ich. Aber ohne die Hilfe der Trierer Firma wäre es noch viel schlimmer.“

Verbraucherzentrale: Manche Solarunternehmen hatten Probleme durch zu schnelles Wachstum

Es stellt sich noch die Frage, ob so etwas häufiger vorkommt oder ob es sich um einen Einzelfall handelt? Unsere Zeitung hat dazu die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz um Auskunft gebeten. Die Antwort: „In den letzten Wochen und Monaten sind bei uns keine Beschwerden mehr über abgebrochene oder fehlerhafte Installationen von PV-Anlagen aufgelaufen. In den Jahren 2023 und 2024 kam es häufiger zu Beschwerden, insbesondere aber über starke Verzögerungen bei der Installation.“ In dieser Zeit seien einige neue Firmen, die auf den „Solar-Zug“ aufgesprungen seien, auch durch zu schnelles Wachstum gescheitert. Es sei dann beispielsweise zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Projekte gekommen. „Aber auch die Beschwerden über Verzögerung der Installation sind bei uns mittlerweile zurückgegangen.“ Ein strukturelles Problem kann die Verbraucherzentrale aktuell für die Solarbranche also „nicht mehr feststellen“.

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