Zeltingen-Rachtig. Alleine die Vorstellung treibt den Puls in schwindelerregende Höhen: Eine Frau baumelt an einem Seil, in rund 70 Metern Höhe unterhalb der Hochmoselbrücke. Selbst für Fachleute wie sie, deren Beruf und damit Alltag es ist, als Industriekletterer Arbeiten in höchster Höhe zu verrichten, ist eine solche Notlage alles andere als alltäglich.
Plötzliche Windböen: Kletterin muss an Hochmoselübergang gerettet werden
Und so müssen es nervenzehrende Minuten für die 47-jährige Frau gewesen sein, die sich vor wenigen Tagen in dieser misslichen Lage befand. Zusammen mit mehreren Kollegen hatte sie dort in etwa 100 Metern Höhe Betonarbeiten an den Brückenpfeilern ausgeführt, wie der Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt.
Währenddessen habe es trotz der vorherigen Wetteranalyse unvermittelt Windböen gegeben. „Nach Aussage der Kletterer waren diese bei der vorherrschenden Wetterlage in dieser Stärke keineswegs zu erwarten“, erklärt der LBM.
Weil sie sich nicht mehr sicher fühlten, begannen sie daher, sich abzuseilen – doch das war kaum noch möglich. Denn eben wegen des Windes hatten sich die Seile verheddert, an denen sie hingen. Das hatte zur Folge, dass die Haken, an denen die Kletterer befestigt waren, und somit auch sie selbst nicht mehr herunterrutschen konnten.
Denn diese steckten wegen der Verknotung sozusagen fest, erklärt Ralph Herges, stellvertretender Leiter der Feuerwehr der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues. Um die Mittagszeit wurden die Rettungskräfte daraufhin alarmiert. Drei Männern, die ebenfalls dort festhingen, sei es noch gelungen, eigenständig die Seile zu entwirren und wieder zum Boden zu gelangen. Bei der Frau aber hatten sich die Seile derart ineinander verschlungen, dass sie sich nicht mehr selbst helfen konnte.
Etwa 50 Menschen an Rettungsaktion beteiligt
Das Problem: Auch vom Boden aus sei die Struktur der Seile nicht zu erkennen gewesen, erklärt Herges. Nur die Frau selbst habe sehen können, wie sie entwirrt werden können. Daher habe sie die Rettungskräfte sowie die Kollegen am Boden, die jeweils eines der sechs Seile in der Hand hatten, sozusagen dirigiert – ähnlich wie Marionetten also. Auf diese Weise sei der Knoten dann am Ende glücklicherweise geplatzt.
Als die alarmierten Höhenretter der Berufsfeuerwehr Trier eintrafen, seien daher alle bereits wieder auf sicherem Grund gewesen. Etwa 30 Minuten dauerte die Rettungsaktion. Dass dies keine alltägliche Situation gewesen sei, habe man den Betroffenen angemerkt, erzählt Herges. Die Frau sei sehr glücklich gewesen, wieder Boden unter den Füßen zu haben. Umso wichtiger sei es gewesen, dass sie selbst in der Luft noch einen kühlen Kopf bewahrt habe.
Insgesamt, so schätzt er, seien etwa 50 Menschen im Dienst gewesen, darunter auch die Feuerwehren aus Zeltingen-Rachtig, Kues und Maring-Noviand samt Drohnenstaffel, Polizei und Rettungsdienst. Auch das Sprungpolster sei bereits in Stellung gebracht worden, erzählt Herges – für den absoluten Notfall.
Beauftragt worden waren die Kletterer von der für den Brückenbau zuständigen Firma. Derzeit beseitigt sie Mängel, die innerhalb der fünfjährigen Gewährleistungsfrist dort aufgetreten sind: kleine Risse im Beton der Pfeiler sowie kleinere Lackschäden an der Beschichtung (wir berichteten). Gerade bei Pfeilerhöhen von bis zu 160 Metern hätten äußere Bedingungen wie Wind, Extremtemperaturen oder schon gewöhnlicher Regen direkten Einfluss auf die Sicherheit und die Umsetzbarkeit solcher Arbeiten, erklärt der LBM.