Tierschutz Jäger wirft "Schwanenvater von Trier" Wilderei vor - Der aber wittert eine Verschwörung: Die wollen mich psychisch plattmachen!
Skurriler Prozess: Wo steckt Moselschwan Tristan?

Wo ist der Schwan Tristan aus St. Aldegund? Das Tier – hier ein Foto aus dem Jahr 2015 – sorgte jetzt in Cochem für einen Gerichtsprozess.

privat

Cochem. Der eine spricht von Wilderei, der andere von einer Vernichtungskampagne: Jagdmeister Heiko Mades (53) und der umstrittene Tierschützer Lothar Lorig (58) machen sich schwere Vorwürfe. Im Zentrum ihres skurrilen Rechtsstreits steht Tristan – ein etwa achtjähriger Höckerschwan mit versteiftem linken Flügel. Das Tier lebte bis 2015 am Moselufer des 600-Einwohner-Ortes St. Aldegund (Kreis Cochem-Zell) – und wird seither vermisst. Oder doch nicht? Das soll jetzt ein Zivilprozess am Amtsgericht Cochem klären.

Viele Zaungäste hatte der Zivilprozess, der sich gestern im Cochemer Amtsgericht abspielte. Darunter sind einige Tierschützer gewesen, die das Ringen um den Höckerschwan Tristan miterleben wollten.

Christoph Bröder

Es ist ein ungewöhnlicher Prozess. Weil Richterin Sonja Michels klären muss: Wo steckt Tristan? Weil sie sich gleich zu Anfang beschwert, dass beide Prozessparteien viel zu lange Schriftsätze schreiben. Und weil es „nur“ um das Schicksal eines Schwans geht, aber 15 Zuhörer im Gerichtssaal sitzen.

Lothar Lorig, ein Mann mit Schnauzer und kräftigen Händen, wurde als „Schwanenvater von Trier“ bekannt. Nach eigenen Angaben pflegte er in den vergangenen zehn Jahren aber auch sechs kranke Tiere aus dem Raum Cochem. Kritiker werfen ihm unter anderem vor, dass er kranke Schwäne pflegt und nach Genesung nicht wieder auswildert. Er betrieb von 2004 bis 2012 in einer ehemaligen Kaserne in Trier-Feyen eine Pflegestation für hilfsbedürftige Schwäne. Am 13. Juni 2012 lebten dort 62 Tiere – obwohl nur 40 zulässig und 22 bereits „auswilderungsfähig“ waren. Außerdem hatten elf Schwäne wegen der Haltungsbedingungen Ballenabszesse an den Füßen. Die Schwanenstation wurde an diesem Tag geräumt, die Tiere nach Luxemburg gebracht. So schildert es ein rechtskräftiges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (Az.: 8 A 10469/14.OVG). Doch Lorig machte weiter, zog moselaufwärts nach Perl (Saarland), arbeitet dort heute als Leiter in einer Wasservogelpflegestation.

Wo ist der Schwan Tristan aus St. Aldegund? Das Tier – hier ein Foto aus dem Jahr 2015 – sorgte jetzt in Cochem für einen Gerichtsprozess.

privat

Hier kommt Tristan ins Spiel. Michael Heuchemer, der Anwalt des Cochem-Zeller Kreisjagdmeisters Heiko Mades, wirft dem „Schwanenvater“ vor, spätestens seit 14. April 2015 über den Schwan zu verfügen – und ihn nicht mehr herzugeben. Er soll einen Unterstützer veranlasst haben, das flügellahme Tier in St. Aldegund ins Auto zu packen und nach Perl zu bringen. Der Anwalt nennt Lorig einen belehrungsresistenten Gewohnheitswilderer, der rechtswidrig Schwäne fängt und sieben verschiedene Versionen über Tristans Schicksal vorgetragen hat. Der Anwalt vertritt den Kreisjagdmeister, weil St. Aldegund in dessen Revier liegt.

Der „Schwanenvater“ bestreitet die Vorwürfe. Ja, Tristan ist wohl in seiner Pflegestation – genau weiß er das nicht. Jedenfalls sei der Schwan erst seit Mitte 2016 bei ihm. Bis dahin sei das Tier mehrfach gefangen, in einer Klinik in Mayen behandelt und wieder ausgesetzt worden. Im Gespräch mit unserer Zeitung schimpft Lorig: „Die wollen mich psychisch plattmachen!“ Er wittert eine Verschwörung und glaubt, dass ihn der Kreisjagdmeister, dessen Anwalt sowie eine Luxemburger Stiftung ruinieren wollen. Er wisse nicht, warum.

Kreisjagdmeister Mades erklärte im Prozess: „Wir sitzen hier, weil Lorig seit Jahren mit dem Jagdrecht jongliert, wie es ihm gefällt!“ Er wolle dessen „permanenten Rechtsbrüchen“ ein Ende setzen.

Sein Kollege Marcus Schuck, Jagdmeister im Landkreis Mayen-Koblenz, sprang ihm kürzlich zur Seite. Er resümierte in einem Gutachten, dass nur der Jagdrechtsinhaber Schwäne aufnehmen darf.

Die Richterin muss jetzt entscheiden, ob Lorig den Schwan hat und dem Kreisjagdmeister übergeben muss. Sie gibt ihr Urteil wohl am 16. März bekannt.

Von unserem Redakteur Hartmut Wagner

Top-News aus der Region