Senheim
Senheim punktet mit Glanzlichtern und viel Charme

 Von den Senhalser Höfen zeigt sich die Jury beeindruckt.

Thomas Brost

Senheim. Da haben die Senheim-Senhalser noch ein Schippchen draufgelegt, um sich im Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" von der süßesten Schokoladenseite zu zeigen. Im Landesentscheid - Ortsbürgermeister Lothar Stenz spricht vom "Halbfinale" - ist die gestrige Präsentation noch präziser, noch interessanter, noch unterhaltsamer als in der Zwischenrunde. Insgesamt: ein stimmiger Vortrag, der die Jury keinesfalls kaltlässt. Jurysprecher Franz Kattler, Referent im Innenministerium, spricht gleich davon, dass die Gemeinde auf einem guten Weg ist und großes Potenzial besitzt. Kattler: "Hier macht man sich, demografischer Wandel hin oder her, viele Gedanken um junge Familien." 20 junge Leute sind nach der Ausbildung oder Studium wieder an die Mosel gezogen, um dort zu leben.

Von Thomas Brost

Besonders die kurzweilige Exkursion hat es in sich. Sie ist gegenüber dem Regionalentscheid an einigen Stellschrauben verändert worden. So gibt es per Bus einen Abstecher zu Hafen und Campingplatz, die beide einen gepflegten Eindruck hinterlassen. Im 170-Einwohner-Ortsteil Senhals stehen die Senhalser Höfe auf dem Besichtigungsplan. Nicht die schlechteste Wahl: Jurysprecher Kattler ist schon einmal mit dem Landkreistag dort gewesen und spricht von „einem Vorzeigeprojekt der Dorferneuerung“. Es zeige sich exemplarisch, wie wichtig es sei, vorhandene Bausubstanz nachhaltig zu pflegen und die touristische Nutzung miteinzubeziehen. Die Senhalser Höfe firmieren als exklusive Fünf-Sterne-Ferienanlage auf üppigen 2100 Quadratmetern Fläche, unmittelbar am Moselufer gelegen.

Seit 14 Jahren betreibt Stefanie Vornhecke als Quereinsteigerin ein Weingut – weitere 17 kommen in Senheim hinzu, eine Weinbergsfläche von 70 Hektar wird bewirtschaftet. Die Winzerin erläuterte, dass man derzeit energisch das Problem der Brachen angeht – wofür sie bei der Jury Sympathiepunkte erhält. Wie gut die Kommunikation im Dorf läuft, davon darf man sich während eines kurzweiligen Rundganges ein Bild machen. Es stehen einige Ruhebänke vor den Häusern in der Marktstraße – dort nehmen ältere Damen regelmäßig Platz, um sich zu unterhalten. „Und die alten Damen wandern mit der Sonne auf die nächsten Bänke mit“, sagt eine Anwohnerin lächelnd. Junge Familien fühlen sich wohl im Dorf – sie kaufen vermehrt ältere Immobilien im Ortszentrum. Dort gibt es lediglich sechs Leerstände. „Wie die jungen Leute hier integriert werden, das ist beispielhaft“, lobt Jurymitglied Edith Baumgart.

Dann ein unerwarteter Gruß aus der Küche: Klaus Schinnen vom Schinkenkeller serviert auf der Gasse sozusagen Schinkenröllchen nebst Oliven auf dem Brettchen – alle greifen zu und schnalzen mit der Zunge. Weiter geht es zur Bäckerei Stenz. „In der erfahre ich, wie es mir geht“, bringt es Inge Schlagkamp – sie moderiert den Rundgang – süffisant auf den Punkt: Die Bäckerei ist zugleich Austauschbörse und Versorgungspunkt. Lothar Stenz‘ Mutter Resi, mit 50 Jahren Büttenerfahrung im Gepäck, lässt es sich nicht nehmen, eine vierseitige, humorvolle Hommage auf Senheim und das Leben von früher und heute vorzutragen. Das Ganze gipfelt in dem Satz: „Senheim ess superschie.“

Die sechsköpfige Jury sieht es nicht nur insgeheim ganz genauso. Alle sagen beim abschließenden runden Tisch mit Senheimer Steillagenwein und Brot, wie begeistert sie vom Moseldorf sind. „Es hat sogar ein Leitbild“ sagt Julia Kaiser, die beruflich sich mit Stadt- und Ortsplanung befasst. Einen Ratschlag gibt sie mit auf den Weg: „Bringen Sie Ihr 15 Jahre altes Dorferneuerungskonzept auf den neuesten Stand!“

Eva Baumgart vom Landfrauenverband sieht eine gesunde Verzahnung von Jung und Alt. Das Vereinsleben sei rege, die Dorftraditionen werden gut gepflegt. Und es werden Partnerschaften mit Kommunen und Gemeinschaftsaktionen mit den Nachbardörfern mit Leben erfüllt. „Toll“ ist die beherrschende Vokabel im Resümee von Architekt Thomas Schäfer. Die Baukultur sei sehenswert, die Fassadengestaltung „toll“. Einzig am Ortsrand müsse man mehr in ästhetischer Hinsicht arbeiten. Was die Begrünung von Häusern und Fassaden betrifft, gibt es für Eva Morgenstern nichts zu meckern. Sie seien „sehr schön“. Löblich sei es, dass so viele Walnussbäume in der Gemeinde existieren und dass der Holunder an der Senhalser Kapelle erhalten wird.

Einige „Highlights“ hat Jürgen Köstel, in der Jury zuständig für „Das Dorf in der Landschaft“, ausgemacht. Dazu zählen das dichte Netz von Wanderwegen ebenso wie Obstwiesen und deren Verwilderung. Einzig die Neophyten wie das Indische Springkraut und die falsche Rasse beim Beweidungskonzept müssten angesprochen werden.

Ortschef Lothar Stenz sagt nach dem Gedankenaustausch, dass die Gemeinde „alle Anregungen aufgenommen hat“ und versuchen werde, das eine oder andere umzusetzen. Außergewöhnliche Unterstützung für die Ambitionen von Senheim könnte indes von anderer Warte kommen: Pastor Raimund, ein Gast aus der Partnergemeinde Kirchhellen mit Wurzeln in Benin, kündigt für den Samstag an, eine heilige Messe lesen zu wollen. Zum Wohl aller Anwesenden – und vor allem für die gedeihliche Entwicklung von Senheim.

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