Bildung Kreis Cochem-Zell ist von Schließungsdekret am härtesten betroffen
Schließungen: Aus für die Schulen in Lieg und Pünderich
In zwei Jahren wird diese oder eine ähnliche Szene Geschichte sein: In der Grundschule Pünderich soll Mitte des Jahres 2019 Schluss mit Unterricht sein. Deswegen flossen gestern viele Tränen. Foto: Archiv Ulrike Platten-Wirtz
Ulrike Platten-W

Cochem-Zell. Bittere Nachricht aus Mainz: Zum Schuljahresende 2018/19 müssen die Grundschulen in Lieg und in Pünderich für immer schließen. Damit wird der Kreis Cochem-Zell unter allen Landkreisen in Rheinland-Pfalz am härtesten betroffen sein – von zehn Grundschulen im Land, deren Unterrichtszeit endet, sind drei aus Cochem-Zell, Klotten eingerechnet.

„Wir haben heute Morgen viele Tränen vergossen, die Kinder weinen, weil ihre Schule geschlossen wird“, sagt Michaela Linden. Die junge Frau aus Pünderich ist „total aufgebracht und wütend“ – auf die Ministerin, auf die Aufsichtsbehörde ADD. „Wir trampeln auf unserem höchsten Gut, den Kindern, herum“, schimpft die Stellvertretende Vorsitzende des Elternbeirates, ihre Stimme überschlägt sich fast. Zurzeit gehen in Pünderich 24 Kinder zur Schule.

In Lieg spricht Heinz Zilles „von einem Tiefschlag“, der ihn hörbar berührt. Der Ortsbürgermeister wirft Mainz „einen schlechten Umgang und Stil vor“. Dem ländlichen Raum werde „keine Wertschätzung entgegengebracht“. Es sei eine Mischung aus „Angst, Feigheit und Ignoranz“, die verhindere, dass sich die Ministerin den Menschen vor Ort in Lieg gestellt habe. In Lieg besuchen derzeit 14 Kinder die Grundschule. Als Zilles dann hört, dass die benachbarte Grundschule in Mörsdorf (19 Schüler) nicht geschlossen wird, weil ihr pädagogisches Konzept in Mainz überzeugt hat, muss Zilles an sich halten. „Die Ministerin geht offenbar mit vielerlei Maß vor, da ist keine Struktur erkennbar.“ Für die Lieger Schule hätten viele Engagierte gute Lösungen erarbeitet.

Michaela Linden findet die Privilegierung von Mörsdorf unverständlich. „Ich fühle mich verarscht“, poltert sie. Das pädagogische Konzept von Briedel-Pünderich sei stimmig. Ein ganzer Bus voll sei von Pünderich und Briedel aus zur Demo nach Mainz gefahren, habe Flagge gezeigt. „Ja, wie viel Akzeptanz benötige ich da noch?“

Aufatmen dürfen dagegen Eltern und Schüler der Grundschule Müden – vorläufig. Die 13 Kinder profitieren von einer Ausnahmeregelung. Weil die Treiser Schule vom Januar an aufwendig renoviert wird, bleibt sie als „Ausweichschule“ keine Alternative für die Müden/Moselkerner Kinder.

Erbost ist auch Helmut Probst. Weil sich das Land, so der Bürgermeister der VG Cochem, „nicht an seine eigenen Leitlinien hält“. Zugesagt sei gewesen, dass nach der Überprüfung der eingereichten Konzepte ein Erörterungstermin mit dem Schulträger stattfindet, in dem Details noch mal besprochen würden. Fehlanzeige. Er fragt sich, wo die Lieger Kinder in die Schule gehen sollen. Die Schule in Treis hat kaum mehr Aufnahmekapazität – auch wegen der umfangreichen Bauarbeiten.

„Völlig unverständlich“ ist für die CDU-Landtagsabgeordnete Anke Beilstein, „warum jetzt vor Ort gute Strukturen bewusst zerschlagen werden“. Aus ihrer Sicht ergäben sich „dramatische Folgen“ für die Infrastruktur der betroffenen Dörfer Lieg, Briedel und Pünderich. Die Schulen seien ein gesellschaftliches Zentrum für die Dorfgemeinschaft, fallen sie weg, würden die Dörfer weniger attraktiv. Mithin würden sich weniger junge Familien ansiedeln. Aus fachlicher Sicht sei die Entscheidung aus Mainz ebenso wenig nachvollziehbar. Beilstein: „Die betroffenen Schulen leisten hervorragende pädagogische Arbeit.“ Dass sich die Schulträger um die Schulen nicht genügend gekümmert hätten, wie dies in der Begründung aus Mainz mitschwinge, sei „ungeheuerlich“, so Beilstein.

Karl Heinz Simon, den Bürgermeister der VG Zell, hat die Nachricht „bestürzt und umgehauen“. Er habe „alle Hoffnung gehabt, mit unserer Argumentationskette durchzukommen“. Jetzt sucht man jeden kleinen Strohhalm, um das Resultat noch zu ändern. Für Karl-Otto Gippert, den Briedeler Ortschef, geht mit der Schule „ein Stück Heimat verloren“. Schulleitung und Elternschaft hätten sich „mit aller Kraft reingekniet, das ist aller Ehren wert“. Gippert gibt zu bedenken, dass es für die Schule einen Lichtstreifen am Horizont gegeben hätten, wenn „alle Briedeler Eltern ihre Kinder in die ortsansässige Grundschule geschickt“ hätten. So bleibe wohl nur der Weg ins drei beziehungsweise fünf Kilometer entfernte Zell. Wohin die (lange) Reise für die Lieger Kinder geht, ist noch nicht geklärt.

Von unserem Redaktionsleiter Thomas Brost

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