Der 49-Jährige sitzt inzwischen länger im Rollstuhl, als er gelaufen ist, erzählt er. Mit 21 Jahren erlebt er einen schweren Verkehrsunfall, seitdem ist er gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Durch sein Haus fährt er im normalen Rollstuhl, schiebt sich selbst an, draußen ist es mit dem elektrischen um einiges leichter. Und mit eben diesem fährt er am 15. August an die Bushaltestelle in Düngenheim, wartet auf den Bus, um nach Kaisersesch zu fahren. Üblich fährt er die 20-minütige Strecke zum Supermarkt immer mit dem elektronischen Rollstuhl. 12 Kilometer pro Stunde fährt er eigentlich, zu dieser Zeit funktionierte allerdings der Akku des Rollstuhls nicht mehr richtig. „Ich bin damit gerade mal einen Kilometer weit gekommen“, erzählt er.
An Bushaltestelle stehen gelassen
Als die Buslinie 380 schließlich vor ihm zum Stehen kommt, stellt Klaus Hammes verärgert fest: „Der Busfahrer hat mich gesehen und hat den Bus trotzdem einfach nicht abgesenkt, was er aber eigentlich hätte tun müssen.“ Eine noch fatalere Botschaft erreicht ihn, als er es dennoch schafft, in den Bus zu kommen: Der Busfahrer teilt ihm mit, dass dies seine letzte Fahrt sei, in der er mit dem Rollstuhl mitgenommen werden würde. „Bei der Rückfahrt aus Kaisersesch wurde ich dann an der Bushaltestelle stehen gelassen“, erklärt er. Zwei Stunden lang musste er auf den nächsten Bus warten, der ihn dann glücklicherweise wieder mit nach Düngenheim genommen hat.
Ein weiteres Mal wurde er ohne Begründung nicht mitgenommen, und bei einem dritten Mal stellte Klaus Hammes sich aus Trotz mit seinem Rollstuhl vor den Bus, der ihn nicht mitfahren lassen wollte. Daraufhin schaltete der Busfahrer die Polizei ein. Die Beamten haben laut Hammes gesagt, dass der Rollstuhlfahrer mitgenommen werden muss. Mit dem Merkzeichen G in seinem Schwerbehindertenausweis stünde es Klaus Hammes zu, den Bus nutzen zu dürfen. Dieses G bedeutet nämlich, dass der Mann in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist.
„Warum werde ich nicht mitgenommen? Ich benötige es doch, mein Akku ist kaputt. Außerdem kommt ja auch wieder eine kältere Jahreszeit.“
Klaus Hammes
Drei Wochen lang ist der Rollstuhlfahrer aufgrund des kaputten Akkus auf den ÖPNV angewiesen, und in diesen drei Wochen läuft für ihn so gut wie alles schief. Früher, sagt er, habe er nie Probleme damit gehabt. Oft sei er noch nicht mit dem Bus gefahren, aber das läge auch daran, dass er vor Corona oft mit seinem Vater gefahren sei. Inzwischen nehme er aber lieber den Bus. „Die meisten Busfahrer und Busfahrerinnen waren immer nett und nehmen mich einfach so mit, achten nicht darauf, dass ich ein Nummernschild habe.“ Seit Kurzem ist das anders. „Warum werde ich nicht mitgenommen? Ich benötige es doch, mein Akku ist kaputt. Außerdem kommt ja auch wieder eine kältere Jahreszeit“, beklagt er sich.
VRM-Richtlinien setzen Kriterien voraus
Die Antwort darauf hat Ulrich Barwinski vom Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM): „In dem vorliegenden Fall fährt der E-Scooter über sechs Kilometer pro Stunde und besitzt ein Kennzeichen, insofern ist er grundsätzlich von der Beförderung ausgeschlossen – falls er gegebenenfalls nicht leichter ist als 250 Kilogramm.“ Klaus Hammes ist sich sicher: Sein Rollstuhl samt Eigengewicht wiegt weniger. Dies sowie die Maße des Rollstuhls hatte er am vergangenen Mittwoch auch dem VRM telefonisch gemeldet – und hofft, dass er zukünftig problemlos mitgenommen wird.
Erst vor geraumer Zeit habe es laut Ulrich Barwinski ausgiebige Diskussionen zur Problematik der Beförderung von elektronischen Rollstühlen im ÖPNV gegeben. Dabei kam raus: Das Gesundheits- und Unfallrisiko ist abzuwägen, das bei der Mitnahme eines solchen Fahrzeugs entstehen könnte. „Bei einem Unfall des Busses kann es dazu kommen, dass sich dieses unkontrolliert im Fahrgastraum bewegt und dabei Menschen zu Schaden kommen“, erklärt Ulrich Barwinski.
Zum Schutz der übrigen Fahrgäste sei der Ausschluss von der Beförderung also zulässig. Einen gewissen Spielraum haben die Busfahrer und Busfahrerinnen aber dennoch, wie auch in den VRM-Beförderungsbedingungen steht: „Über den Ausschluss von der Beförderung entscheidet das Personal. Auf seine Aufforderung hin ist das Fahrzeug beziehungsweise die Betriebsanlage zu verlassen.“
Es geht auch anders: Busfahrerin zeigt Kulanz
Als Klaus Hammes am vergangenen Donnerstag in Richtung Bushaltestelle fährt, wartet eine Busfahrerin sogar auf ihn, grüßt ihn, will ihn mitnehmen. Der lehnt aber dankend ab, heute müsse er den Bus nicht nach Kaisersesch nehmen.
Die Ersatzteile für seinen Akku kamen endlich an – und das Wetter ist gut genug, um die 20-minütige Strecke mit dem Rollstuhl zu fahren. Am Vortag erreichte den Düngenheimer ein Anruf der VRM: Seine Gesprächspartnerin erkundigte sich am Telefon nach den Maßen seines elektrischen Rollstuhls. Klaus Hammes ist gespannt, ob er künftig mitgenommen wird, oder auch im Winter darum bangen muss.
Richtlinien für elektrisch betriebene Rollstühle im ÖPNV
Um im Bus mitgenommen zu werden, muss der elektrische Rollstuhl für den vorgesehenen Platz im Fahrzeug geeignet sein. Dafür muss er folgende Kriterien erfüllen: Der Rollstuhl darf höchstens 75 Zentimeter lang und 130 Zentimeter breit sein, höchstens 350 Kilogramm wiegen. Er darf nicht schneller als sechs Kilometer pro Stunde fahren – und in diesem Fall darf er auch kein Versicherungskennzeichen benötigen.
Ebenfalls darf der Rollstuhl keine Räder mit einem größeren Durchmesser als 30 Zentimeter haben, keine fahrrad- oder motorradähnliche Lenksäule, keinen offenen Fahrersitz. Er muss ein Typenschild über die Zulassung für Krankentransporte aufweisen. Sämtliche von Hand geschobene Rollstühle werden weiterhin mitgenommen, sowie elektrische mit einer Geschwindigkeit von bis zu sechs Kilometer pro Stunde. red Quelle: VRM