Wie soll der zukünftige Beruf aussehen? In Treis konnten Schüler 25 verschiedene Jobs in Workshops kennenlernen
Programmieren, Löten, Cocktails mixen: Schüler in Treis-Karden lernen Berufe ganz praktisch kennen
Acht- bis Zehntklässler aus dem Landkreis Cochem-Zell sowie Kobern-Gondorf konnten beim ersten Berufe-Festival in der Treiser Sporthalle insgesamt 25 verschiedene Berufe in Workshops genauer unter die Lupe nehmen. Berufsorientierung zum Anfassen lautete dabei das Motto.
Ulrike Platten-Wirtz

Jungs interessieren sich eher für Computer und Technik, Mädchen eher für Gastro- oder Pflegeberufe. Dieses Klischee machte auch vor dem Berufe-Festival an der Realschule plus in Treis nicht Halt. Bei dem Workshop, in dem sich Schülerinnen und Schüler in 25 Berufen ausprobieren konnten, sah man schnell die Interessen der Jungen und der Mädchen. So ganz ging das mit den Stereotypen aber dann doch nicht auf.

Die Gelegenheit, Jobs ganz praktisch auszuprobieren, bietet das neue Format zur Berufsorientierung, das Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer Koblenz und die Bundesagentur für Arbeit Koblenz-Mayen gemeinsam ins Leben gerufen haben. „Neu ist, dass die Schüler die Möglichkeit haben, in Workshops einen Beruf hautnah zu erleben, um sich besser ein Bild davon machen zu können, was sie im Berufsleben erwartet“, erklärt Stephan Schweitzer, Mitarbeiter der IHK.

Die rund 350 teilnehmenden Schüler der Klassenstufen acht bis zehn aus Cochem-Zell und Kobern-Gondorf sind begeistert. Nicht nur der Name Berufe-Festival klingt ansprechend, sondern auch das Angebot überzeugt. In insgesamt fünf Workshops können und sollen die Schüler an einem Vormittag teilnehmen. Dazwischen gibt es immer wieder Pausen, die die Schüler ganz Festival-like mit Chillen, also Entspannen, verbringen können – bei einem Snack oder einem Getränk in den eigens dafür bereitgestellten Sitzsäcken.

„Eine gute Orientierungshilfe“

Dass allerdings ausschließlich Mädchen Interesse am Backen, Verkaufen oder Herstellen von Cocktails zeigen und sich nur Jungs für technische Berufe interessieren, stimmt dann doch nicht ganz. Paul Boosfeld, Ausbilder bei Griesson de Beukelaer in Polch, begrüßt sowohl weibliche als auch männliche Interessenten am Stand der Firma. Es geht darum, händisch eine Maschine zu bedienen, die Teig in eine Keksform presst. Das ist spannend, zumal die Kekse nach dem Backen auch verzehrt werden dürfen.

Schüler informieren sich über das Arbeiten mit Holz.
Ulrike Platten-Wirtz

Für Aufsehen sorgt auch die Firma Dax Metallform aus Cochem. Es knallt ganz schön laut, und beim Stanzen von Blech fliegen auch schon mal die Funken. Das ist nichts für Arwen Cheyenne Anderje, die die achte Klasse der Realschule Plus in Kobern-Gondorf besucht. Ihr Klassenkamerad Finn Lescher dagegen findet es supercool. Beruflich verfolgt er allerdings bereits einen anderen Plan. Er möchte IT-Fachmann werden. Das ist übrigens der Wunsch der meisten männlichen Schüler. Der Workshop, den die Akademie der IHK dazu anbietet, ist erstaunlicherweise jedoch nur spärlich besucht. Finn hat eine Erklärung parat: „Wir kennen das schon vom Computer zu Hause. Aber hier will man dann ja auch mal ganz neue Sachen ausprobieren.“

Orientierungshilfe für die Abschlussklassen

Dirk Muscheid, stellvertretender Schulleiter der IGS Zell, ist mit rund 30 Schülern nach Treis gekommen. „Die meisten Schüler der Abschlussklassen haben zwar bereits einen Ausbildungsplatz, doch für die, die sich bisher nicht entscheiden konnten, ist das hier eine gute Orientierungshilfe“, findet Muscheid. Dass es bei den 25 Betrieben in der Treiser Sporthalle mehr ums Praktische als ums Theoretische geht, kommt bei den Schülern gut an.

Jule Lippke, Schülersprecherin der Konrad-Adenauer-Schule in Treis, gefällt das Angebot gut. Die Zehntklässlerin probiert sich im Workshop der Gastronomie, als Bankkauffrau und Fotografin. Doch eigentlich weiß sie schon, dass sie lieber im sozialen Bereich tätig sein möchte. Die 15-Jährige hat bereits ein Praktikum in einem Kindergarten absolviert und sieht hier ihr zukünftiges Berufsfeld, könnte sich allerdings auch vorstellen, mit behinderten Menschen zu arbeiten.

Dieser Schüler interessiert sich für die Arbeit mit Strom und Spannung.
Ulrike Platten-Wirtz

Soziale Berufe sind bei dem Job-Festival zwar keine vertreten, trotzdem findet die Schülersprecherin den neuen Ansatz der Berufsorientierung super. „Toll ist, dass man nicht nur zuhören muss, sondern sich ausprobieren kann“, sagt sie. Da stimmen auch ihre Klassenkameradinnen zu.

Großer Andrang beim Dachdecker

Eine Zukunft in der Gastronomie oder als Bäckerin kann sich Viyan Marko vorstellen. „Ich backe auch zu Hause gern“, sagt sie, während sie in einem Pappbecher Kuchenteig anrührt. Das Format des Berufe-Festivals mag auch sie. „Es ist cool, dass man selbst was machen kann.“

Am Stand der Dachdecker herrscht sehr großer Andrang. Nicht nur Jungs, auch Mädchen wollen mal versuchen, mit dem Hammer eine Schieferplatte zu behauen. Ob es daran liegt, dass sie hinterher die Platte in Herzform mit nach Hause nehmen dürfen? „Auch“, sagt eine Schülerin, „aber es hat auch echt Spaß gemacht. Ich habe vorher so etwas noch nie ausprobiert.“

Eher männlich besetzt sind die Workshops beim Industriemechaniker. Hier muss eine pneumatische Schaltung aufgebaut werden. Natürlich nach Anleitung, doch das ist nicht jedermanns Sache. Auch nicht für die Jungs. „So eine Friemelei ist nichts für mich“, stellt Emil Olbermann schnell fest. Der Zehntklässler der IGS Zell hat zuvor auch eine elektronische Schaltung gelötet – mit demselben persönlichen Ergebnis für seine berufliche Orientierung. Wie die genau aussieht, weiß er zwar noch nicht, aber eines steht für ihn fest: Es soll kein Friemel- und auch kein reiner Bürojob werden.

Auch wenn nicht alle Schüler mit einem festen Berufswunsch vom Berufe-Festival nach Hause gehen, können die Veranstalter das neue Format durchaus als vollen Erfolg verbuchen.

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