Abenteuer Lisa und Julia Hermes aus Hambuch sind in Südamerika gelandet
Per Anhalter über den Atlantik: Zwei Hambucherinnen auf Weltreise

Lisa und Julia Hermes aus Hambuch haben auf einem Segelboot den Atlantik überquert. Nun sind sie in Südamerika unterwegs.

Micole de Brabant

Bogota/Hambuch. Im August 2017 standen die Schwestern Lisa (27) und Julia (26) Hermes aus Hambuch mit ihren Rucksäcken an der Autobahn 48, um ihre Weltreise per Anhalter zu beginnen. Jetzt haben die Fotojournalistin und die Psychologin, die drei Jahre die Lebensweisen und Träume der Menschen anderer Länder und Kulturen kennenlernen möchten, auf einem kleinen Segelboot den Atlantik überquert. Aus Kolumbien haben sie der RZ ihren ersten Bericht über ihre bisherigen Erlebnisse geschickt:

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„Pitschnass stehen wir an Deck, den Blick erwartungsvoll nach Westen gerichtet. Regen prasselt auf uns herab. Gerade ist es hell geworden, aber zu sehen ist nichts – außer der aufgebrachten See und einer weißen Nebelwand. Ausgerechnet heute! Unseren Berechnungen zufolge müssten wir nach 21 Tagen auf offener See heute oder morgen die Karibikinsel Tobago erreichen. Unser Boot schaukelt weiter unerschrocken über die Wellen, als ganz plötzlich die Wolke aufreißt und uns den Blick auf den Horizont freigibt: In der Ferne sind die Umrisse einer Insel zu sehen: Land in Sicht!

Vor knapp sechs Monaten haben wir uns von Hambuch aus in Richtung Süden aufgemacht, um Ökodörfer, Aktivisten und Aussteiger auf der ganzen Welt zu besuchen. Außerdem sind wir fest entschlossen, die Welt einmal komplett ohne Flugzeug zu umrunden. Jetzt sind wir hier auf einem Segelboot ein paar Seemeilen von der Insel Tobago entfernt. Vor knapp drei Monaten standen wir noch in Gibraltar am Hafen und wussten nicht so recht, ob wir wirklich per Anhalter, und ohne jede seemännische Erfahrung über den Atlantik kommen werden. Das Anheuern geht dann doch einfacher als gedacht: Wir rufen David aus Frankreich, der gerade die Segel seiner Jacht herrichtet, ein freundliches Hallo zu. Und kaum 20 Minuten später ist der Deal perfekt: Wir dürfen bis Gran Canaria mitsegeln. Als Gegenleistung sollen wir uns an der Essenskasse beteiligen und für die Crew kochen.

In Las Palmas verbringen wir einen Monat auf der Suche nach einem ‚Anschluss-Segelboot‘. Schon beim ersten Rundgang über den Hafen zeigt sich, dass wir diesmal nicht die einzigen Bootstramper sind. An jeder Ecke treffen wir Reisende, die über den Atlantik wollen: Die einen möchten in der Karibik beim Wiederaufbau helfen, die anderen arbeiten bei Projekten in Südamerika mit, wieder andere reizt es einfach, das Abenteuer Atlantiküberquerung zu erleben.

Schließlich verlassen wir auf der Segeljacht einer französischen Familie den Hafen Las Palmas, um weiter Richtung Kap Verde zu segeln. Hier treffen wir auf Karl, Yeppe und Micole, die uns einladen, mit ihnen nach Tobago zu segeln. Mit an Bord ist die kleine Katze Tara. Auch hier ist das Anheuern schnell entschieden: „In vier Stunden geht es los, kommt doch mit“, fordert die Familie uns auf. Wir wissen, dass es kompliziert werden könnte, von Tobago aufs Festland zu kommen, aber nach kurzem Blickwechsel sind wir uns ohne große Worte schnell einig: Die Crew ist sympathisch, das Boot einladend, und Spontanität ist sowieso die beste Zutat für abenteuerliches Reisen. Vier Stunden später legen wir ab. Eine aufregende Zeit liegt nun vor uns. Knapp 2100 Seemeilen über den zweitgrößten Ozean der Erde, auf dem wir Weihnachten und Silvester verbringen würden!

Die ersten Tage auf See sind ungewohnt und unglaublich anstrengend für den Körper. Aber nachdem wir die anfängliche Trägheit und Müdigkeit überwunden haben, können wir die neue Erfahrung richtig genießen. Vor allem die Nachtwachen sind intensive Momente: der stille, weitläufige, scheinbar unendliche Ozean, darüber der sternenklare Himmel. Und unter uns die rätselhafte Welt des Meeres, über die das Boot sanft hinweg schwebt – angetrieben von der Kraft des Windes, das hat uns ganz besonders beeindruckt.

Inzwischen sind wir in Tobago angekommen. Wir nehmen den Duft tropischer Blüten und den Anblick sattgrüner, moosiger Wälder wahr. Diese Eindrücke wecken in uns die Vorfreude auf das, was uns in Südamerika erwarten wird.“

Lisa und Julia sind derweil mit einer Fähre über Venezuela nach Kolumbien weitergereist. Was die Schwestern in den nächsten Monaten erleben, werden sie der RZ berichten. bme

Mehr über das Abenteuer der Anhalterinnen unter: www.outthere.eu oder in Facebook unter www.facebook.com/searchingforutopia

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