Unrühmliche Vergangenheit
Muss der Josef-Steib-Platz in Cochem umbenannt werden?
Ob der Josef-Steib-Platz in Cochem seinen Namen behalten darf, entscheidet sich voraussichtlich im kommenden Mai.
Ulrike Platten-Wirtz

Gerüchte, dass der Josef-Steib-Platz umbenannt wird, machen in Cochem die Runde. Die Nazi-Vergangenheit des Künstlers steht auf dem Prüfstand – Ergebnis: noch offen. Doch im Mai besucht die rheinland-pfälzische Kulturministerin die Kreisstadt.

Idyllische Landschaften um Mosel, Eifel und Hunsrück, Stillleben mit Blumen, Menschen und Tiere waren die beliebtesten Motive des Malers Josef Steib. Gefällige Bilder, ohne politischen oder gesellschaftskritischen Hintergrund. Es gibt gefühlt kaum einen Haushalt im Landkreis, in dem nicht eines seiner zahlreichen Werke die Wände ziert. In der Kreisstadt, Steibs Wahl-Heimat, hat man sogar einen Platz nach dem vor 68 Jahren in Cochem verstorbenen Münchner Maler benannt. Dieser ist zwischen dem Carlfritz-Nikolay-Platz und der Alten Thorschenke gelegen. Doch nun kursiert das Gerücht, dass der Josef-Steib-Platz in Cochem umbenannt werden soll? Um was es geht:

In Cochem wurde ein Platz nach dem Künstler benannt.
Ulrike Platten-Wirtz

Nach dem Tod des Künstlers im Jahr 1957 verwaltete seine Witwe Brunhilde den künstlerischen Nachlass ihres Mannes, der rund 200 Ölgemälde, 800 Aquarelle, 200 Zeichnungen, 160 Skizzen und Hunderte Radierungen umfasste. Auf Wunsch der Witwe, das künstlerische Erbe zu erhalten, übernahm nach deren Tod im Jahr 1997 die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur die Pflege des an der Cochemer Moselpromenade gelegenen Wohnhauses, inklusive Galerie und aller Kunstwerke. Allerdings nur so lange, bis vor einigen Jahren der gute Ruf des regional bekannten Künstlers ins Wanken geriet. Man brachte den Namen Josef Steib mit dem Naziregime in Verbindung.

Auf Initiative einer Künstlerkollegin kam ans Licht, dass führende Nazi-Größen wie Joseph Goebbels oder auch Adolf Hitler unter den Sammlern der steibschen Kunstwerke gewesen sind und Steibs Bilder zu den meistverkauften Werken bei der damaligen „Großen Deutschen Kunstausstellung“ zählten. Außerdem soll es Hinweise darauf geben, dass Steib in den 1930er-Jahren Mitglied in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) war sowie zeitweilig auch der damaligen Sturmabteilung (SA) angehörte.

Zu den zahlreichen Radierungen des Künstlers gehört auch ein Selbstporträt aus dem Jahr 1952.
Ulrike Platten-Wirtz

Aufgrund dieser Feststellungen trennte sich die rheinland-pfälzische Kulturstiftung von dem Nachlass und verkaufte die Galerie mitsamt Inhalt an eine Nichte von Steibs Witwe. Das war vor rund sieben Jahren. Als offizielle Erklärung für die Veräußerung wurden damals allerdings finanzielle Gründe angegeben. Immerhin, so hieß es in einem Artikel der Rheinpfalz vor sieben Jahren, kostete der Unterhalt des Gebäudes die Stiftung jährlich rund 10.000 Euro, von den Sanierungsmaßnahmen, die die Stiftung in den Jahren zuvor hatte ausführen lassen, ganz zu schweigen.

Stiftung arbeitet das Leben des Künstlers auf

Um Klarheit darüber zu bekommen, wie tief der Maler in die Machenschaften der Nazis verstrickt beziehungsweise wie tief er mit der NS-Führungsriege verbunden war, wurde eine Untersuchung des gesamten Lebenslaufs von Steib in Auftrag gegeben. Seither nehmen Experten der Stiftung in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung das Leben von Josef Steib genau unter die Lupe.

Eine Plakette wurde zu Ehren des Malers an der Alten Thorschenke angebracht.
Ulrike Platten-Wirtz

Das Ergebnis dieser Untersuchung steht derzeit noch aus. Sollte sich allerdings herausstellen, dass Steib tatsächlich eine unrühmliche Vergangenheit nachzuweisen ist, wäre die Stadt wohl doch am Zug. Möglicherweise würde dann der Platz inmitten von Cochem auch wirklich einen neuen Namen bekommen. Doch bis man Genaueres weiß, wartet man in der Kreisstadt ab.

Man rechnet aber in naher Zukunft mit einem Resultat. „Für den 7. Mai hat sich Katharina Binz, Landesministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration, angekündigt“, erklärt Cochems Stadtbürgermeister Walter Schmitz. Der Grund für den Besuch der Ministerin: Sie hat das Ergebnis der Untersuchung im Gepäck. Schmitz vermutet, dass der Besuch der Kulturministerin keine Hiobsbotschaft mit sich bringt. „Dass sie selbst hier aufschlägt, um die Nachricht zu überbringen, dass wir den Platz umbenennen müssen, erscheint mir unglaubwürdig“, spekuliert der Stadtchef. Ob er mit seiner Vermutung recht hat, wird sich am 7. Mai zeigen.

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