Mit einer sehr geringen Erntemenge müssen die Winzer im Weinanbaugebiet Mosel klarkommen
Moselwinzer kommen mit blauem Auge davon: Winzige Weinernte, aber die Qualität stimmt
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Mancherorts gab es ein böses Erwachen für die Winzer an Mosel und Saar, aber dort, wo Trauben hingen, war die Qualität – wie hier in Enkirch - durchweg gut. Foto: Ralf Kaiser/Moselweinwerbung
Ralf Kaiser/Moselweinwerbung

Wenig verheißungsvoll sind die Vorzeichen für die 2024er-Weinlese im Anbaugebiet Mosel gewesen: Frost nach dem Austrieb der Reben im April, großflächiger Hagel im Mai, dazu viel Starkregen und Pilzkrankheiten bis kurz vor der Ernte. Und dann das noch: In diesem Jahr haben die Winzer die kleinste Erntemenge in den vergangenen 50 Jahren eingefahren.

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Dennoch: Die Winzerbetriebe sind mit einem blauen Auge davongekommen – sie dürfen sich Hoffnung auf einen qualitativ guten Weinjahrgang machen. „Die Qualität ist gut, es ist ein Kabinett- und Spätlese-Jahr“, sagte Henning Seibert, der Vorsitzende des Moselweinvereins auf der Bilanzpressekonferenz

Auf was müssen sich die Freunde des Moselweins mit dem neuen Jahrgang einstellen? Die reine Erntemenge liegt mit rund 510000 Hektolitern im Gebiet von Serrig/Saar bis Koblenz um 30 Prozent niedriger als die durchschnittliche Erntemenge der vergangenen zehn Jahre. „Es ist ein neidischer Herbst gewesen“, betonte Henning Seibert. Die Burgundersorten sind arg zusammengeschnurrt, punktuell, so an Saar und Ruwer, im Raum Trier und auch an der Untermosel seien ganze Weinberge verwüstet worden, viele Betriebe hätten 50 Prozent an Frosteinbußen hinnehmen müssen.

Stefanie Vornhecke, Vize im Weinbauverband, sprach an, dass sich am gleichen Rebstock und mitunter an einer Traube massive Reifeunterschiede ergeben hätten – ein ungewöhnliches Phänomen. Sie esse im Weinberg viele Trauben, auf einer Seite seien sie im gleichen Geschein supersüß, auf der anderen Seite teils im säuerlichen Bereich gewesen.

„Das ist ein Spannungsfeld, und dadurch wird es auch interessante Weine geben“, erklärte Vornhecke. Henning Seibert sprach von fruchtigen Weinen, die heranreifen werden. „Wir werden viele schöne Kabinettweine haben mit moderatem Alkoholprozentsatz, das ist ja eigentlich das, was wir hier an der Mosel brauchen.“ Besonders die Flaggschiffe, Riesling und Elbling, seien die Gewinner dieses Jahres, deren Lesegut durch die Bank gut. Die Mostgewichte lagen beim Riesling zwischen 70 und 80 Grad Öchsle, 90 Grad wurden selten erreicht. Und Thomas Ludwig, Winzer aus Thörnich, ergänzte: „Wir haben keinen einzigen Wein im Keller, der nicht gut werden wird, das sagen mir auch die Kollegen.“

Wie schneiden die Weißen, wie die Roten ab? Während die Weißweinsorten mit etwa 480.000 Hektoliter fast 94 Prozent der Erntemenge 2024 ausmachen, fallen die Roten ab. Allerdings gibt es bei den Weißweinen gravierende Unterschiede. Der Riesling lag gut im Rennen mit 60 Hektolitern je Hektar, der Müller-Thurgau kam nur auf einen niedrigen Hektarertrag. Mit im Schnitt 100 Hektoliter je Hektar schnitt der Elbling hervorragend ab – gut 44.000 Hektoliter können zu Wein und Sekt verarbeitet werden.

Weiß- und Grauburgunder kommen auf einen durchschnittlichen Ertrag. Besonders stark sind die Einbußen bei den roten Sorten. Weder die wichtigste rote Sorte, der Spätburgunder, noch Dornfelder lieferten gute Traubenerträge – die Ausbeute lag bei weniger als 50 Prozent gegenüber 2023.

Wieso spürt der Moselwein Rückenwind aus dem Ausland? „Der neue Wein wird uns viel Spaß machen, er wird auch den Export ankurbeln können“, sagte Ansgar Schmitz, der Geschäftsführer der Moselweinwerbung.

Ein immer wichtigerer Markt ist China, das Land ist, was Exporte anbetrifft, auf Platz zwei. Vor wenigen Tagen ist in China die Mosel als „beste internationale Weinregion des Jahres“ ausgezeichnet worden. Dieser Award basierte auf Verkaufszahlen, der Moselwein ist beliebt, vor allem unter jungen Chinesen.

„Geschätzt wird die fruchtige Leichtigkeit des Moselweins und seine vielseitige Einsetzbarkeit“, erläuterte Schmitz. Die USA bleiben wichtigster Abnehmer, auf Platz drei hat sich Großbritannien an Norwegen vorbeigeschoben. „Je vielseitiger der Export ist, desto weniger abhängig sind wir von einem einzigen Markt“, bemerkte der Weinexperte.

Wie sieht des mit den Fassweinpreisen an der Mosel aus? Einen „Stau bei Qualitätsweinen“ hat Matthias Walter aus dem Vorstand des Moselweinvereins in anderen Regionen von Rheinland-Pfalz skizziert. Im Herbst hätten so noch viele Altweine aus 2023 den Besitzer gewechselt, auch um den Bedarf der Kellereien zu befriedigen. Gegenüber früheren Zeiten seien die Preise an der Mosel sehr stabil, vor allem bei den Burgundersorten. Es habe zwar kleinere Erträge gegeben, aber an der Obermosel eine gute Ernte – „doppelt, ja fast dreimal so groß wie im übrigen Land“. Die eigentlichen Anbieter aus anderen Landesteilen seien diesmal als Käufer aufgetreten, das habe eine andere Marktbalance generiert. So würden für Frischmoste gute Preise erzielt, für Elbling 80 Cent je Liter. Der Riesling liege im Basissegment bei 1 Euro je Liter, steige bei Schieferboden bis 1,40 Euro, an der Saar würden Preise von 1,50 bis 1,70 Euro ausgemacht. Extrem nachgefragt seien die Burgundersorten, so Walter. „Das war dieses Jahr ein Hype wie verrückt. Die Preise sind sehr stabil für Moste, sie liegen bei 1,50 Euro je Liter.“

Ist der Rotweinboom zu Ende, und was macht die Diskussion um den Alkohol im Wein? 9 Prozent der Anbaufläche an der Mosel sind Rotweinwingerte – Tendenz fallend. „Generell ist der Rotwein am stärksten vom Rückgang betroffen, das merken wir auch in den Märkten wie China“, machte Schmitz deutlich. Der Trend zu kräftigen, in Holz getränkten Rotweinen scheine nachzulassen. „Auch die Holzmonster aus Frankreich gehen nicht mehr, sieht man von den etwas leichteren Weinen aus dem Burgund ab.“

Alkohol im Wein – da hat es unerfreuliche Studien kürzlich gegeben. Stefanie Vornhecke berichtete, dass sie an einem Pilotprojekt des DLR Mosel teilnimmt, in dem es um die Herstellung von Weinen ohne Alkohol gehen wird. Der kann erstmals im Frühjahr verkostet werden. Auf jeden Fall freut sich Weinbaupräsident Walter Clüsserath auf die fruchtigen leichten Weine: „8 Prozent Alkohol im Wein: Das kann nur die Mosel hinbekommen.“

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