Zeitenwende im Alfer Forst: Gemeinde setzt jetzt auf Jagd in Eigenregie - Neue Schwerpunkte
Moselort Alf geht voran: Bioklimawald ersetzt Jagdpacht alter Prägung
Förster und Umweltwissenschaftler Markus Rink (rechts) hat das Konzept des Bioklimawaldes entwickelt. Ein Punkt: Alte Bäume sollen stehen bleiben dürfen. Unterstützt wird er (von links) von Ortschef Christian Bömer, dem Jäger Bernd Hoffmann und der Beigeordneten Rita Hoffmann. Foto: Thomas Brost
Thomas Brost

Es ist so etwas wie ein kompletter Richtungswechsel, ja, fast eine Revolution, was die Gemeinde Alf vom 1. April an in ihrem Gemeindewald vorhat: Die Ära der traditionellen Jagdverpachtung ist vorbei, eingeleitet wird die Zeit, in der das Wohlergehen des Waldes den Vorrang hat. Alf möchte das Konzept eines Bioklimawaldes verfolgen. Was steckt dahinter?

Förster und Umweltwissenschaftler Markus Rink (rechts) hat das Konzept des Bioklimawaldes entwickelt. Ein Punkt: Alte Bäume sollen stehen bleiben dürfen. Unterstützt wird er (von links) von Ortschef Christian Bömer, dem Jäger Bernd Hoffmann und der Beigeordneten Rita Hoffmann. Foto: Thomas Brost
Thomas Brost

Wie sieht das Konzept eines Bioklimawaldes aus? „Es geht darum, die Waldnutzung, den Klimaschutz und die Artenvielfalt näher zusammenzubringen“, so bringt Markus Rink, Förster und Umweltwissenschaftler, das Konzept, das er ausgearbeitet hat, auf den Punkt. Dass der Wald schwer krank sei, müsse jedem bewusst sein. „Es geht so nicht mehr weiter“, betont Rink und meint damit auch die traditionelle Form der Jagdverpachtung, die viel zu viele Spielräume offenlasse.

Damit die Gemeinde die direkte Steuerung über die Jagd nicht verliert

„Der Knackpunkt ist in der Tat die Jagd“, sagt Rink. Wenn ein Pächter im Revier sei, verlöre die Gemeinde die direkte Steuerung. „Wenn wir die Steuerungselemente in der Hand halten, können wir gezielt etwas für Naturverjüngung und Wildregulierung tun“, so Rink. Die Jagd soll jetzt in Eigenregie laufen.

Auch die Verbandsgemeindeverwaltung, die von Anfang an in den Prozess eingebunden war, steht hinter der Entscheidung der Ortsgemeinde und der Jagdgenossenschaft.

Jürgen Hoffmann, Bürgermeister der VG Zell

Einen völlig neuen Weg beschreitet die Gemeinde auch, was die Inwertsetzung des Forstes betrifft. So soll der Wald an manchen Stellen alt werden und damit möglichst viel Kohlendioxid binden dürfen. Denkbar sei ein Projekt, dass man über die CO2-Bindung Zertifikate verkaufe. „Wichtig ist, dass wir weiterhin gute Einnahmen haben und etwas für die Natur machen“, betont Rink, der das Konzept wissenschaftlich erforscht hat. Ein weiterer Eckpfeiler des neuartigen Konzeptes ist der Walderhalt durch Naturverjüngung, eine Unterstützung durch Pflanzung soll es nur in Ausnahmefällen geben.

Der Nutzen des Waldes für das Klima steht besonders im Vordergrund

Rink setzt auf heimische Baumarten. Die Pflege und Nutzung des Waldes soll mit dem Ziel einhergehen, alte, ökologisch wertvolle Bäume zu erhalten und gleichzeitig wirtschaftlich wertvolle Bäume, insbesondere Eiche und Edellaubhölzer, heranwachsen zu lassen. Die natürliche Bodenbildung und der Bodenerhalt sollen besonders gefördert werden, auch damit die Gefahr von Erosion in Hanglagen vermindert wird. Und ein besonderes Augenmerk wird auf den Schutz von Flora und Fauna, vor allem den Insekten- und Amphibienschutz gelegt. Hirschkäfer, Salamander und Ameisen erfahren besondere Aufmerksamkeit.

Was sagt die Gemeinde Alf dazu? Die Gemeinde hat mit 400 Hektar eine der größten Waldbestände im Kreis und deswegen ein großes Interesse am Waldbau. Die Umorientierung ist 2021 im Gemeinderat einstimmig beschlossen worden. „Es hat hier und da Skeptiker gegeben, aber wenn man das erklärt hat, haben sie sich umstimmen lassen“, sagt Ortsbürgermeister Christian Bömer. Er nennt den Entwurf eines Bioklimawaldes „dem Klimawandel angepasst“ und steht voll dahinter. Die Beigeordnete Rita Hoffmann hofft auf Nachahmer. „Eventuell ergibt sich ja auch ein wünschenswerter Effekt für andere Gemeinden“, sagt sie.

Auf zwölf Jahre ist das Konzept Bioklimawald Alf zunächst angelegt. In der Verwaltung in Zell unterschrieb Ortschef Christian Bömer (vorn, links) den Jagddienstvertrag, den Bernd Hoffmann (rechts) erfüllen muss.
Laura Eigelshoven, VG Zell

Der Wildtiermanager erhält jährlich einen Abschussplan von der Gemeinde

Wie geht es mit der Bejagung weiter? Es wird neue Rollen im Alfer Wald geben. Der Wildtiermanager erhält einen Abschussplan von der Gemeinde, den er jährlich erfüllen und verantworten muss. „Das ist das zentrale Element zur Umsetzung aller Ziele“, erläutert Markus Rink. So könne die Gemeinde immer schnell reagieren, auch bei Wildschäden. Die Auggabe als Wildtiermanager hat der pensionierte Polizist Bernd Hoffmann übernommen. „Ich werde natürlich jetzt mit Argusaugen betrachtet, fast wie ein Mannequin“, sagt Hoffmann, der sich auf seine Aufgabe freut. Er geht nicht nur selbst auf die Jagd, er muss auch Fallwild übernehmen.

Unter den Augen von Bürgermeister Jürgen Hoffmann unterschrieb der Wildtiermanager in Zell den Jagddienstvertrag. Was Förster Rink besonders wichtig ist: „Wir wollen die Bürger mitnehmen und informieren, sie sollen sich mit dem Bioklimawald anfreunden und profitieren auch davon.“

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