Was sich ein Junge aus Ediger anno dazumal zu Weichnachten wünschte
Mit dem Christkind kommen Erinnerungen: Mundart-Wunschzettel eines Jungen aus Ediger
Wunschzettel auf Moselfränkisch: Ein Fall fürs Christkind. Foto: Ditzer
David Ditzer

An verstorbene Familienmitglieder und Freunde zu denken, gehört für viele Menschen ebenfalls zum Weihnachtsfest dazu. Auch für RZ-Leserin Anneliese Schillings aus Bullay.

Vor dem Fest hat sie eine besondere Erinnerung an ihren verstorbenen Bruder German Franzen aus Ediger-Eller mit der Redaktion geteilt: einen „Wunschbrief eines Jungen aus Ediger“ an das Christkind, verfasst in Mundart. Ob es nicht schön wäre, diesen an Heiligabend noch einmal zu bringen? Ist es, weil der Brief lebensecht und lustig ist. Aber nicht nur deshalb.

Ihr Bruder German ist „viel zu früh im Jahre 2000 von uns geschieden“, schreibt Schillings. „Er war bis zu seinem Tod Moselaner durch und durch. Er hat viel für das 'Moselfränkische' getan.“ Daran sei oft auch sein ehemaliger Lateinlehrer beteiligt gewesen, Reinhold Schommers aus St. Aldegund. Für den Redakteur ein Grund, zum Telefonhörer zu greifen und Gerhard Schommers anzurufen, unter anderem von der Mundartinitiative im Kreis Cochem-Zell bekannt. Er könne mir nur wenig über German Franzen sagen, weil sein Bruder Reinhold leider im gleichen Jahr gestorben sei wie dieser.

Allerdings wisse Norbert Krötz vermutlich mehr. Stimmt. German Franzen war Krötz' Großcousin und einer der „berühmten Fassroller“. Bitte? Ja, 1973 wollten die Studenten German Franzen und Wolfgang Andre ein Fuderfass binnen zwölf Tagen von Ediger nach Köln rollen – eine Aktion für die Trimm-dich-Bewegung und einen guten Zweck.

Allerdings wurde das Unterfangen zweimal von Ordnungsbehörden gestoppt, ehe es so richtig ins Rollen kam. In der Facebook-Gruppe „Alte Bilder und Zeichnungen von Ediger-Eller“ gibt es noch einen Fernsehbeitrag darüber. Das Ende vom Lied: Die Gemeinde schaffte das Fass per Nachen übers Wasser nach Köln. „Das Fass gibt es, soweit ich weiß, sogar heute noch“, erzählt Norbert Krötz. Im Weingut Clemens-Ferdinand.

Doch zurück zu German Franzens Wunschbrief ans Christkind. Bei dessen Erstveröffentlichung stand zu lesen, er stamme aus einer Zeit „vor 80 Jahren“. Wann genau ihr Bruder den Brief geschrieben hat, kann Anneliese Schillings nicht mehr nachvollziehen. Aber: „Er hat diesen Brief nach Hörensagen unserer Eltern verfasst.“ Bei den genannten Namen handele es sich um Onkel und Tanten. Auf den Wunschzettel angesprochen, sagt Norbert Krötz, man könne davon ausgehen, dass er „so um das Jahr 1970 entstanden“ sei. Eine im Brief genannte Jahreszahl stützt das.

Anneliese Schillings hat die RZ wissen lassen, ihr Bruder habe Deutsch und Sport am Gymnasium in Olpe gelehrt. Krass. Schließlich stamme ich selbst aus dem südsauerländischen Kreis Olpe, habe allerdings das Klostergymnasium Maria Königin in Lennestadt besucht. Ein Sauerländer, der an der Mosel eine zweite Heimat gefunden hat, schreibt über einen Moselaner, den es aus dem Sauerland, so ist zu erfahren, immer wieder in die Heimat gezogen hat.

Wortgewandt hat German Franzen seine Heimatliebe und die Liebe zum Moselfränkischen in vielen Texten verewigt. In einem, den Anneliese Schillings ebenfalls in Kopie geschickt hat, fand der „Biertrinker“ aus dem Sauerland, der auch die Weine der Mosel lieb gewonnen hat, folgende Passage über Mundartsprichwörter: „,En Koh, die vill säift, brouch net vill zu freaße' (Wer dem Wein ordentlich ordentlich zuspricht, spart am Essen)“. Bei meiner verstorbenen Oma mütterlicherseits, an die ich mich gerne erinnere, lautete das Pendant dazu: „Wo ein Brauhaus steht, braucht kein Backhaus stehen.“ Ist das Leben nicht wundervoll? Frohe Weihnachten.

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