Wenn uralte Sagen und mündlich vererbte Geschichten sich vereinen und nach dem Auffinden von betagten Archivnachweisen zu Geschichte werden, dann erheben sie irgendwann den berechtigten Anspruch in eine Chronik aufgenommen zu werden. Bei einer solchen handelt es sich auch um die enge historische Beziehung der Cochemer Reichsburg zur Benediktinerabtei Brauweiler. Letztere wurde vom vermuteten Erbauer des Cochemer Wahrzeichens, Pfalzgraf Ezzo Ehrenfried und seiner Gemahlin Mathilde, anno 1024 als Hauskloster und letzte Ruhestätte für seine Familie gestiftet.
Im Park der Abtei wächst hinter der dortigen Kirche ein beeindruckender, uralter Maulbeerbaum, der auch als Naturdenkmal geschützt ist. Laut mündlicher Überlieferung wurde dieser von einem Maulbeerzweig aus dem Brautstrauß von Mathilde gezogen, der von einem ebensolchen Baum auf den pfalzgräflichen Gütern an der Mosel stammte. Unter diesem Mutterbaum soll bei Mathilde die Idee gereift sein, im rheinischen Brauweiler besagtes Hauskloster zu gründen.
Kloster erhielt zahlreiche Güter an der Mosel
Ihre Tochter Richeza (997 – 1063), stattete in der Folge das Kloster mit zahlreichen Gütern aus ihren Mosel- und Eifelbesitztümern aus. Zu diesen gehörten unter anderem Anwesen und Liegenschaften in Cochem, Klotten, Mesenich, Eller, Bremm, Merl, Enkirch, Reil, Kaifenheim, Wirfus, Kond, Lutzerath, Weiler, Kavelocher Hof, Kaisersesch, Masburg, Polch und Pillig. Diese wurden nach einem 30-jährigen Rechtsstreit mit dem Erzbistum Köln in 1090 allesamt der Abtei Brauweiler zugesprochen. Die Nikolauskapelle in Klotten und die Kirchen in Mesenich und Kaifenheim, die wie die Abtei Brauweiler dem heiligen Nikolaus geweiht sind, gehen auf diese Beziehung zurück. Auch auf der Reichsburg hat es im Mittelalter vermutlich einen Maulbeerbaum gegeben.
Und noch im 15. Jahrhundert besaßen die Freiherren von Winneburg und Beilstein auf der Reichsburg als Lehen eine Hofstatt, die „Zum Maulbeerbaum“ genannt wurde. So ist in der Chronik der Reichsburg laut Leopold von Eltester vermerkt, dass das bedeutendste aller Cochemer Burglehen jenes der Edel- und Freiherren von Winneburg (Wunnenberg) und Beilstein als Rest früherer burggräflicher Rechte war. Demnach besaßen diese, nachweislich erst 1420, besagte Burghofstatt „Zum Maulbeerbaum“. Dies geht auch aus einer Urkunde vom 4. Dezember 1457 hervor, die im Landeshauptarchiv in Koblenz lagert.
Brauweiler feiert 1000. Gründungsjubiläum
In diesem Jahr feiert das ehemalige Benediktinerkloster Brauweiler mit seinen weitläufigen barocken Abteigebäuden und seiner romanischen Basilika das 1000. Gründungsjubiläum. Während das Gotteshaus heute als katholische Pfarrkirche genutzt wird, befinden sich die Gebäude der Abtei jetzt im Besitz des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) und dienen diesem als Kultur- und Fortbildungszentrum.
Um der historischen Beziehung zwischen der Reichsburg und der Abtei Brauweiler wieder frisches Leben einzuhauchen, hat man sich, anlässlich der Jahrtausendfeier der Abtei und ihres Maulbeerbaumes, für die Neuanpflanzung eines solchen in der Reichsburg entschieden. Dieser Setzling, wie könnte es anders sein, ist ein Ableger des 1000-jährigen Methusalem-Gewächses aus dem Abteipark.
Sonniger Platz im Rosenhof
Der Nachkomme nennt jetzt einen sonnigen Platz im Rosenhof der Burg sein Eigen, wo er von Stadtbürgermeister Walter Schmitz, Burgherr Oliver Pinzer und Abteivertreter Markus Jansen persönlich platziert und mit reichlich Cochemer Burgwasser vorschriftsmäßig angegossen wurde.
Ein Vorgang, der laut Schmitz als Maulbeerbaumtaufe 2024 die Chronik der Reichsburg fortschreiben und an vergangene Zeiten erinnern wird. Zur offiziellen Tauffeier wurden im Anschluss Winzersekt und Canapes mit Maulbeermarmelade gereicht.