Zell – Große emotionale Ereignisse wie zum Beispiel Konzerte werden gerne mal als „Achterbahnfahrt der Gefühle“ beschrieben. Das Konzert von Barclay James Harvest in der Zell war da ein bisschen anders. Statt in einer Achterbahn saßen Zuschauer eher in einer netten Bergbahn, die nur langsam Fahrt aufnahm, am Ende aber mit Karacho ins Ziel donnerte. Doch der Reihe nach.
Gesittet geht es bei der Ankunft am Eingang zu, Menschen in einer ordnungsgemäß aufgestellten Schlange warten auf ihren Einlass und auf das erste Gläschen Sekt. Gedränge gibt es auch später keins. Aber so ist das eben bei Ü-30-Partys: Die Aufregung weicht lockerer Gelassenheit, auch wenn man gekommen ist, um die Helden der Jugend zu bestaunen. Die Jugend von heute hingegen ist unauffindbar. Nur einige wenige Youngsters wagen das musikalische Experiment, meist an der Seite ihrer Eltern. Insgesamt sind etwa 550 Gäste gekommen.
Der Auftritt beginnt sehr atmosphärisch, fast schon mystisch. Warmes rotes Licht beleuchtet dezent die Bühne, die Bandmitglieder erscheinen, minimalistisch die ersten Takte, nach und nach setzen die Instrumente ein, und schließlich beginnt Frontmann Les Holroyd die ersten Zeilen von „Yesterday’s Heroes“ zu singen. Er kann es noch. Die ganze Band kann es noch. Und das, obwohl Holroyd an diesem Abend häufiger betonen wird, dass er fürchterlich erkältet ist. Ob besagte Erkrankung der Grund dafür ist, dass das Konzert nach den ersten sechs Liedern für eine Viertelstunde unterbrochen wird – angeblich wegen technischen Umbaus, nur ist davon gar nichts zu sehen? Wie auch immer, gesanglich bekommen die Zuhörer von der Erkältung überraschend wenig mit. Lediglich die langen, hohen Töne gehen manchmal daneben. Das ist aber nicht weiter schlimm, da die instrumentale Darbietung der Musiker viel zu gut ist, um lange über solche Kleinigkeiten nachzudenken. Es macht auch Spaß, die Gestalten auf der Bühne zu beobachten. Häufig sind sie ganz in ihre Musik vertieft, dann wiederum lacht Les Holroyd, der kleine bärtige Mann, wie ein Lausbub, der sich gerade einen besonders lustigen Streich überlegt hat.
Und das Publikum? Das weiß am Anfang nicht so recht, was es tun soll. Wie bewegt man sich noch mal zu transzendentalen Klängen? Richtig, besser gar nicht, scheint die einhellige Meinung zu sein. Wahrscheinlich, selbst peinlich berührt ob der fehlenden Aktion im Zuschauerraum, wird dafür nach den Liedern umso lauter geklatscht. Nach etwa einer Stunde wechselt die Band die Strategie: Rock ist jetzt angesagt, und damit ist Rock von der Sorte gemeint, die richtig rockt.
Lesen Sie mehr dazu in der Freitagsausgabe der Cochem-Zeller RZ