Die entsprechenden Verträge mit der Kreisverwaltung sind unterzeichnet. „Das ist ein historischer Tag für Cochem-Zell“, freut sich Landrätin Anke Beilstein. Auch die beiden Stipendiaten sind überglücklich.
Am 2. September geht es los. Die medizinische Versorgung in der Region zu stärken, ist Beilstein ein großes Anliegen. „Das war ja auch schon Thema im Wahlkampf“, bestätigt die Landrätin, die seit gut einem halben Jahr im Amt ist. Sie fügt an: „Obwohl wir in einer sehr schönen Region leben, ist es leider schwierig, medizinische Fachkräfte zu gewinnen.“ Einen Grund dafür sieht Beilstein in den politischen Rahmenbedingungen und der Tatsache, dass es zu wenig Studienplätze gibt. Da sich diese Situation so schnell nicht ändern lässt, hat der Landkreis selbst Initiative ergriffen. „Das Stipendien-Modell für ein Studium im Ausland wurde bereits in der Westpfalz erfolgreich umgesetzt. Wir wollen das Modell weiterentwickeln“, sagt die Landrätin.
Viele Bewerber für ein Stipendium
Man entschied, fehlende Studienplätze einzukaufen, und an geeignete Bewerber zu vergeben. Das Interesse an einem Studienplatz im Ausland war groß. Hanna Budnick und Damian Etzkorn haben sich gegen zwölf weitere Mitbewerber durchgesetzt. Neben guten Noten vor allem in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern spielte dabei auch die Affinität zur Region sowie soziales Engagement eine große Rolle. Am Auswahlverfahren waren neben der Landrätin auch Dirk Barbye und Michael Saur (beide Kreiswerke) beteiligt. Außerdem hat man Unterstützung vom Studienberater der Uni Pécs bekommen.
Die Wahl der Universitätsstadt fiel auf Pécs, ein historischer Ort mit rund 150 000 Einwohnern im Süden Ungarns. „Dort gibt es bereits eine deutsche Community. Vor allem mit Studenten aus Rheinland-Pfalz“, erklärt Beilstein. Ein Fakt, der den neuen Studenten den Einstieg erleichtern soll. Der 19-jährige Damian Etzkorn aus Treis-Karden hat sich Stadt und Uni bereits angeschaut.
Erste medizinische Erahrungen gesammelt
„Ich bin vorige Woche nach Budapest geflogen und von dort mit dem Zug weiter“, sagt er. Flug und Zugfahrt dauern insgesamt rund vier bis fünf Stunden. Etzkorn hat in diesem Jahr sein Abitur am Martin-von-Cochem-Gymnasium abgelegt und sich dann für das Stipendium beworben. Es ist schon lange sein Wunsch Arzt zu werden. Erfahrungen im medizinischen Bereich hat der 19-Jährige als Pflegehelfer im Herz-Jesu-Haus Kühr in Niederfell gesammelt. „Von da an wusste ich, dass mein Berufswunsch in diese Richtung gehen soll“, sagt er.
Hanna Budnick kommt aus Hontheim und hat bereits ein abgeschlossenes Studium der Krankenpflege in der Tasche. Die 25-Jährige arbeitet derzeit noch im Krankhaus in Daun. Die Arbeit gefällt ihr. „Aber immer dann, wenn es am spannendsten wurde, hat die Arbeit für mich als Krankenschwester aufgehört“, bedauert sie. Hanna wollte mehr. Doch noch einmal einen Studienplatz im medizinischen Bereich in Deutschland zu bekommen, war für die 25-Jährige relativ aussichtslos. Deshalb hat sie sich auf das Stipendium der Kreisverwaltung beworben. Und dass sie sich riesig freut, dass es geklappt hat, sieht man der sympathischen Frau auf den ersten Blick an.
Wohnung in Pecs bereits gefunden
Mitte August wird Hanna Budnick mit dem Auto nach Ungarn reisen und sich mit den Begebenheiten vor Ort vertraut machen. Eine Wohnung hat sie bereits übers Internet gefunden. Anders als in Deutschen Universitätsstädten verlief die Suche problemlos. „Das Angebot ist wirklich sehr groß“, erklärt die junge Frau. Die Kosten für ein Studiensemester in Pécs betragen je 7500 Euro und werden vorerst vom Kreis übernommen. Trotz klammer Kassen.
Den Verantwortlichen ist die medizinische Versorgung im Landkreis ein wichtiges Anliegen. Langfristig sollen deshalb jedes Jahr zwei Stipendien für angehende Mediziner vergeben werden. Man arbeite aber gerade an einem neuen Finanzierungskonzept, bei dem Unternehmen und Institutionen mit ins Boot geholt werden. „Es gab schon Gespräche, bisher mit positiver Resonanz“, sagt Beilstein.
Auf 12 Semester, also sechs Jahre, ist die Regelstudiendauer ausgelegt. „Es ist klar, dass das keine schnelle Lösung für den Ärztemangel bei uns ist, aber es war wichtig damit anzufangen“, sagt die Landrätin.
Studienberater hilft Jungmedizinern
Im fernen Ungarn werden die Studierenden auch später nicht allein gelassen. Der Studienberater, der mit der Kreisverwaltung in Kontakt steht, ist vor Ort auch als Ansprechpartner für die Studenten da. „Er fungiert sozusagen als Verbindungsmann zwischen dem Landkreis und der Universität“, erklärt Beilstein.
Inzwischen wurde vom Landkreis auch ein Netzwerk für Jungmediziner ins Leben gerufen, das darüber informiert, wie viele junge Menschen aus der Region Medizin studieren und in welcher Fachrichtung sie sich orientieren.
Außerdem gibt es Studierenden die Möglichkeit, sich mit niedergelassenen Ärzten in der Region zu vernetzen, beziehungsweise Kontakte für erforderliche Praktika zu knüpfen. „Ziel des Netzwerks ist, eine dauerhafte Bindung der Studenten zum Landkreis zu schaffen, um die medizinische Versorgung in der Region zu sichern“, sagt Beilstein.