Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier hat den Haushalt des Kreises Cochem-Zell trotz eines hohen Millionendefizits genehmigt. Das war die überraschende Information durch Landrätin Anke Beilstein in der konstituierenden Sitzung des neuen Kreistags. Auch wenn sie in der Sitzung dazu nicht weiter etwas sagen wollte, so war ihr die Erleichterung darüber deutlich anzumerken. Denn seit Februar, als der Etat vom Kreistag beschlossen wurde, gab es kontroverse Diskussionen zwischen Aufsichtsbehörde und Kreis. Und mangels Genehmigung war die Kreisverwaltung zu einer vorläufigen Haushaltsführung mit deutlichen Einschränkungen gezwungen.
Monatelange Hängepartie
Das Genehmigungsschreiben der ADD, das kurz vor der Kreistagssitzung in der vergangenen Woche in Cochem einging, ist jedenfalls der Schlusspunkt unter eine monatelange Hängepartie. Im Februar hatte der Kreistag den Haushalt beschlossen. Dieser weist ein Rekorddefizit von mehr als 16 Millionen Euro auf, und auch für das kommende Jahr wird ein ähnliches Defizit erwartet. Auch der Finanzhaushalt sieht ein Negativsaldo von mehr als 13 Millionen Euro für 2024 vor. Das war Grund genug für die ADD, von einer Haushaltsgenehmigung vorerst Abstand zu nehmen und den Kreis um Aufklärung über die Gründe für dieses Defizit zu bitten.
Dies tat Landrätin Anke Beilstein in ausführlichen Schreiben wie auch in einem persönlichen Gespräch mit der ADD im März. Auch der Kreistag kam nochmals zusammen, um über die Haushaltslage zu debattieren, aber gleichzeitig auch der ADD gegenüber deutlich zu machen, dass es zu keiner Umlageerhöhung zur Senkung des Haushaltsdefizits kommen werde. „Da dieses Defizit durch das Land ausgelöst wurde, kann dies jetzt nicht durch eine Erhöhung der Kreisumlage den Kommunen aufgelastet werden“, hatte die Landrätin damals im Kreistag betont und dabei die Unterstützung aller Fraktionen im Kreistag erhalten.
Landrätin Anke Beilstein sieht keinen anderen Ausweg: Sie hat bereits Kontakt zu Anwälten aufgenommen will gegen das Land Rheinland-Pfalz klagen. Der Kreis Cochem-Zell muss derzeit viel Geld in den Busverkehr investieren, Vorgaben des Landes spielen hierbei eine Rolle.Millionendefizit wegen des Busverkehrs: Kreis Cochem-Zell steht kurz vor Klage gegen das Land
Doch die Genehmigung ließ weiter auf sich warten. Im Mai spitzte sich die Situation für den Kreis zu. Aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung galten weiterhin die Höchstbeträge des Etats 2023 für die Kredite zur Liquiditätssicherung, damals 20 Millionen Euro. Doch für 2024 lag der Bedarf allein für den Kreis bei rund 50 Millionen Euro, dazu noch 15,5 Millionen für die Kreiswerke.
Damit drohte dem Kreis zur Jahreshälfte die Zahlungsunfähigkeit. Erst nach längeren Diskussionen gab es hier eine vorläufige Genehmigung der ADD für höhere Höchstbeträge, damit Liquiditätskredite aufgenommen werden konnten. Und nun also die Haushaltsgenehmigung, womit die vorläufige Haushaltsführung ein Ende hat. Doch dabei gab es durchaus mahnende Worte der ADD. So unterstreicht die Aufsichtsbehörde, dass sowohl der Ergebnis- wie auch der Finanzhaushalt in allen Planjahren gegen die Vorgabe eines Haushaltsausgleiches verstoße und die Haushalts- und Finanzplanung damit nicht im Einklang mit den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft stehe.
Trotzdem verzichte die ADD „aus Opportunitätsgründen“ auf aufsichtsbehördliche Maßnahmen, kündigt aber für künftige Haushaltsjahre mögliche Vorgaben an, teilt die Behörde dem Kreis mit.
Zustand entgegen wirken?
„Es sind dringend entsprechende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung zu ergreifen, um diesem Zustand entgegenzuwirken. Insoweit nehme ich Bezug auf meine in dieser Sache bereits vielfach mündlich sowie in den Aufklärungsersuchen schriftlich erteilten Hinweise sowie darauf, dass ich deren Einhaltung – auch unter Einbindung des Ministeriums des Innern und für Sport sowie des Landesrechnungshofs – künftig mit äußerstem Nachdruck kontrollieren werde“, heißt es im Genehmigungsschreiben von ADD-Vizepräsidentin Christiane Luxem.
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion betont, dass sie aktuell dem Kreis Cochem-Zell die dauernde Leistungsfähigkeit nicht bescheinigen könne. Daher fordert die Aufsichtsbehörde den Kreis auch dringend dazu auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um diesem Zustand entgegenzuwirken.