Jahrzehntelang wurden Tausende Kilometer Gleise abgebaut, das Auto hatte vor allem auf dem Land den Zug verdrängt. Es fanden sich andere Nutzungen. Ein Beispiel: Der Maare-Mosel-Radweg verläuft auf der einstigen Bahnstrecke Daun-Wittlich. Aber seit einiger Zeit geht der Trend dahin, dass geprüft wird, ob brachliegende Strecken reaktiviert werden können.
Für 163 Strecken im Bundesgebiet sind nach Angaben des Interessenverbands Allianz pro Schiene und des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen entsprechende Studien in Auftrag gegeben worden. Und aus deren Sicht sollten noch mehr Strecken untersucht werden: Insgesamt 277 halten sie für reaktivierungswürdig.
Das ist auch die Eifelquerbahn von Gerolstein bis Kaisersesch, was eine Studie – in Auftrag gegeben vom Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (SPNV) mit Sitz in Koblenz – ergeben hat, die vor einigen Wochen in Daun vorgestellt worden ist. Bei der Untersuchung muss eine Strecke einen Wert von 1,0 überschreiten, damit der Nutzen höher ist als die Kosten. Wert für die Eifelquerbahn: 1,28. Für die Befürworter der Reaktivierung keine Überraschung, denn das es sich lohnen könnte, wieder regelmäßigen Zugverkehr einzurichten, ergaben schon Gutachten aus den Jahren 1998 und 2009.
Reaktivierung der Eifelquerbahn ist wahrscheinlich – könnte aber teuer werden
Mit der positiven Bewertung ist das Projekt Eifelquerbahn im Rennen um finanzielle Unterstützung vom Bund, bis zu 90 Prozent der Reaktivierungskosten könnten übernommen werden. Je nach Ausbaustandard Allerdings würde das richtig viel Geld kosten: mal mindestens 168,5 Millionen Euro. Dabei sind die einzelnen Positionen im Hinblick auf die Reaktivierung durch ein privates Eisenbahnunternehmen näher angeschaut worden, um mögliche Einsparpotenziale zu ermitteln.
Ohne diese in Betracht zu ziehen, würden sich die Kosten auf rund 217 Millionen Euro belaufen. Mit Kosten von 232 Millionen Euro müsste man kalkulieren, wenn die Reaktivierung nach dem Standard der Deutschen Bahn erfolgen würde. Die kalkuliert generell mit höheren Kosten als die privaten Unternehmen. So würde der Neubau der Pelmer Kyllbrücke nach DB-Standard knapp 2,8 Millionen Euro teurer als wenn es ein Privatunternehmen das Vorhaben in Angriff nehmen würde.
Errechnet haben die Verfasser der Studie, dass durch eine Reaktivierung 720 Pendler vom Auto dauerhaft in die Bahn gebracht werden. 240 Schüler könnten hinzukommen. Profitieren würde die Eifelquerbahn unter anderem von Einsteigern aus Kaisersesch, Büchel, Demerath und Mehren.
Apropos Finanzen: Könnten Reaktivierungsvorhaben dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht die Umbuchung von 60 Milliarden Euro in den Klimafonds für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat, gefährdet sein? Jens Wießner, Vorsitzender des Vereins Eifelquerbahn: „Erst einmal dürfte dies keine Auswirkungen auf mögliche Streckenreaktivierungen haben, da die Finanzierung nicht über den Klimafonds, sondern über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) läuft, das 2019 unter neu aufgestellt wurde. Dies sieht für 2023 und 2024 Finanzmittel von einer Milliarde Euro pro Jahr vor, ab 2025 sollen es dann zwei Milliarden Euro jährlich werden.“
Auch diese Bahnstrecken in Rheinland-Pfalz kämen für eine Reaktivierung infrage
Auch wenn festgestellt worden ist, dass sich die Reaktivierung lohnen könnte: Bis beispielsweise den Dauner Bahnhof wieder regelmäßig Züge anfahren, kann es noch lange dauern. Die Gutachter gehen von zehn Jahren aus. Und nicht zu vergessen: Das Land hat für mehrere Strecken Studien in Auftrag gegeben. Positiv ausgefallen sind sie bislang für die Untere Queichtalbahn (führt von Landau nach Germersheim) und die Glantalbahn Nord (Lauterecken nach Bad Sobernheim). Eine Rangliste zu erstellen, wo es sich eine Reaktivierung am meisten lohnen würde, soll im kommenden Jahr vorliegen. Der Verein Eifelquerbahn sieht „gute Chancen, dass die Eifelquerbahn am Ende eine der ,Auserwählten’ sein wird“, erklärt der Vorsitzende. „Auf der Kostenseite dürften wir schon relativ sicher sein, während auf der Nutzenseite noch erhebliches Potenzial besteht, wenn auch die Bereiche Güterverkehre und Tourismus miteinbezogen werden.“ Auch die weiteren Planungen in Bezug auf die Eifelstrecke, die Anbindung der Kreisstadt Daun und der Lückenschluss zwischen Rhein und Eifel dürften Faktoren sein, die für die Eifelquerbahn sprächen. Wießner ergänzt: „Außerdem darf nicht vergessen werden, dass wir im nördlichen Rheinland-Pfalz einen erheblichen Nachholbedarf haben, wenn es um die Anbindung an die Bahn geht.“