„Konkrete Termine für eine Realisierung des Gedenkkonzepts gibt es noch nicht“, heißt es dazu aus dem Kreishaus. Es habe Abstimmungen beispielsweise zur Umsetzung eines „Wegs der Erinnerung“, wie ihn das Konzept vorgeschlagen hatte, gegeben. Doch diese hätten bislang „noch nicht zu konkreten Ergebnissen geführt“, teilt die Kreisverwaltung mit.
Buchautor ist ernüchtert
Für Ernst Linde-Heimes aus Löf ist das alles wenig verständlich. „Da wird von der Landeszentrale für politische Bildung ein fertiges Konzept erstellt, und dann passiert nichts“, kritisiert der Schriftsteller. Sein 1992 erschienenes Buch „Ich habe immer nur den Zaun gesehen“ hatte erstmals umfassend über dieses KZ-Außenlager informiert und damit auch erstmals eine breite und kontroverse Diskussion über die Geschehnisse von 1944 im Kreis ausgelöst. „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier weder Erinnerungs- noch Gedenkarbeit erwünscht sind“, bedauert Ernst Linde-Heimes.
Scheinbar präsentiere man immer wieder vollmundig Konzepte, wolle dann aber die Zeit verstreichen lassen und hoffe, dass die Fragen nach Information, Erinnern und Gedenken in Vergessenheit geraten, befürchtet er und stellt ernüchtert fest: „Das ist die bittere Erkenntnis, achtzig Jahre nach der Errichtung zweier Konzentrationslager auf dem Gebiet des heutigen Kreises Cochem-Zell, in denen zweieinhalbtausend unschuldige Menschen eingepfercht, zur Arbeit getrieben, grausam gequält und viele von ihnen ermordet wurden.“
Dem widerspricht Wolfgang Lambertz, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Cochem, in deren Gebiet die meisten Gedenkorte an dieses KZ-Außenlager liegen. „Diese Erinnerungsarbeit ist auf keinen Fall eingeschlafen“, unterstreicht er im Gespräch mit der RZ. Im Haushalt der Verbandsgemeinde seien entsprechende Mittel eingestellt und auch bei den beteiligten Ortsgemeinden stoße diese Arbeit auf viel Verständnis und Zustimmung, macht er deutlich.
Allerdings gebe es aktuell Überlegungen, die Gedenkarbeit stärker virtuell umzusetzen, um so auch bei jüngeren Menschen Interesse zu wecken. „Der Weg der Erinnerung könnte daher eher digital gestaltet werden, mit QR-Codes an den entsprechenden Orten“, erläutert er. Dazu würden derzeit Gespräche laufen, nicht zuletzt auch, um Zuschüsse dafür zu erhalten.
Wandgemälde wurde gesichert
Ein Projekt sei in den vergangenen Monaten aber sehr konkret angegangen worden, die Sicherung eines Wandgemäldes in einer der Baracken im Lager in Bruttig, die damals als Speiseraum genutzt wurde. Hier hatten KZ-Insassen ein Gemälde angebracht, das erst vor wenigen Jahren wieder entdeckt wurde.
„Wir haben nun den Nachweis, dass dies wirklich von den damaligen Häftlingen gemalt wurde, daher war es uns wichtig, dass dieser historische Schatz erhalten bleibt und gesichert wird“, betont Bürgermeister Lambertz. Daher könne nicht die Rede davon sein, dass kein Interesse an einer Gedenkarbeit bestehen würde.
Am Cochemer Bahnhof trafen am 10. März 1944 die ersten Häftlinge aus dem KZ Natzweiler im Elsass an der Mosel ein. Es waren 300 Männer, die meisten Franzosen. Da die künftigen Sonderlager in Treis und in Bruttig noch nicht fertiggestellt waren, kamen sie nach Bruttig in den Tanzsaal des Gasthauses ...Das Grauen begann: Die ersten KZ-Häftlinge kamen vor 80 Jahren in die Außenlager Treis und Bruttig
Auch der Kreis betont, dass im Zuge des vorgesehenen Wegs der Erinnerung weiterhin Kontakte innerhalb der Mitglieder der damaligen Arbeitsgruppe, die Ideen und Vorschläge für eine Gedenkarbeit mit den wichtigsten historisch relevanten Orten im Raum Cochem entwickelte, bestehen würden.
So habe sich die Universität Trier laut Kreis bereit erklärt, die Erläuterungstexte für die wichtigsten historisch relevanten Orte wissenschaftlich aufzuarbeiten. „Nach Vorlage der Texte sind Abstimmungsgespräche mit den Ortsgemeinden und der Verbandsgemeinde Cochem vorgesehen“, heißt es aus dem Kreishaus.
Bloß nicht erinnert werden. Lasst es doch mal gut sein mit dem Vergangenen. Müssen wir jetzt wirklich wieder darüber diskutieren, dass die Haltung des Verdrängens fatal ist und es vielmehr eine hartnäckige Verweigerung von Verantwortung ist?Kommentar zur Bedeutung von Gedenkarbeit: Die Gespenster von früher – sie heißen heute AfD
Dennoch herrscht bei Ernst Linde-Heimes weiterhin Skepsis. „An anderen KZ-Orten in Deutschland wurde da schon vor vielen Jahren was gemacht, hier ist bis heute noch nichts geschehen und es ist fast schon zu spät für eine solche Arbeit“, gibt er zu bedenken. Und gerade in einer Zeit, in der Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt gegen Minderheiten wieder stärker würden, sei eine solche Erinnerungsarbeit unverzichtbar. Ernst Linde-Heimes: „Wichtig wäre einfach ein zentraler Gedenkort für die Opfer dieses KZ-Außenlagers, beispielsweise in Cochem. Denn das wäre dann auch ein Ort, an dem man jetzt am 10. März an die Anfänge dieses Außenlagers erinnern könnte.“
Weg der Erinnerung
Im Rahmen des Konzepts für die Gedenkarbeit zum KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis, das 2018 erarbeitet und 2019 vorgestellt wurde, steht die Umsetzung des sogenannten Wegs der Erinnerung, der die Orte von besonderer historischer Bedeutung in Bezug auf das KZ-Außenlager in einen Zusammenhang stellt, im Raum.
Anders als an anderen Gedenkorten, wo sich das historische Geschehen auf einen zentralen Ort konzentriert, besteht bei dem KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis die Besonderheit, dass die historischen Orte weit auseinanderliegen. Insofern bietet sich der Weg der Erinnerung mit entsprechenden Informationstafeln für die Aufarbeitung der Vergangenheit an. dj