Feiertag in Cochem
Knippmontag: Legendäre Tradition mit Wein und Proviant
Cochemer Karnevalisten hissen die Knippfahne. Der Verein hat die Patenschaft für den höchsten Feiertag der Stadt übernommen.
Ulrike Platten-Wirtz

Am Montag nach Weißen Sonntag ziehen die Cochemer mit Wein und Proviant auf die Knipp. Zuvor wird die Wiese geputzt und eine Fahne gehisst. Was es mit der Tradition auf sich hat.

Am frühen Morgen ist die Knippwiese noch feucht vom Tau der Nacht. Doch mit den ersten Sonnenstrahlen trocknet das Gras, auf dem es sich später mehrere Hundert Gäste mit Picknickdecken und Proviant gemütlich machen, schnell. Die Rede ist hier von Cochems höchstem Feiertag, dem Knippmontag. Die legendäre Knippwiese, eine steile, zum Teil bewaldete Grünfläche oberhalb des Burgsattels, dient den Cochemern seit Jahrzehnten als Feierstätte. Seinen Ursprung hat der Knippmontag einer Legende nach im 17. Jahrhundert, als ein Burgknecht auf dem Weg zu seiner Liebsten nach Faid durch Zufall feindliche Truppen belauschte, die einen Angriff auf die Burg planten. Der Knecht macht sofort kehrt, um dem Burgherren Bericht zu erstatten. Der Angriff konnte dadurch erfolgreich abgewehrt werden. Seitdem, so heißt es, habe man den Knippmontag zum inoffiziellen Cochemer Feiertag ernannt.

Nachdem die Fahne gehisst ist, stoßen die Helfer mit einem Glas Moselwein an.
Ulrike Platten-Wirtz

Mit auf die Knippwiese müssen neben dem mit Wein gefüllten Bummes (Tonkrug), der traditionell mit einer Möhre verschlossen wird, auch Proviant in Form von Brot, Wurst und Käse. Doch bevor auf dem Gelände gefeiert werden kann, muss die Knipp geputzt werden. Dafür ist seit 51 Jahren die Cochemer Karnevalsgesellschaft (CKG) zuständig. „Immer samstags vor Knippmontag geht eine Mannschaft von rund zehn bis zwölf Leuten hier hoch, um zu mähen und freizuschneiden“, erklärt CKG-Chef Günter Hammes. Rund zwei bis drei Stunden dauert die Aktion, je nachdem wie hoch das Gras gewachsen ist. Dann werden noch Mülleimer aufgestellt, und schon ist die Knipp bereit für Gäste. Ebenfalls nach alter Cochemer Tradition versorgt Metzgermeister Siggi Schmitz die fleißigen Helfer mit Schwartenmagen. Auch das ist in Cochem schon immer so gewesen.

Keine Frage, steckt die Karotte im Bummes, dann muss mal wieder Knippmontag in Cochem sein.
Thomas Esser

Bevor die offizielle Eröffnung der Knipp durch Böllerschüsse erfolgt, wird noch die Knippfahne gehisst. Ein rot-weißer Stoff mit Stadtwappen und der Aufschrift Knippmontag. Eine ausgewählte Delegation aus Leuten der CKG, Stadt, Burg und dem Tender Mosel finden sich dafür auf der Knipp zusammen. Pünktlich mit dem Glockenschlag von St. Martin hisst Hammes um 10 Uhr die Fahne unter den wachsamen Augen von Jörg Eckerskorn und Michael Brand. Anschließend stoßen die Anwesenden mit einem Glas Moselwein an und begeben sich später noch zu einem Imbiss auf die Reichsburg.

Seit mehr als 50 Jahren kümmert sich die CKG um die Knippwiese.
Ulrike Platten-Wirtz

Im Jahr 1974 hat die CKG die Patenschaft für die Knippwiese übernommen. Jörg Eckerskorn war damals neun Jahre alt und hat Vater Herwin zum ersten Mal auf die Knipp begleitet. „Damals war das Gelände noch größer als heute und reichte fast bis zum jüdischen Friedhof“, erinnert er sich. Auch das Mähen und Freischneiden sei damals viel anstrengender gewesen. „War ja noch alles Handarbeit“, so Eckerskorn weiter. Heute bedient man sich moderner Gerätschaften, die die Arbeiten erleichtern. Dass später mit den Gästen auch Mitglieder des Cochemer Musikvereins zum Musizieren am Start sind, muss nicht ausdrücklich vereinbart werden. „Da ist irgendwie auch immer schon so gewesen“, merkt Hammes an. Das etwas so gemacht wird, wie es immer schon war, ist unter den Cochemern zu einem geflügelten Wort geworden.

Zwölf Böllerschüsse zur Eröffnung

Auch die offizielle Eröffnung mit Böllerschüssen gehört dazu. „Abgefeuert werden zwei Salven á sechs Schuss“, weiß Jörg Wronka, Hausmeister der Reichsburg. Warum das so ist? „Wir haben sechs historische Standböller, die werden zweimal gefüllt und abgefeuert“, sagt er. Die Schüsse werden aber nicht direkt von der Burg abgegeben, sondern von einem Weinbergsweg etwas unterhalb. „Der, der abfeuert, muss aber über einen Schwarzböllerschein verfügen“, weiß Ralf Heigwer. Und Wronka fügt hinzu, dass für die Aktion zwei Kilo Böllerpulver verschossen werden.

Die Schüsse sind dann das Zeichen für die Gäste, sich auf den Weg zu machen. Und dieser ist ziemlich steil, geht an der Realschulturnhalle vorbei in den Wald. Klar, dass man oben angekommen, sofort an den Proviant geht. Bunt gefärbte Ostereier und andere Snacks werden dann verspeist. „Den Leuten geht es aber vor allem darum, sich auszutauschen“, weiß Eckerskorn. Viele Alt-Cochemer, die inzwischen woanders wohnen, kommen extra zum Knippmontag in die alte Heimat. „Auch um alte Freunde wiederzusehen“, sagt Eckerskorn.

„Wenn der Bummes leer ist, ist die Knipp zu Ende.“
Walter Schmitz, Stadtbürgermeister

Der 60-Jährige ist übrigens seit 1974 jedes Jahr auf der Knipp gewesen. Sogar im Corona-Jahr, als die Knipp abgesagt worden war. „Ich wollte nicht mit der Tradition brechen und bin samstags einfach allein hier hochgegangen, habe meinen Schwartenmagen gefuttert, ein Gläschen getrunken und bin dann wieder Heim“, gesteht er schmunzelnd.

Zwischen 17 und 18 Uhr wird die Knippfahne abgelassen und fürs nächste Jahr eingerollt. Damit ist die Knipp offiziell beendet. „Doch kluge Teilnehmer haben für den Rückweg zuvor schon irgendwo ein Depot angelegt, um später weiterzufeiern“, gesteht Ralf Heigwer augenzwinkernd. Ob am Knippmontag die Sonne scheint oder ob es schneit – „alles schon da gewesen“, sagt Eckerskorn. Echte „Knipper“ lassen sich vom Wetter nicht abschrecken.

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