Tankstelle könnte dauerhaft geschlossen werden - Geologen untersuchen die Wand
Knapp 100 Tonnen Fels stürzen hinab: Tankstelle in Bad Bertrich geschlossen
In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Rühle

Es ist ein riesiges Stück Gestein, das sich am frühen Montagmorgen aus der Felswand oberhalb der Tankstelle in Bad Bertrich gelöst hat. Zwischen 80 und 100 Tonnen, schätzt Ante Gudelj, Bauleiter vor Ort. Eigentlich sollten am Morgen des Hangrutsches die Bauarbeiten für einen neuen Fangzaun beginnen. Jetzt stellt sich sogar die Frage, ob aufgrund des Zustands der Felswand weitaus dramatischere Folgen drohen.

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In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Rühle

„Die Felsbrocken wurden sogar über das Haus geschleudert“, schreibt die Feuerwehr Kennfus nach dem Einsatz am Montagmorgen. Verletzt wurde zum Glück niemand, allerdings wurden die Tankstelle und eine angrenzende Wohnung evakuiert. Eine Entscheidung, die am Tag darauf umso verständlicher scheint. Denn nachdem die ersten Experten vor Ort einen Blick auf den Hang geworfen haben, befürchtet die Gemeinde Schlimmeres. „Die Lage scheint wesentlich dramatischer als vermutet, das Problem zieht sich weit in den Berg hinein“, sagt Ortsbürgermeister Christian Arnold am Dienstagmittag, bevor er zu einer Krisensitzung nach Bad Bertrich aufbricht. Es könne sein, dass die Landesstraße längere Zeit gesperrt werden muss.

„Die Lage scheint wesentlich dramatischer als vermutet, das Problem zieht sich weit in den Berg hinein.“

Christian Arnold, Bürgermeister

Zwei Wochen lang ist die Tankstelle in Bad Bertrich auf jeden Fall gesperrt, sagt ein Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Ulmen am Dienstagmorgen vor Ort. Man brauche Zeit, um abschätzen zu können, wie es weitergehe. Zudem seien die Gebäude und auch die Landesstraße gefährdet. Währenddessen werden mobile Fangzäune aufgebaut, um die Tanksäulen und auch die Straße zu schützen. „Es ist mit Nachrutschungen zu rechnen“, erklärt Ante Gudelj. Schon bevor sich der erste Gutachter am Fels abseilt, werden Zweifel geäußert, ob ein Weiterbetrieb der Tankstelle sinnvoll ist. „Die Schichtung scheint sehr gefährlich zu sein“, sagt der Experte für Felssicherung.

In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Ruehle

Die Ausmaße des Schadens will der beauftragte Gutachter innerhalb von zwei Tagen liefern. Oberhalb der Abbruchstelle wurde ein Wanderweg gesperrt, dieser sei nicht mehr sicher begehbar, heißt es. Eine vierköpfige Familie musste am Montag das angrenzende Gebäude verlassen und kam zunächst in einem Hotel, später in einer Ferienwohnung unter. Für die Pächter der Tankstelle sowie die Familie soll der kurzfristige Zutritt möglich sein, heißt es.

In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Ruehle

Nach dem Krisentreffen an der Tankstelle am Dienstagmittag weiß Bürgermeister Christian Arnold, dass der Gemeinde nur zwei Möglichkeiten bleiben. Die Gebäude und das Grundstück befinden sich im Eigentum des Kurorts, die Tankstelle ist verpachtet. „Entweder wir räumen das Grundstück und geben die Gebäude auf oder wir schaffen es, den Hang zu sichern“, so der Ortschef.

In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Rühle

Hangrutsche oder Felsstürze haben in Bad Bertrich eine traurige Tradition. Das ehemalige Kurhaus fiel 1865 einem Bergsturz zum Opfer, bei der Sanierung des Kursaals wurde erst 2020 eine weitere Hangsicherung in Auftrag gegeben. Auch am Parkhaus hatten Geologen 2017 eine Einsturzgefahr festgestellt, sogar die Standfestigkeit eines Gebäudes oberhalb sei gefährdet gewesen. Etwa 200.000 Euro waren damals für die Hangsicherung vorgesehen. Wanderwege mussten mehrmals gesperrt werden, eine Bushaltestelle am Ortseingang West wurde längere Zeit geschlossen. Anfang des Jahres beschäftigte sich der Gemeinderat mit einem Felsüberhang am Fußweg zwischen der Bäderstraße und der Kirchstraße. Bad Bertrich ist ein für Geologen interessanter Ort. Hier wechseln sich poröse Lavaströme, devonischer Schiefer oder Tuff ab. Die bekannte Käsegrotte ist der Eingang in einen Lavastrom. Was die Landschaft prägt, ist nun ein Problem für die Gemeinde.

In einer Felswand haben sich etwa zwischen 80 und 100 Tonnen Gestein gelöst. Ein Gutachter untersucht nun, ob mit weiterem Unheil zu rechnen ist.
Kevin Ruehle

Durch den Hangrutsch oberhalb der Tankstelle fehlt es wahrscheinlich nun auch dem verbliebenen Gestein an Halt. „Der Wanderweg ist unterhöhlt“, sagt Ante Gudelj. Am Gebäude selbst entstanden durch die Felsen offenbar nur geringe Schäden. Ein alter Fangzaun, der ersetzt werden sollte, konnte die Wucht des Hangrutsches zumindest bremsen. Allerdings durchschlugen Felsen die Holzbalken und stoppten erst an der Hauswand. Ein weiteres Problem: Die aufgetürmten Gesteinsmassen wirken nun wie eine Sprungschanze, sollten sich weitere Felsen lösen. Die Gemeinde hofft, am Donnerstag einer Entscheidung näher zu sein.

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