Wie man mit herrenlosen Tieren umgeht - Tierschützer schlagen Alarm - Kastrationspflicht gefordert
Katzenschwemme in Ulmen: Tierschützer schlagen Alarm
Streunerkatzen
Eine noch junge Katze ist auf einer Dorfstraße zu sehen. Streunende Katzen werden in Brandenburg offenbar zum Problem. Tierheime sind zunehmend am Limit, können kaum noch Katzen aufnehmen. Forderungen nach schärferen Regelungen werden lauter. (zu dpa: «Katzen-Kastrationspflicht soll unkontrollierte Vermehrung eindämmen») +++ dpa-Bildfunk +++
Patrick Pleul. picture alliance/dpa

Herrenlose Katzen können mitunter zu einer regelrechten Plage werden. Auch im Landkreis gibt es zum Teil Probleme mit der rasant zunehmenden Population von Straßenkatzen. Bei der Verbandsgemeindeverwaltung Ulmen wurden  in diesem Jahr schon mehr als 60 Tiere abgegeben.

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„Die verwilderten Katzen sind oft in einem erbärmlichen Zustand, krank und unterernährt“, erklärt Ruth Drießen, Leiterin des Tierheims in Mayen. In diesem Jahr wurden dem Tierheim so viele Fundkatzen wie noch nie zuvor zugetragen. „Es waren bis jetzt schon mehrere Hundert“, sagt Drießen.

Auch in der Verbandsgemeinde (VG) Ulmen kennt man das Problem. „Bei uns sind in diesem Jahr schon 60 herrenlose Katzen abgegeben worden“, weiß Verwaltungsmitarbeiterin Tanja Schug. Da es eine Kooperation zwischen der Kommune und dem Tierheim in Mayen gibt, werden gestrandete Katzen dort abgegeben. Was dann passiert?

Tierschützer fangen Streuner ein

„Die Katzen werden von uns aufgepäppelt, kastriert und gechippt“, sagt Drießen. Danach werden die Tiere wieder dort ausgesetzt, wo sie gefunden wurden. Vor Ort werden anschließend Futterstellen für die Tiere eingerichtet. Da es sich um verwilderte Tiere handelt, können sie weder im Tierheim verbleiben noch zur Vermittlung freigegeben werden. „Ausgewachsene Straßenkatzen sind nicht vermittelbar“, sagt Drießen. Die Kosten für Behandlung und Futter trägt der Tierschutzverein, der sich wiederum nur über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert.

„Wir haben in diesem Jahr schon 60 herrenlose Katzen ans Tierheim in Mayen weitergegeben. So viele waren es noch nie.“

Tanja Schug, VGV Ulmen

Ein Eingriff kostet zwischen 30 und 170 Euro. Je nach Auslegung der Gebührenordnung und je nachdem, ob es sich um ein weibliches oder männliches Tier handelt. „Eine Kastration ist schon ein ziemlicher Kostenaufwand. Doch wer ein Haustier besitzt, sollte sich von vornherein über mögliche Folgekosten im Klaren sein“, sagt Drießen. Vor allem Menschen aus anderen Kulturkreisen fehle aber häufig gänzlich die Sensibilisierung für das Thema.

Kastration ist die einzige Lösung

Kastration ist jedoch die einzige Möglichkeit, um Katzenschwemmen und unnötiges Tierleid zu verhindern. Mit Tierquälerei hat Kastration nichts zu tun. Im Gegenteil. „Was wir auf der Straße sehen, das ist Tierquälerei“, betont Drießen mit Nachdruck. Seit 34 Jahren engagiert Drießen sich im Tierschutz, hat schon viel Tierleid gesehen. Sie appelliert deshalb an die Vernunft von Katzenhaltern, ihre Tiere im Alter von sechs Monaten kastrieren zu lassen.

„Auch Besitzerkatzen sollten kastriert und geschippt sein. Zum einen, um ungewollte Vermehrung zu vermeiden, zum anderen, damit man die Tiere ihren Besitzern zuordnen kann. „Dass die Besitzer sich selbst beim bundesweiten Haustierzentralregister Tasso registrieren müssen, wissen viele gar nicht. Aber ohne die Anmeldung kann das Tier seinem Besitzer nicht zugeordnet werden“, erklärt Drießen.

Verordnung, um Tiere zu schützen

Um das Elend von Straßenkatzen einzudämmen, können Kommunen eine Katzenschutzverordnung erlassen mit dem Ziel, die Zahl halterloser Katzen zu minimieren und streunenden Tieren Schmerzen, Leid und Schäden zu ersparen. Wenn Katzenbesitzer ihre Tiere frei laufen lassen, werden sie dazu verpflichtet, die Tiere zu registrieren und zu kastrieren. Zuvor muss die Kommune allerdings prüfen, ob es überhaupt eine hohe Anzahl frei lebender Katzen gibt, die schlecht versorgt sind.

In Rheinland-Pfalz wurden bisher Katzenschutzverordnungen unter anderem in Andernach, Koblenz, Neuwied, Weißenturm sowie in den Verbandsgemeinden Gerolstein, Maifeld und Simmern-Rheinböllen erlassen. In Ulmen denkt man derzeit über den Erlass der Verordnung nach. „Besser wäre es, wenn Katzenbesitzer für das Thema sensibler wären und wir ohne die Verordnung auskämen“, erklärt Ulmens Verbandsgemeindebürgermeister Alfred Steimers.

Problematik flächendeckend

Obwohl die unkontrollierte Vermehrung frei laufender Katzen laut Aussage des Tierschutzvereins ein flächendeckendes Problem ist, werden nicht immer die Ordnungsämter mit einbezogen. Nicht jede Streunerkatze wird der Verwaltungen gemeldet. Während dem Mayener Tierheim etliche Fälle aus dem Maifeld und Mayen bekannt sind, heißt es beispielsweise aus Zell, dass bisher in diesem Jahr lediglich fünf Katzen aus verschiedenen Orten der VG gemeldet wurden und man von daher eher von Einzelfällen denn von einer Plage ausgehe. In der VG Kaisersesch hat man überhaupt keine Fälle von herrenlosen Katzen zu verzeichnen. In Cochem sind in diesem Jahr bislang lediglich zwei Fundkatzen von der Verbandsgemeindeverwaltung an den Tierschutz abgegeben worden.

Dass sich die Fälle in diesem Jahr im Mayener Tierheim häufen, erklärt sich Drießen mitunter auch durch den Klimawandel. Früher waren die Winter noch kälter, da kamen Katzenbabys nur zwischen Mai und November auf die Welt. Zwischen Herbst und Frühjahr gab es keinen Nachwuchs. „Da hatte man mal Zeit durchzuatmen, das ist jetzt nicht mehr so“, weiß Ruth Drießen.

„Wir appellieren an die Vernunft von Katzenhaltern, dass sie von sich aus frei laufende Tiere kastrieren lassen.“

Alfred Steimers, Bürgermeister der VG Ulmen

Inzwischen werfe eine freilaufende Katze nicht mehr nur zweimal, sondern sogar dreimal im Jahr. Bei vier bis sechs Jungen pro Wurf kommen da schnell 100.000 Katzen in wenigen Jahren zusammen. Werden die Tiere weder versorgt noch im Krankheitsfall tierärztlich behandelt, geht es den Tieren oft schlecht. Beim Einfangen herrenloser Tiere ist der Tierschutz auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. „Wir bekommen oft Tipps von Anwohnern, wenn es in deren Umgebung zu viele streunende Katzen gibt“, erklärt Drießen. Der Tierschutzverein fährt dann über Land, um, ausgerüstet mit Handschuhen, Kescher und Transportboxen, die Tiere einzusammeln und ins Tierheim zur Behandlung zu bringen.

Zur Kastration gezwungen werden können Katzenbesitzer nicht. Auch nicht in den Kommunen, in denen es eine Katzenschutzverordnung gibt. Der Tierschutzverein kann lediglich zur Kastration raten. „In Kommunen mit Verordnung haben wir wenigstens Handhabe, die Katzen zu kontrollieren“, sagt Drießen. Die Tierschützerin appelliert weiterhin an die Vernunft der Tierhalter. „Wenn sie das Elend, was wir täglich erleben, mit ansehen müssten, würden sie sich nicht dagegen sträuben“, sagt sie.

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