Für Geschäftsleiter Frederik Eiden stellt der frischgebackene Pensionär sogar „das personifizierte Amtsgericht“ dar. Dabei wollte Karl-Heinz Etges ursprünglich eigentlich lieber Fernsehtechniker werden. Doch auf Anraten seines älteren Bruders, der eine Lehre bei einem Notar absolviert hatte, bewarb Etges sich dann bei der Justiz. „Ich erhielt vom Oberlandesgericht Koblenz im Frühjahr 1970 die Mitteilung, dass ich zum 1. September als Justizangestelltenlehrling beim Amtsgericht Zell meine Lehre beginnen kann“, sagt er. Schon kurz darauf wurde die Ausbildung in „Dienstanfänger für den mittleren Justizdienst“ umbenannt.
Zu Beginn der Lehre war Etges erst 15 Jahre alt und musste deshalb noch von seinem Vater zum Abschluss des Lehrvertrags begleitet werden. Bereut hat der heute 65-Jährige seine Entscheidung nie. „Mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht“, sagt er. Die Lücke, die er mit seinem in einem halben Jahrhundert erworbenen Wissen in Cochem hinterlässt, ist schon wenige Wochen nach seiner Pensionierung zu spüren. „Schon als ich vor sieben Jahren hier im Haus anfing und Fragen hatte, wurde ich stets an Karl-Heinz verwiesen“, sagt Doris Linden. Augenzwinkernd für sie hinzu: „In meinen ersten Tagen hatte er noch Urlaub, ich hatte aber schon so oft seinen Namen gehört, dass ich sehr gespannt auf ihn war.“ Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. „Es gab nichts, was er nicht wusste und er war sich für nichts zu schade“, bestätigt auch Eiden. Von all den Lobeshymnen will der Pensionär allerdings nicht viel wissen. Aufhebens um seine Person war noch nie sein Ding.
Nach der Lehre hat er sich vom Justizassistenten bis zum Justizinspektor hochgearbeitet. Pflichtbewusstsein und Loyalität zeichneten ihn laut seiner Dienstherren dabei aus. Sechs Direktoren hat Etges in seiner Zeit in Cochem erlebt. Sein Aufgabengebiet lag in der Protokollführung, Kostenberatung und der Verwaltungsarbeit in der Geschäftsstelle.
Dass Etges dem Amtsgericht Cochem so lange die Treue hielt, verdankt er eigentlich der Bundeswehr. „Ich sollte nach Abschluss der Lehre nach Ingelheim versetzt werden. Doch dann musste ich zum Bund“, erinnert er sich. Da sich der Umzug für die kurze Zeit nicht gelohnt hätte, blieb er folglich zuerst am Landgericht in Koblenz und wechselte 1979 wieder ans Amtsgericht nach Cochem. Neben der Arbeit in der Geschäftsstelle hieß es auch immer wieder, Protokolle bei den Verhandlungen zu führen. „Das war schon oft ziemlich spannend“, gesteht Etges. Vor allem einige Kapitalverbrechen sind ihm bis heute detailgenau in Erinnerung geblieben.
Für seinen Posten in der Verwaltungs- und Vollstreckungsabteilung am Cochemer Amtsgericht hat sich mit Barbara Pies bereits eine Nachfolgerin gefunden. Aber dass es dem Pensionär im Ruhestand langweilig wird, ist nicht zu befürchten. Als ehemaliger Wehrführer und Bürgermeister von Mittelstrimmig hat er noch immer ein gutes Gespür dafür, wo eine helfende Hand gebraucht wird.