Einer, der damals aktiv am Protest sich beteiligte, war der Schriftsteller und Kabarettist Ernst Heimes aus Löf, ein gebürtiger Cochemer. Er war damals in der Koordination der zahlreich entstandenen Bürgerinitiativen tätig.
Heimes erinnert sich 40 Jahre zurück
„Das war eine sehr bewegte Zeit. Auch wenn es letztendlich nur neun Monate waren, bis die WAA-Pläne aufgegeben wurden, so hat mich das alles doch geprägt und meinen weiteren Lebensweg deutlich mitbestimmt“, erinnert sich Heimes. Auch wenn das alles schon 40 Jahre her sei, so gebe es doch immer noch Erinnerungen an diese Zeit. An die ersten Zusammenkünfte der Bürgerinitiativen, daran, wie sich alle ein Bild machen mussten, was da eigentlich bei Kaisersesch geplant sei und wie ein Protest aussehen könnte.
„In diesen neun Monaten bestimmte die Diskussion um die WAA das Leben von uns allen. Es gab kein anderes Thema“, erinnert sich Ernst Heimes. Die Proteste seien damals quer durch alle Bevölkerungsgruppen gegangen, der Widerstand sei von vielen getragen worden, betont er. „Klar gab es auch Befürworter. Der damalige Landrat setzte sich schon deutlich für dieses Projekt ein. Aber die große Mehrheit der Menschen in der Region waren dagegen“, betont Heimes.
„Ich war da schon erstaunt, wer alles zu den Protesten und Aktionen kam. Damals habe ich sehr viele Menschen kennengelernt“, erinnert er sich. Leider habe er manchmal das Gefühl gehabt, dass gerade die jüngeren Aktivisten von den Verantwortlichen in Mainz oder beim Betreiber nicht ernst genommen wurden. „Da war es gut, dass bei uns auch gestandene Persönlichkeiten aus den Dörfern mit dabei waren, die uns da unterstützt haben“, so Heimes.
War die WAA bei Hambuch und Illerich nur ein Druckmittel der Betreiber, um in Wackersdorf bauen zu können? Diese Vermutung wurde immer wieder von Kommunalpolitikern wie auch von WAA-Gegnern geäußert. Ein Vermerk aus dem Bundeskanzleramt, der im Bundesarchiv in Koblenz lagert, scheint dies nun zu ...Wiederaufarbeitungsanlage bei Kaisersesch: Nur ein Druckmittel für Wackersdorf?
Die Proteste seien vielfältig gewesen. „Wir haben die Rheinland-Pfalz-Radrundfahrt, die damals durch den Kreis Cochem-Zell ging, gestoppt. Eine kleine Gruppe von uns war in Mainz bei dem damaligen Wirtschaftsminister Heinrich Holkenbrink, es gab Kundgebungen und Demonstrationen“, erzählt Ernst Heimes. Für ihn ein besonderes Erlebnis: „Im Juli 1982 gab es in Cochem eine große Demonstration mit rund 8000 Teilnehmern. Und da durfte ich die Hauptrede halten. Das war schon etwas Tolles für einen 28-Jährigen“, so der Schriftsteller.
Eine Rolle bei den Protesten spielte immer wieder auch die Frage, ob es zu Gewalt kommen würde. „Davor hatte ich eigentlich keine Angst, auch wenn das immer wieder bei unseren Treffs angesprochen wurde. Wenn die Proteste länger gedauert hätten, dann wäre da vielleicht mehr passiert, so wie in Gorleben oder Wackersdorf. Aber in den neun Monaten damals hatte ich da keine Sorgen“, betont Heimes. Und manche gewaltfreien Aktionen zivilen Widerstandes hätten sich die Gruppen damals durchaus überlegt. „Da ging es um die Blockade von Schienen oder Straßen oder ähnliches“, macht er deutlich.
Heimes blieb auch nach WWA-Protesten politisch aktiv
Schneller als erwartet waren die WAA-Pläne in der Eifel aber wieder vom Tisch. „Das hat uns schon überrascht. Aber natürlich waren alle auch erleichtert“, so Heimes. Enttäuscht sei er aber gewesen, dass dann auch alle sich schnell wieder zurückzogen. Heimes: „Es gab ja auch andere Entwicklungen, die einen Protest erforderten. So die Stationierung von Atomraketen in Hasselbach im Hunsrück, das AKW bei Mülheim-Kärlich und vieles mehr. Aber hier verschwanden die meisten wieder und gingen zur Tagesordnung über.“
Anders bei ihm. „Ich war schon damals ein politischer Mensch, aber durch den WAA-Protest hat sich das noch mehr verstärkt“, betont Heimes. Er engagierte sich danach in der Friedens- und Umweltbewegung, bei den Grünen, für die er, wenn auch erfolglos, für den Landtag kandidierte. Mit anderen erschien ein Buch, in dem Texte auch aus der WAA-Protestzeit veröffentlicht wurden, und er gründete mit einer Mitstreiterin in Koblenz eine Buchhandlung.
„Das war schon eine konkrete Folge dieser WAA-Zeit. Wir wollten diese Buchhandlung, die ja bis heute besteht, auch politisch verstehen“, macht er deutlich. Dies alles zeige, wie sehr der WAA-Protest vor 40 Jahren doch seinen Lebensweg geprägt habe, gibt Ernst Heimes zu bedenken. „Das war eine wichtige Zeit in meinem Leben und auch für mein Leben“, ist er überzeugt. Doch nicht nur das: „Das war auch eine wichtige Zeit für die ganze Region. Ich glaube nicht, dass sich die Landesregierung und auch der Betreiber, die DWK, einen solchen Protest in einer doch eher katholisch-konservativen und ländlichen Gegend vorstellen konnte. Daher bin ich überzeugt, dass dieser Protest die Region auch nachhaltig verändert hat.“ Und er ist sich sicher: „Der Protest damals hat sich gelohnt. Auf jeden Fall.“
Was war in der Eifel geplant?
Vorgesehen war im Raum Hambuch/Illerich eine Wiederaufarbeitungsanlage mit einem Jahresdurchsatz von 350 Tonnen Schwermetall. Das Werksgelände im Pommerbachtal sollte eine Fläche von rund 150 Hektar umfassen, mit Straßenanschlüssen und auch einer Gleisanbindung. Das gesamte Bauvolumen sollte etwa 1,6 Millionen Kubikmeter umbauten Raum umfassen.
Die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) ging davon aus, dass hier insgesamt 1600 Arbeitsplätze entstehen sollten, wobei vorgesehen war, dass der überwiegende Teil der Belegschaft aus der näheren Umgebung kommen sollte. Während der Bauzeit sollte der Arbeitskräfteeinsatz auf der Baustelle durchschnittlich 2000 Personen betragen. Das Investitionsvolumen für diese Anlage betrug zwischen 4 und 5 Milliarden Mark. dj