Seine Mutter Nadine Feider erzählt: „Meine Eltern haben bei mir angerufen. Ich war noch auf der Arbeit, als sie meinten, dass Pepe gar nicht vorbeigekommen wäre und er auch nicht an unser Telefon geht. Ich habe mir dann erst mal keine Sorgen gemacht. Es hätte ja sein können, dass er sich verquatscht hat.“ Doch als sie selbst kurz darauf von der Arbeit nach Hause kommt, ist zu Hause immer noch keine Spur von Pepe. Die Tür, die wegen der Familienhündin immer geschlossen ist, ist es nach wie vor: ein klares Zeichen, dass niemand in der Zwischenzeit hier war. Und so beginnt Nadine Feiders verzweifelte Suche nach ihrem Sohn.
Innerhalb kürzester Zeit ist sie mit dem Auto in Cochem, spricht dort die Busfahrer der Linie 712 an, mit der Pepe fährt. Nachdem ihr niemand eine Auskunft geben kann, wendet sich Feider an die Polizei. Telefonisch erreichen konnte sie Pepe nicht: Als Drittklässler hat er kein Handy. Unterwegs ruft sie bei der Grundschule an, informiert sich, ob Pepe in den Bus gesetzt wurde: „Das wurde er. Die Lehrerin hat den Busfahrer sogar gefragt, ob er nach Valwig fährt.“ Das liege daran, dass es seit der Umstellung des ÖPNV im Kreis Cochem-Zell immer mal wieder Probleme mit fehlerhaften oder nicht vorhandenen Anzeigen der Buslinie gab, was in der Vergangenheit zu Irrfahrten führte.
Der Nachhauseweg einiger Grundschüler ist vor Kurzem zu einer Irrfahrt mit Schrecken geworden: Statt der gewohnten zehn Minuten, die die Kinder normalerweise zwischen Bruttig und Briedern brauchen, dauerte ihre Heimfahrt diesmal knapp eine Stunde.Bus-Irrfahrt zwischen Briedern, Bruttig und Cochem: Eltern besorgt um Grundschüler
Normalerweise fahren von der Bruttiger Grundschule immer drei bis vier Kinder nach Valwig, allerdings sind laut Nadine Feider die anderen Kinder an diesem Tag in der Mittagsbetreuung, sodass ihr Sohn allein mit dem Bus fahren musst. Die Familie wird unruhig: Wo ist Pepe?
Dann kommt der erlösende Anruf von der Schule: Pepe ist in Senheim. Seine Mutter kann endlich aufatmen. „Ein Fünftklässler hat ihn weinend auf dem Endertplatz gefunden und sich um ihn gekümmert. Er hat ihn dann mit zu sich nach Hause genommen – ebenfalls mit der 712. Die ist dann aber leider nicht an Valwig vorbei, sondern auf der anderen Moselseite gefahren.“
Der aufgelöste Achtjährige versucht, seine Familie auf dem Festnetzanschluss zu erreichen. Zu Hause geht niemand ran, da seine Mutter auf der Suche nach ihm ist. Bei seinen Großeltern ist die Leitung dauerhaft besetzt, weil sein Opa versucht, die Kreisverwaltung zu erreichen. Nadine Feider sagt: „Meine Handynummer kennt er nicht auswendig – die steht zwar in seinem Hausaufgabenheft, aber so weit hat er in dem Zustand nicht gedacht.“ Als die Mutter ihren Sohn abholt, weint er bitterlich.
Pepe erzählt rückblickend, dass er gemerkt hat, dass der Bus nicht langsamer wird. Als dieser an der Bushaltestelle vorbeifuhr, bekam er Panik. Aus Überforderung begann er zu weinen, woraufhin ihn eine Frau im Bus ansprach: Das sei doch kein Problem, er solle am Endertplatz aussteigen und da den Bus nehmen, der nach Valwig zurückfährt. Der Plan scheiterte. Denn als Pepe den Busfahrer fragte, ob er dorthin fährt, verneinte dieser. Daraufhin fand ihn der Fünftklässler aus Senheim.
Es kam schon mal vor, dass die Schüler am Ortsende rausgeschmissen wurden oder eben einige Meter nach der Bushaltestelle. Aber das geht eigentlich gar nicht.
Nadine Feider aus Valwig
Der Bus sei schon öfter an der Bushaltestelle vorbeigefahren, erzählt Nadine Feider: „Normalerweise schreien die anderen Kinder dann, dass sie hier rausmüssen. Da kam es dann schon mal vor, dass die Schüler am Ortsende rausgeschmissen wurden oder eben einige Meter nach der Bushaltestelle. Aber das geht eigentlich gar nicht.“
Pepe selbst ist zu schüchtern, um durch den ganzen Bus zu brüllen – und eigentlich sei es ja auch nicht Aufgabe des Kindes, den Busfahrer anzuschreien, wenn ein Haltesymbol ihn darauf aufmerksam macht, dass jemand aussteigen möchte.
Unzufrieden mit der Reaktion des Verkehrsunternehmen
Auf eine Beschwerde über das Meldeportal der Kreisverwaltung erhielt Feider eine Antwort von dem zuständigen Verkehrsunternehmen, der DB Regio Bus Mitte. „Laut deren Antwort hat der Bus an der Haltestelle gehalten. Aber das hat er nicht. Sonst wäre Pepe wie sonst auch ausgestiegen. Ich finde es unmöglich, die Schuld nun auf meinen Sohn zu schieben.“
Laut Kreisverwaltung wurde der Vorfall sofort überprüft: „Da es sich bei dem Bus um ein älteres Fahrzeug handelt, konnten keine GPS-Daten ausgewertet werden. Dennoch konnte der langjährig bei dem Unternehmen angestellte Fahrer ermittelt und befragt werden. Die Aussage des Fahrers wurde den Eltern mitgeteilt. Dass es hierbei offensichtlich zu Missverständnissen gekommen ist, bedauert die Kreisverwaltung sehr.“ Zwischenzeitlich fanden weitere Kontakte und Gespräche zu diesem Vorfall statt.
Das alles eine Anlaufphase hat, ist vollkommen verständlich. Aber wenn ständig etwas schiefläuft und man dann bei Beschwerden nur pauschale Antworten bekommt, ist es kein Wunder, dass viele Leute unzufrieden sind.
Nadine Feider
Da Pepe den Bussen nicht mehr traut, heißt es nun: üben, üben, üben. Und zwar das Schreien nach dem Busfahrer, sollte eine solche Situation erneut vorkommen. Außerdem erzählt seine Mutter: „Ich bin ein absoluter Handygegner in diesem Alter. Aber ihm ein altes Handy zu besorgen, drei Nummern darin abzuspeichern und ihm zu sagen, dass er es nur im absoluten Notfall benutzen darf, war die schnellste und einfachste Lösung.“
Die richtige Lösung liegt laut Nadine Feider allerdings in den Händen der Kreisverwaltung: „Das alles eine Anlaufphase hat, ist vollkommen verständlich. Aber wenn ständig etwas schiefläuft und man dann bei Beschwerden nur pauschale Antworten bekommt, ist es kein Wunder, dass viele Leute unzufrieden sind.“