Nach Verwaltungsbeschluss
Hubschrauber-Urteil: Aufatmen bei vielen Mosel-Winzern
Die Spritzungen mithilfe von Hubschraubern dürfen an der Mosel weitergehen.
Thomas Brost

Mit Bangen haben viele Steillagenwinzer von der Mosel nach Koblenz geblickt: Das Verwaltungsgericht hat über einen Eilantrag der Deutschen Umwelt-Hilfe entschieden. Diese will die Spritzung mit Hubschraubern verbieten. Das Gericht wies dies ab.

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„Große Erleichterung“ macht sich breit unter den Winzern an der Mosel, sagt die Vizepräsidentin des Weinbauverbandes, Stefanie Vornhecke. Sie spricht von einer „massiven psychischen Belastung unter den Kollegen“. Hintergrund ist das drohende Verbot von Hubschrauberspritzung im Weinbau gewesen. Das ist jetzt vom Tisch – vorläufig. Der Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Spritzung von Pflanzenschutzmitteln aus der Luft vom Verwaltungsgericht Koblenz abgewiesen worden (unsere Zeitung berichtete).

Stefanie Vornhecke, die einen Winzerbetrieb in Senheim führt, spricht von einem Etappensieg. „Das Hauptverfahren in der Sache kommt noch, aber wir haben jetzt Sicherheit für 2025.“ Das heißt, dass Pilzmittel in dieser Saison mithilfe von Hubschraubern weiterhin appliziert werden dürfen.

„Die Kollegen können jetzt wieder gut schlafen. Denn in den jüngsten Wochen gab es eine massive psychische Belastung für sie.“
Stefanie Vornhecke, Vizepräsidentin des Weinbauverbandes Mosel

Für Winzer Kilian Franzen aus Bremm, der viele Lagen im steilsten Weinberg Europas, dem Calmont, bewirtschaftet, löst sich ein Knoten. Für uns ist die Entscheidung unglaublich wichtig, weil für dieses Jahr Gewissheit und Planungssicherheit haben“, sagt der Winzer, der sehr viele Terrassenlagen bewirtschaftet.

Welche existenzielle Dimension dies für seinen Berufsstand hat, bringt er so auf den Punkt: „Der Pflanzenschutz muss erhalten bleiben, sonst wird es eng für die Steillagenwinzer.“ Im Calmont befinden sich Winzer bereits auf dem Rückzug aus Furcht vor dem, was kommen könnte.

Der ökologische Nutzen des Weinbaus wird als hoch eingestuft

Die große Erleichterung bei den Winzern hat auch Maximilian Hendgen wahrgenommen. Der Geschäftsführer der Weinbauverbände Mittelrhein und Mosel betont, dass Verwaltungsgericht habe in seiner Urteilsbegründung „sehr deutlich gemacht, dass die Winzer die Vorgaben einhalten“.

Im Übrigen sei nicht bewiesen, dass der Rückgang des Mosel-Apollofalters mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ursächlich zusammenhänge. Diesen Aspekt unterstreicht auch Stefanie Vornhecke. Es gebe weitere positive Aspekt im Beschluss des Gerichtes, darunter zähle, dass „nicht nachweisbar ist, dass durch Fungizide Schädigungen erfolgt sind“. Im Übrigen werde der ökologische Nutzen des Weinbaus „hoch eingestuft“.

Der Mosel-Apollo, hier aufgenommen zwischen Klotten und Pommern, ist in seiner Existenz stark gefährdet.
Dr. Corinna Lehr. Corinna Lehr

Vornheckes Kollege Tom Henrichs aus Nehren formuliert prägnant, was einträte, falls der Pflanzenschutz wegfiele und die Habitate des Mosel-Apollo verbuschen würden. „Das wäre auch für den Falter fatal, und dann müsste sich die Deutsche Umwelthilfe den Vorwurf gefallen lassen, dass sie für den Tod des Mosel-Apollo verantwortlich ist.“

Beide Premiumlagen von Kilian Moritz befinden sich im Apollo-Fluggebiet, das besonders in den Fokus geraten ist. „Ich bin jetzt beruhigt, weil ich Planungssicherheit habe.“ Allerdings hat sich in den Apollo-Fluggebieten das Arsenal der Mittel, die eingesetzt werden dürfen, verringert. Es herrsche „eine ausgedünnte Mittelauswahl“, so Stefanie Vornhecke. Erschwerend hinzu komme, dass auch kein Schwefel eingesetzt werden dürfe.

„Wir wollen intensiv den Weg gehen und forcieren den Einsatz der Drohne.“
Winzer Martin Dötsch aus Kobern

Was kann die Drohne in der Steillage ausrichten? Derzeit läuft ein Testlauf für eine Drohnenspritzung über 18 Hektar in den Lagen von Kobern-Gondorf. „Wir wollen intensiv den Weg gehen und forcieren den Einsatz der Drohne“, sagt Winzer Martin Dötsch aus Kobern. Wie punktgenau das Spritzmittel ausgebracht werden könne, das sei entscheidend. Wichtig sei der Dialog der Winzer in alle Richtungen – auch zu den Schmetterlingskundler-Verein, der gemeinsam mit der DUH vor Gericht gezogen ist.

Mit deren Repräsentanten habe man sich dreieinhalb Stunden lang ausgetauscht, habe sich deren eigener Untersuchung zu Abdrift und Rückständen von Fungiziden angeschaut. „Unser Anliegen ist es genauso, den Apollofalter zu erhalten, denn er steht für ein ganzes Biotop hier“, sagt Dötsch nachdrücklich und bezieht dabei seine Winzerkollegen ein.

Drohnen sind viel flexibler

Er hält die Drohne für eine praktikable Alternative, zumal sie „viel effizienter“ sei. Und flexibler: Während ein Heli-Pilot strikt an seinen Einsatzplan gebunden sei, könne der Drohnenflug von den Terminen her kurzfristig stattfinden. Gerade, wenn sich die Witterungsbedingungen drastisch verändern.

In Kobern-Gondorf sei der Anfang des Drohnenexperimentes „hoffnungsvoll“ angelaufen. Allerdings sei es ein Irrglaube, dass die Drohne von heute auf morgen alles beackern könne. „Ein einfaches Umswitchen geht nicht, dafür sind die Flächen zu groß“, so Dötsch. Die Apollo-Fluggebiete machen rund 80 Hektar aus, wollte man die gesamte Mosel mit Drohnen befliegen, müssten wohl 200 Fluggeräte eingesetzt werden.

Kilian Franzen hat bei einem Pilotprojekt des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Mosel mitgewirkt. Er blickt optimistisch in die Zukunft in Bezug auf die jüngste einsetzbare Drohne: „Die Drohne T50 ist deutlich schlagkräftiger und weniger anfällig als das Vorläufermodell. Ich sehe es als große Herausforderung, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit es mit der Genehmigung zu Drohnenflügen funktioniert. Dieser Bereich muss praxisnäher gestaltet werden.“

Für die Winzer ist das Urteil von Koblenz nur eine Wegmarke. Im Juli oder August wird das Hauptsacheverfahren entschieden. „Wenn auch das Verfahren in der Hauptsache noch läuft, ist dieses Urteil ein wichtiger Schritt für den Steillagenweinbau an der Mosel, der Hoffnung macht“, betont Cochems VG-Bürgermeister Wolfgang Lambertz.

Backpulver soll für Wingerte verboten werden

Weiteres Ungemach für Mosel-Winzer: Backpulver soll nicht mehr zur Bekämpfung von Echtem Mehltau genutzt werden dürfen. Dies verbiete eine neue EU-Verordnung. Das bringt den SPD-Landtagsabgeordneten Benedikt Oster (Binningen) auf die Palme. „Backpulver im Weinbau soll verboten werden mit der fragwürdigen Begründung, dass ein Unternehmen aus Baden-Württemberg ein Pflanzenschutzmittel auf den Markt bringen will, das fast vollständig aus Backpulver besteht“, moniert Oster. Die Interessen eines einzelnen Unternehmens seien offenbar wichtiger als der Erhalt der jahrhundertealten Weinbautradition. Backpulver sei unbedenklich einzusetzen, einfach in der Handhabung und preiswert. Um das Verbot zu verhindern, hat er sich mit einem Brandbrief an die Europaabgeordnete Katarina Barley sowie die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland gewandt. Darin fordert er, das „widersinnige Verbot“ aufzuheben. „Wenn die Pläne der EU durchgesetzt werden, gibt es auf allen Seiten nur Verlierer.“ bro

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