Erklärtes Ziel dabei ist, das beim Bau und dem Betrieb von Energieprojekten – zum Beispiel Freiflächen-Fotovoltaikanlagen – erwirtschaftete Geld in die kommunalen Haushalte fließen zu lassen.
Auf die geplante Gründung wurde in jüngster Zeit mehrfach hingewiesen (die RZ berichtete). Bereits am Donnerstag wird der erste Verbandsgemeinderat über das Vorhaben entscheiden
Rechtliche Fallstricke sollen vermieden werden
Im April vergangenen Jahres hatte der Kreistag beschlossen, die Möglichkeiten zur Erzeugung und Nutzung alternativer Energien zu prüfen und sich mit den Verbandsgemeinden abzustimmen. Dieser Prozess scheint abgeschlossen. Es gab laut einem Beschlussvorschlag des Ulmener VG-Rates mehrere Besprechungen mit den hauptamtlichen Bürgermeistern sowie eine Infoveranstaltung im September vergangenen Jahres mit den Ortsbürgermeistern in Kaisersesch.
Beraten wurden Kreis und Verbandsgemeinden von Stefan Meiborg, dem stellvertretenden Geschäftsführer des Gemeinde und Städtebundes Rheinland-Pfalz. Damit sollten offenbar mögliche rechtliche Fallstricke vermieden werden. Denn vor allem private Unternehmen, die selbst entsprechende Anlagen bauen und betreiben wollen, dürften an den Plänen der Kommunen wenig Gefallen finden.
Bau von Fotovoltaikanlage behandelt
In der vergangenen Woche zeigte sich bei einer Gemeinderatssitzung in Lutzerath deutlich, dass auch die Interessen der Gemeinden durchaus gemeinsamen Projekten mit einer kreisweiten Energiegesellschaft entgegenstehen können. Die Diskussion um den möglichen Bau einer etwa 80 Hektar großen Fotovoltaikanlage, gemeinsam mit einem privaten Unternehmen aus Treis-Karden (die RZ berichtete), sowie die Ergebnisse einer bereits vorliegenden Potenzialflächenstudie wurden von der Verbandsgemeinde – mit Unterstützung der Lutzerather CDU-Fraktion – im nicht öffentlichen Teil der Sitzung behandelt.
Dies verleitete Ortsbürgermeister Günter Welter dazu, das Thema unter dem Punkt Mitteilungen nochmals zu erläutern. „Kein Quadratmeter ist bei uns ausgewiesen. Mir leuchtet nicht ein, warum nicht auch private Flächen genutzt werden sollten. Damit gibt sich Lutzerath nicht zufrieden“, sagte Welter mit Blick auf die intern bereits bekannte Potenzialflächenanalyse. Strittig scheint auch, wie viel Fläche insgesamt für die Energiegewinnung zur Verfügung gestellt werden sollte. „Mit 80 Hektar wäre unsere Gesamtfläche schon erschöpft“, sagte Bürgermeister Steimers. Günter Welter erwiderte, 220 Hektar Fläche seien „erarbeitet worden“.
Rein kommunale Gesellschaft angestrebt
Laut Kreisverwaltung müssen „die Energiewende vor Ort forciert, die lokalen Klimaschutzziele erreicht, die Interessen von Natur, Umwelt und Landwirtschaft hinreichend berücksichtigt und gleichzeitig die Abhängigkeit von Energieimporten gesenkt werden“. Auf das Wie gibt es laut den Bürgermeistern Albert Jung, Wolfgang Lambertz, Karl-Heinz Simon und Alfred Steimers sowie Landrat Manfred Schnur eine klare Antwort: „Nur gemeinsam kann es uns gelingen, eine koordinierte Entwicklung beim Ausbau von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien umzusetzen, die im Einklang mit Natur und Umwelt steht und dazu führt, dass vor Ort ein hohe regionale Wertschöpfung entsteht“. Man sieht die Gründung der Kreisenergiegesellschaft als Angebot für interessierte Gemeinden, um Projekte zu realisieren.
Bis Sommer soll der Gesellschaftervertrag ausgearbeitet und beschlossen werden, sodass im zweiten Halbjahr 2022 die Gründung der Gesellschaft erfolgen kann. Angestrebt wird eine rein kommunale Gesellschaft, an der alle vier Verbandsgemeinden und der Landkreis mit jeweils 20 Prozent beteiligt sind, heißt es. Grundlage für das Konstrukt waren entsprechende Vorbereitungen aus dem Jahr 2014. Damals wurde aufgrund fehlender Projekte keine Energiegesellschaft gegründet, heißt es.
Regional erzeugter Strom
Für jede geplante Anlage, so das Modell, muss eine Projektgesellschaft gegründet werden, deren Teilhaber dann die Kreisenergiegesellschaft (KEG), die Standortgemeinde sowie ein privater Dritter sein sollen. Auch Bürgergenossenschaften seien möglich. Wesentlicher Vorteil des angestrebten Ansatzes sei die deutlich erhöhte regionale Wertschöpfung gegenüber den vielfach praktizierten Pachtmodellen, heißt es in der Pressemitteilung. Bürgermeister Albert Steimers sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „In Büchel rechnet man mit einem jährlichen Gewinn von etwa 100.000 Euro auf zehn Hektar Fläche.“
Auch bei sehr guten Pachtzahlungen könne man bei gleicher Fläche nur etwa die Hälfte dieser Einnahmen generieren. In Büchel wird eine große Fotovoltaikanlage gebaut, aus deren Einnahmen die neue Schule des Ortes finanziert werden soll. Auch die Kreisverwaltung ist überzeugt: „Auch wenn externes Know-how eingekauft beziehungsweise in die noch zu gründenden Projektgesellschaften eingebunden wird, entsteht unter dem Strich eine wesentlich höhere kommunale Wertschöpfung als bei einem reinen Pachtmodell.“
Der regional erzeugte Strom soll auch vor Ort verbraucht werden. Zur Umsetzung könnte das im vergangenen Jahr in Betrieb genommene „Virtuelle Kraftwerk Cochem-Zell“ dienen, so die Verwaltung. „Die regionalen Anlagenbetreiber würden zusätzlich profitieren und im Ergebnis würde ein echter, regionaler Strommarkt entstehen“, heißt es aus dem Kreishaus.
Ob die Leitung der neuen Energiegesellschaft, wie zuletzt im Falle der Nahwärme, auch bei den Kreiswerken angesiedelt wird, müsse noch im Gründungsprozess geklärt werden. Das neue Konstrukt aus Kreis, Verbandsgemeinden und deren bereits gegründeten Energieagenturen sei wichtig, um Investitionen im Millionenbereich stemmen zu können. Die Investitionsvolumen würden voraussichtlich in vielen Fällen die finanzielle Leistungsfähigkeit von einzelnen Standortkommunen übersteigen, heißt es.