Von unserem Redaktionsleiter Thomas Brost
Eines steht fest: Ein Jahrhunderthochwasser wie das von 1993 lässt sich nicht verhindern. Es geht darum, das Durchschnittshochwasser fernzuhalten und, so Ortsbürgermeisterin Heidi Hennen-Servaty, einen Notfallplan und Flugblätter für den Ernstfall zu erarbeiten. Hennen-Servaty: „Wir leben an, mit und zum Teil in der Mosel.“ Dass das Thema emotional besetzt ist, machte der Abend überdeutlich: Manches Mal schwappten die Wogen hoch. Was kaum verwunderlich ist, zumal es 13 (!) Jahre gedauert hat, bis die Ergebnisse zweier Studien zum Hochwasserschutz in Ediger-Eller jetzt präsentiert wurden.
Die Frage nach dem technischen Hochwasserschutz – zum Beispiel durch Spundwände und Pumpen – sei vom Land 2003 negativ beschieden worden. Zu teuer in Relation zum Millionenwand, hieß es. Dagegen wehrte sich die Gemeinde – zwei neue Studien wurden mit den Annahmen des 2003er-Hochwasser in Auftrag gegeben.
Es könnte noch zwei Meter höher kommen als 10,73 Meter anno 1993
Vom Umweltministerium erläuterte Ralf Schernikau die Vorgehensweise. Zwar gebe es das Jahrhundertwasser, beispielsweise das mit einem Stand von 10,73 Meter in Cochem (1993), man müsse sich aber auf Extremhochwasser einstellen, deren Pegel noch zwei Meter höher sein könnten. Der Beamte zog als Beispiel die beiden Extremhochwässer an der Elbe (2002 und 2013) heran, um zu beweisen, dass diese Ereignisse rasch hintereinander auftreten können.
„Im Rahmen der Hochwasservorsorge dürfen wir nicht auf das nächste Hochwasser warten“, sagte er, zumal der Klimawandel die Lage verschärfe. Allerdings: Hochwasser sei ein „natürliches Ereignis, das es in Flusstälern immer gegeben hat.“ Der Mensch habe sich „seine Schäden selbst geschaffen“. Das erzeugte den Widerspruch. Zuhörer warfen dem Land und den Behörden vor, das Thema jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt zu haben.
Schernikau: Der technische Hochwasserschutz hat seine Grenzen
Der technische Hochwasserschutz habe seine Grenzen, er sei nicht die Lösung aller Probleme, sagte Schernikau. Auch Polder wirkten nur mäßig effektiv. Deswegen rücke ein Risikomanagement in den Fokus, durch das größere Schäden verhindert werden sollen. Jeder müsse sich darüber Gedanken machen. Erst wenn das Wohl der Allgemeinheit auf dem Spiel stehe, sei die öffentliche Hand mit im Boot.
Dass bei der Bauleitplanung in der Doppelgemeinde vor Jahren etwas schiefgelaufen ist, deuteten Redner im Publikum an. Schernikau sagte dazu: „Wer unten an der Mosel wohnt, darf keine Einliegerwohnung im Keller bauen.“ Ein Notfallkonzept müsse her, betonte auch Birgit Heinz-Fischer vom Büro IBH. „Da muss endlich mal irgendwas gemacht werden“, entgegnete eine Witwe. Ein anderer sagte, es sei in der Vergangenheit nicht politisch gewollt gewesen, „sieben bis zehn Millionen Euro“ in den Hochwasserschutz zu pumpen.
Arbeitsgruppe trifft sich am 5. April
Das ist in etwa die Summe, die ein Wiesbadener Ingenieurbüro errechnet hat, wenn eine Hochwasserwand und Pumpwerke errichtet würden. Allerdings gibt es Schwachpunkte in der Berechnung. So kritisierte Helmut Brück, dass die angedachten 2000 Quadratmeter mobile Wände logistisch und praktisch „nicht möglich sind“. Eine Spundwand sei zudem für eine unbrauchbare Linienführung berechnet. Einige brachten die bestehende Moselmauer als Teil des Hochwasserschutzes ins Gespräch.
Jetzt sollen in einer Arbeitsgruppe, die sich erstmals am 5. April trifft, ein Notfallkonzept und die Frage nach einer Hochwasserversicherung geklärt werden. Wenn es praktikable Einsparvorschläge gebe, sei das Land mit von der Partie, sagte Ministerialbeamter Schernikau. Bernhard Himmen resümierte: „Hochwasserschutz ist existenziell für unser Dorf.“
Gut, dass sich endlich was bewegt
Es ist ein Ereignis, das Ängste auslöst. Weil es existenzbedrohlich ist: Hochwasser. Gerade die Gemeinde Ediger-Eller steht ganz oben auf der Prioritätenliste von Landesbehörden, versichern Experten. Gleichwohl: Bislang hat sich wenig getan, hat sich die öffentliche Hand einen schlanken Fuß gemacht. Eines muss ihr angesichts des in der Doppelgemeinde flächendeckenden Ereignisses klar sein: Das kann keine Gemeinde allein finanziell stemmen. Deswegen ist es gut, dass jetzt ein Prozess angestoßen wird. Was jedoch skandalös ist: Mehr als zehn Jahre gehen ins Land, ehe über die Ergebnisse von Studien öffentlich gesprochen wird. In dieser Zeit hätten ja schon zwei Extremhochwässer Ediger-Eller verwüsten können.
E-Mail: Thomas.Brost@rhein-zeitung.net