Vorstellung in Cochem
Gutachten: Notfallversorgung in Cochem-Zell gesichert
Aus dem Klinikum Mittelmosel in Zell wird ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).
David Ditzer

Krankenhaus zu, Versorgung besser? Ein neues Gutachten verspricht stabile medizinische Betreuung trotz Klinikschließung in Zell – doch im Kreistag regt sich Skepsis. Können Ambulanz und Konzept wirklich halten, was sie versprechen?

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Auch nach Schließung des Krankenhauses Zell kann eine medizinische Versorgung der Cochem-Zeller Bevölkerung, auch bei schweren Fällen, weiterhin sichergestellt werden. Und zwei Krankenhausstandorte im Kreis sind auf absehbare Zeit nicht tragfähig. Dies sind die beiden Kernaussagen des „Medizinischen Versorgungskonzeptes Cochem-Zell“, das aufgrund eines Bürgerentscheids vom Kreis in Auftrag gegeben wurde und dessen erste Ergebnisse das Essener „Institute for Health Care Business“ (hcb) im Kreistag nun vorgestellte.

„Wir haben hier zwei Krankenhäuser mit einer geringen Fallzahl und einer niedrigen Bettenauslastung von rund 50 Prozent, die unter dem bundesweiten Schnitt von 70 Prozent liegt. Beide Häuser sind vergleichsweise klein und beide wiesen 2023 ein Defizit von drei Millionen Euro aus, mit steigender Tendenz“, unterstrich Professor Dr. Boris Augurzky. Dabei würden sich alle Krankenhäuser mehreren Herausforderungen stellen müssen: Die Medizin würde ambulanter, es fehle an medizinischem und pflegerischem Nachwuchs, die Krankenkassen würden Defizite aufweisen und die Krankenhausreform des Bundes setze auf Zentralisierung und Schwerpunktbildung. „Dazu kommt die demografische Entwicklung, die gerade den ländlichen Raum betrifft“, macht Augurzky deutlich.

hcb-Mitarbeiterin: Neukonzeption kann die Gesamtlage verbessern

„Angesichts dieser Trends ist die Entscheidung zur Umwandlung eines der beiden Krankenhausstandorte im Kreis in ein ambulantes Gesundheitszentrum nachvollziehbar“, betonte daher Claudia Rösen vom „Institute of Health Care Business“. Und das dieses Konzept auch sinnvoll und Erfolg versprechend sei, würden die Zahlen belegen, meinte sie. Durch die Neukonzeption mit einer stationären Behandlung in Cochem und einer ambulanten Versorgung in Zell würde sich die Situation insgesamt sogar verbessern, war Claudia Rösen überzeugt.

So gebe es in den umliegenden Krankenhäusern, also in erster Linie Bernkastel, Wittlich, Simmern und Cochem, aber auch in Mayen und Daun, genügend Bettenkapazitäten, sodass hier die bisherigen stationären Patienten aus Zell versorgt werden könnten, gab Claudia Rösen zu bedenken. Daneben könne ein Teil der bisher in Zell und Cochem versorgten stationären Patienten künftig ambulant in Zell versorgt werden. „Dazu kommt, dass der Standort Cochem schon heute breiter aufgestellt ist. Durch die neue Konzeption könnte Cochem zudem weiter gestärkt werden“, ist Claudia Rösen überzeugt.

Das Marienkrankenhaus in Cochem wird künftig das einzige Krankenhaus im Kreis Cochem-Zell sein.
Kevin Rühle/Archiv

Kritische Nachfragen aus dem Kreistag und Skepsis bei der Bürgerinitiative

Auch eine Notfallversorgung ist aus ihrer Sicht sichergestellt. „Leichte Fälle könnten ambulant in Zell versorgt werden, die Versorgung schwerer Notfälle wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte ist an anderen Standorten qualitativ hochwertig und in medizinisch ausreichender Zeit weiter möglich“, unterstrich sie im Kreistag.

Klare Aussagen also von den Gutachtern. Dennoch gab es, nicht nur von den im Kreistag anwesenden Mitgliedern der Bürgerinitiative, die den Bürgerentscheid eingebracht hatten, Skepsis an den Aussagen. Auch aus den Reihen des Kreistags wurden viele Punkte hinterfragt, so beispielsweise die Aussage des Gutachtens, dass sich die Patientenströme nun auch nach Cochem richten und den dortigen Standort aufwerten würden, oder inwieweit das alles auch so umgesetzt werden könne, wie in der Neukonzeption angedacht werde, da derzeit die Öffnungszeiten des künftigen ambulanten Zentrums in Zell deutlich kürzer seien als ursprünglich vorgesehen. Und auch der zusätzliche Rettungswagen könne derzeit mangels Personals noch nicht zum Einsatz kommen.

Landrätin Beilstein will auf Stationierung eines Hubschraubers in Wittlich drängen

Die Gutachter zeigten sich aber dennoch davon überzeugt, dass mit der neuen Konzeption die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Kreis weiter sichergestellt werden könne und auch, dass der Standort Cochem durch diese Veränderungen gestärkt würde.

Auch Landrätin Anke Beilstein (CDU) fühlte sich bestätigt. „Wir hatten in den vergangenen Monaten eine sehr intensive Debatte über die Zukunft der medizinischen Versorgung im Kreis nach der Entscheidung des Trägers, Zell zu schließen“, betonte sie. Man habe als Kreis alles versucht, um das Unvorstellbare zu verhindern, aber sie sei froh, dass das Gutachten zeige, dass eine medizinische Versorgung sichergestellt sei und es ein ambulantes Angebot in Zell geben würde. „Ich werde auch beim Innenministerium nochmals auf eine Stationierung eines Hubschraubers in Wittlich drängen“, kündigte sie an.

„Ich hätte mir ein gemeinsames Vorgehen von Kreis und Bürgerinitiative gewünscht, stattdessen gab es persönliche Angriffe gegen die politisch Verantwortlichen, in den sozialen Medien fand sich oft nur noch blanker Hass und Hetze. Das empfand ich als widerlich und abstoßend.“
Anke Beilstein (CDU), Landrätin des Kreises Cochem-Zell

Scharfe Kritik äußerte sie in einer persönlichen Erklärung am Verhalten von Mitgliedern der Bürgerinitiative. „Während der Kreis hier immer transparent war, habe ich dies bei der BI öfter vermisst. Ich hätte mir ein gemeinsames Vorgehen von Kreis und Bürgerinitiative gewünscht, stattdessen gab es persönliche Angriffe gegen die politisch Verantwortlichen, in den sozialen Medien fand sich oft nur noch blanker Hass und Hetze. Das empfand ich als widerlich und abstoßend“, meinte die Landrätin im Kreistag. Doch eine Strategie, die auf Angst und Hetze fuße, könne nicht erfolgreich sein, machte sie deutlich. Hier zeige sich auch der Widerspruch von Narrativen und der Realität, so die Landrätin.

Der Kreis habe sich den Herausforderungen gestellt, das Gutachten zeige, dass die jetzige Lösung durchaus sinnvoll sei, betonte Anke Beilstein. Sie verwies darauf, dass die im Bürgerentscheid angemahnte Zwischenfinanzierung der Krankenhäuser auch unter kommunaler Beteiligung von den beiden Trägern in Cochem und Zell abgelehnt wurde. „Der Kreis kann keinen bundesweiten Trend und auch keine gewollte Entwicklung stoppen. Aber wir wollen alles unternehmen für eine bestmögliche Versorgung der Bevölkerung“, so Landrätin Beilstein.

Im September vergangenen Jahres gaben die Verantwortlichen bei einer Kreistagssitzung in Zell bekannt, dass das Krankenhaus auf dem Barl schließen wird.
Birgit Pielen/Archiv

Gutachten soll im August vollständig fertig sein

Das endgültige Gutachten soll dem Kreis im August vorgelegt werden, kündigte Professor Dr. Boris Augurzky an. Ob damit aber ein Ende der Debatte um die Schließung des Krankenhauses Zell auch gekommen ist, ist offen. Vertreterinnen und Vertreter der BI kündigten bereits an, einige Angaben und Ergebnisse des Gutachtens überprüfen zu wollen.

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