Bereits beim Versuch, die Leiterin der Kita St. Martin in Cochem-Sehl ans Telefon zu bekommen, wird das derzeitige Problem erkennbar: Barbara Bauer muss selbst ständig für ihr Personal einspringen, es braucht mehrere Anläufe, bis sie Zeit findet, mit unserer Zeitung zu sprechen. Sie kommentiert: „Das beantwortet die Frage nach der derzeitigen Situation wahrscheinlich schon.“
Seit fast drei Jahren beschäftigen sich Kitas ebenso wie alle anderen Institutionen mit dem Thema Covid-19. Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen gibt es en masse, Krankheiten wie Influenza und nicht zuletzt auch das RS-Virus schlagen aber insbesondere in den Wintermonaten dennoch zu, sowohl bei Kindern als auch Erzieherinnen und Erziehern. Es ist kein Geheimnis, dass viele Kitas ohnehin an Personalnot leiden – wenn dann allerdings auch noch krankheitsbedingt eine große Zahl an Erzieherinnen und Erziehern ausfällt, stehen die Einrichtungen vor einem großen Problem.
In der vergangenen Woche gab es keinen Tag, an dem nicht mindestens eine dieser Einrichtungen ihre Öffnungszeiten reduzieren musste.
Johanna Müser, Pressesprecherin der 20 Kitas der Katholischen Kita gGmbH Trier in Cochem-Zell
So geht es den 20 Kitas, die die katholische Kita gGmbH Trier im Kreis Cochem-Zell betreibt. Pressesprecherin Johanna Müser erzählt: „In der vergangenen Woche gab es keinen Tag, an dem nicht mindestens eine dieser Einrichtungen ihre Öffnungszeiten reduzieren musste. Insbesondere, aber nicht ausschließlich kleinere Einrichtungen waren hiervon betroffen.“ Eine von ihnen ist die Kita St. Martin in Cochem-Sehl: Hier müssen am heutigen Donnerstag die Türen bereits um 13 Uhr schließen. Eine Entscheidung, die Leiterin Barbara Bauer schweren Herzens treffen musste: „Eines ist ganz klar: Keine der Kita-Leitungen reduziert die Öffnungszeiten leichtfertig, sondern erst dann, wenn es wirklich nicht mehr anders geht.
Uns ist wichtig, dass wir weiterhin gute und kompetente Arbeit leisten und die Aufsichtspflicht gewährleisten können.“ Sie betont, dass verkürzte Öffnungszeiten einen Dominoeffekt erzeugen: Wenn die Kitas weniger lange geöffnet haben, müssen Eltern schauen, wer ihre Kinder betreuen kann, können vielleicht selbst nicht mehr zur Arbeit. In ihrer Kita versucht Barbara Bauer darum alles, dass es nicht dazu kommen muss.
Derzeit zahlreiche Krankstände: Diese Maßnahmen greifen vor eingeschränkten Öffnungszeiten
Mit neun pädagogischen Fachkräften, von welchen derzeit drei krank sind, und einer Teilzeitkraft, die im wohlverdienten Urlaub ist, ist das jedoch schwierig zu bewältigen. Ihre Teilzeitkraft aus dem Urlaub zurückzuholen, kommt für sie nicht infrage: „Auch uns stehen Urlaube und Pausen zu, auch wenn unser Bild in der Öffentlichkeit oft noch in Richtung ‚Spieltanten‘ geht. Wir sind mehr als das.“
Statt gleich die Kita früher zu schließen, greift Barbara Bauer – ebenso wie viele andere Kita-Leitungen – gemäß Maßnahmenplan immer erst zu anderen Methoden: So wird überlegt, ob Gruppen zusammengelegt werden können oder wie die pädagogischen Fachkräfte eingesetzt werden, denn auch zu Randzeiten am frühen Morgen oder späten Nachmittag müssen mindestens zwei von ihnen anwesend sein: „Wenn eine Erzieherin beispielsweise mit einer Auszubildenden oder Praktikanten hier wär, dürften wir nicht öffnen – so steht es im neuen Kita-Gesetz, das uns in Zeiten von Grippewelle und Personalnot die Arbeit ebenfalls erschwert.“
Spezielle Projekte, in etwa die Eröffnung des mit den Kindern gestalteten Adventsfensters oder eine geplante Waldwoche mussten abgesagt werden. Differenzierter sei es in den St.-Martin-Einrichtungen in Kaisersesch, Ulmen und Düngenheim, so der Direktor Markus Wagener: In der integrativen Kita in Düngenheim seien keine Auffälligkeiten, in der Kita Arche Noah im gleichen Ort hingegen gäbe es nachgewiesene Influenza-A-Fälle, sowohl bei Kindern als auch beim Personal.
Kleinere Kitas sind eher betroffen
„Das Problem sehe ich eher in kleineren Einrichtungen: Wenn in größeren Kitas, wie in Kaisersesch und Ulmen, viele Kinder fehlen, es aber einen guten Personalstamm gibt, dann kann das durch das vorhandene Personal aufgefangen werden, es gleicht sich aus“, so Wagener.
In kleineren Kitas, wie in Düngenheim, musste zwischenzeitlich die Nachmittagsbetreuung ausfallen. Das jedoch auch nicht einfach so, erklärt der Direktor: „Wir versuchen immer, mit den Eltern zu sprechen. Wenn es nicht anders geht, verteilen wir einzelne Kinder notfalls auch auf andere Gruppen.“ Ähnlich wie in Cochem-Sehl mussten in der Kita St. Matthias Ulmen bestimmte Projekte ausfallen. Hier geht das dafür geplante Personal dann in die Regelbetreuung: „Aber das ist dann eine Luxusdiskussion, wenn man sieht, dass anderswo die Öffnungszeiten reduziert werden müssen“, sagt Wagener.
Die derzeitigen Schließungen und Verkürzungen der Öffnungszeiten in vielen Kitas sind ein akutes Symptom eines Übels, das sich schon lange angekündigt hat.
Johanna Müser von der Katholischen Kita gGmbH Trier
Doch auch, wenn sich temporär geholfen werden kann, eine Lösung für das langfristige Problem sind diese Maßnahmen nicht. Johanna Müser von der Katholischen Kita gGmbH Trier erklärt: „Die derzeitigen Schließungen und Verkürzungen der Öffnungszeiten in vielen Kitas sind ein akutes Symptom eines Übels, das sich schon lange angekündigt hat. Der bereits seit Längerem bestehende Fachkräftemangel wird saisonal durch den erhöhten Krankenstand nur verschärft und dies bekommt die gesamte Branche – auch aufgrund des demografischen Wandels – jedes Jahr stärker zu spüren.“
Dass nahezu jede Branche von Fachkräftemangel und von der derzeitigen Grippewelle betroffen ist, ist nicht zu leugnen, doch Kitas haben bereits seit Längerem mit neuen Regelungen zu kämpfen. Müser: „Das Fachpersonal in den Kitas ist erschöpft – und das im doppelten Wortsinne: Während in den vergangenen Jahren durch die Corona-Pandemie und das neue Kita-Gesetz in Rheinland-Pfalz weitere Herausforderungen an die Kita-Mitarbeitenden herangetragen wurden, erschwert der branchenweite Fachkräftemangel die Gewinnung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dabei Entlastung schaffen könnten.“
Maßnahmenplan: Daran orientieren sich die Kitas
Kitas müssen sich in Fällen wie der derzeitig prekären Situation an einen sogenannten Maßnahmenplan halten. Johanna Müser von der Katholischen Kita gGmbH Trier erklärt: „Dieser muss nach Auflage des Landes Rheinland-Pfalz für jede Einrichtung individuell erarbeitet werden, um eine sichere Betreuung der Kinder bei Personalengpässen zu gewährleisten. Kürzungen der Öffnungszeiten oder gar kurzzeitige Schließungen der Einrichtungen werden dabei erst umgesetzt, wenn weniger einschneidende Maßnahmen nicht mehr greifen.
Der Elternausschuss ist bei solchen Notwendigkeiten immer eingebunden. Vorher angewendete Maßnahmen beinhalten unter anderem das Absagen von ursprünglich geplanten, personalaufwendigen Aktivitäten, Dienstplanverschiebungen, oder Terminverschiebungen bei der Eingewöhnung neuer Kita-Kinder.“ wih