Hohe Sachschäden in Moselkern, aber niemand verletzt - Nach Unwettern rollt hohe Flutwelle auch durch das Moseltal
Elztal: Bach flutet Häuser über Nacht
Die Feuerwehr durchquert die Wassermassen der Elz in Moselkern am Donnerstagmittag.
Kevin Rühle

Cochem-Zell. 40 Keller und 10 Häuser werden von den Fluten der Elz in der Nacht zum Donnerstag getroffen, zudem das Hotel Ringelsteiner Mühle und große Unternehmen. Der Pegel steigt auf bis zu 2,5 Meter, etwa zwei Meter höher als am Vortag. Was sich vergleichsweise harmlos anhört, ist für die Anwohner eine Katastrophe. Sie können ihre Häuser in Moselkern nicht mehr verlassen, auch die Gäste des Hotels sitzen fest. „Zum Glück ist niemand zu Schaden gekommen“, sagt Ortschef Peter Mayer. Doch der Schaden ist massiv, das zeichnet sich schon am Donnerstag ab.

Selbst mit den geländegängigen Fahrzeugen von Feuerwehr und THW schaffen es die Einsatzkräfte lange nicht, das benötigte Material an den Einsatzort zu bringen. Zu hoch steht die Elz auf der Straße. „Das ist alles sehr riskant“, beschreibt Mayer die Situation. Doch die Feuerwehrleute arbeiten sich vor, erreichen den Einsatzort über einen Waldweg, haben Kontakt zu den eingeschlossenen Menschen. „Die Leute im Hotel sind sicher untergebracht und sitzen im Trockenen, da ist die Versorgung gewährleistet. Wir hatten mit allen Anwohnern Kontakt“, sagt Jörg Hirschen, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Cochem. Am Bahnhof wird ein Einsatzzentrum eingerichtet, Luftbilder zeigen das Ausmaß der Situation. Währenddessen steigt auch der Moselpegel, die Bundesstraße ist bereits am Donnerstagmittag überflutet, die Ortsdurchfahrt wird ebenfalls gesperrt, damit die Einsatzkräfte freie Fahrt haben und sich Campinggäste retten können.

„Wir kennen Hochwasser an der Elz, aber nicht in der Geschwindigkeit und mit der Dynamik“, erklärt Bürgermeister Peter Mayer. Es sei sogar eine Brücke abgerissen worden. Von einem Baubetrieb liegen Betonrohre im Elztal verteilt, „da kommt auf die Kameraden eine riesengroße Aufräumarbeit zu“. Der Schaden für die ansässigen Unternehmen sei enorm. Das Hotel im Tal wurde noch frühzeitig so mit Sandsäcken gesichert, dass weitaus größere Schäden verhindert werden konnten, heißt es. „Wir haben Glück, dass wir den Pegel Elztal haben, sodass wir den Einsatz vorbereiten konnten“, sagt Mayer. Trotzdem sei man von der Gewalt des Wassers überrascht worden.

Auch in Bad Bertrich tritt in der Nacht zum Donnerstag ein Gewässer über die Ufer, ab 4 Uhr morgens überflutet die Üß den Parkplatz Ost des Kurortes. „Ein paar Keller sind vollgelaufen und die Feuerwehr hat am Morgen mit dem Auspumpen begonnen“, berichtet Ortschef Christian Arnold. Der Üßbach zieht sich schnell wieder zurück, „wir wurden zum Glück verschont“, sagt Arnold.

Bereits am Mittwochmorgen entschließt sich Bernd Schuwerack, Geschäftsführer des Freizeitzentrums in Cochem, den Campingplatz am Conder Moselufer zu räumen. „Bei einem Pegel von 8 Metern ist der ganze Platz unter Wasser“, erklärt der Cochemer. Die Camper seien zumeist mit der Entscheidung einverstanden gewesen, Dauercamper konnten sich einen sicheren Platz auf den Parkplätzen des Moselbades sichern. „Strom und Wasser sind da, unsere Gäste können im Schwimmbad duschen und die Toiletten benutzen“, erklärt Schuwerack. Die Mitarbeiter des Freizeitzentrums halfen auch beim Abbau. „Wir haben die halbe Nacht gearbeitet, an solchen Tagen freue ich mich, wie hier alle an einem Strang ziehen. Das macht mich stolz“, sagt Schuwerack.

In Cochem selbst ist am Donnerstagmorgen hektisches Treiben in den gefährdeten Bereichen. Unternehmer räumen ihre Geschäfte, Soldaten des Fliegerhorsts helfen beim Abbau der Coronateststation auf dem Endertplatz. „Das hat keine Stunde gedauert, bis die Jungs hier waren“, freut sich Stadtbürgermeister Walter Schmitz. Doch im Gegensatz zum Winterhochwasser ist die Stadt voll mit Touristen, es entsteht Stau, die Arbeiten gehen nur langsam voran. Bei dem Gedränge dauert es lange, bis die Mitarbeiter der Stadt mit dem Aufbau der Stege beginnen können. Auch hier helfen die Soldaten tatkräftig mit. In der Nacht bereitet die Endert den Verantwortlichen der Stadt Kopfschmerzen. Diese droht die Landesstraße zu überfluten, ein Höchststand für das Gewässer.

Am Donnerstagvormittag gegen 10.45 Uhr sagt die Alfer Ortsbürgermeisterin Miriam Giardini-Molzahn: „Wir sind gerade dabei, die Hochwassermauer zu schließen.“ Ein mobiler Teil des Hochwasserschutzes verläuft dort, am Zusammenfluss von Alfbach und Mosel, diagonal über die Bundesstraße. „Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor, hoffen aber noch, dass es nicht ganz so schlimm kommt.“ Wobei die Wasserstandsmeldungen aus dem Raum Trier nichts Gutes erahnen lassen. Schon wenig später sind der Kreisel und die Bundesstraße in Alf dann auch komplett gesperrt, berichtet Markus Hensler, Wehrleiter der VG Zell. Zudem treffe man in Zell Vorbereitungen, weil stark davon auszugehen sei, dass die Hochwasserschutzwand den Wassermassen der Mosel dort nicht standhalte und die Altstadt überflutet werde. „In Briedel erhöhen wir den Hochwasserschutz noch mit Sandsäcken, weil es dort vermutlich nur um einige Zentimeter gehen wird.“ Die Fähre im benachbarten Pünderich sichere man mit zusätzlichen Seilen. „Ansonsten müssen wir abwarten, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Hensler.

Am Zeller Moselufer habe man zwei dort geparkte Autos, eines mit Berliner und eines mit Aachener Kennzeichen, mithilfe eines Abschleppdienstes aus dem Gelände geholt, weil die Halter nicht aufzufinden gewesen seien.

Vor allem in Nachbarkreisen haben kleinere Bäche, die über die Ufer getreten sind, massive Probleme bereitet. Was das angehe, habe man im Zeller Land bis dahin noch Glück gehabt, sagt Wehrleiter Hensler. Es habe nur kleinere, bei solchen Wetterlagen übliche Störungen gegeben, etwa umgestürzte Bäume auf Straßen.

Kurz nach 16 Uhr hält der Zeller Stadtbürgermeister Hans-Peter Döpgen fest, die Altstadt sie weitestgehend geräumt. Noch stehe die Mosel zwar circa 30 Zentimeter unterhalb der Hochwasserschutzwand. „Wir rechnen aber damit, dass sie zwischen 17 und 18 Uhr, spätestens aber bis 19 Uhr überläuft und wir die Pumpen abstellen müssen.“ Dann bliebe die Mosel wahrscheinlich für eine überschaubare Zeit in der Stadt und ziehe sich nur peu à peu wieder in ihr Bett zurück. Das wird auch der Startschuss für die ersten Reinigungsarbeiten sein. Der Zeller Stadtchef sagt: „Klar, das ist alles ärgerlich und belastend für die Leute, aber wenn ich sehe, was im nördlichen Rheinland-Pfalz oder auch in Nordrhein-Westfalen los ist, ...“ Döpgen hält kurz inne. „Wir an der Mosel wissen dank der Vorwarnungen für gewöhnlich, was kommt und wann es kommt – und wir können uns darauf einrichten, sind die Räumarbeiten gewohnt. Aber ein ganzes Haus oder einen geliebten Menschen zu verlieren, wie etwa im Kreis Ahrweiler, das lässt sich damit überhaupt nicht vergleichen.“

Zum Glück ist Hilfsbereitschaft der Rheinland-Pfälzer untereinander groß. Schon in der Nacht zu Donnerstag rückten Einsatzkräfte aus der VG Cochem gen Ahrweiler aus, um dort zu helfen, teilt Bürgermeister Wolfgang Lambertz bei Facebook mit. „Ihre Schilderungen von den unvorstellbaren Dingen, die sie dabei erlebt haben, machen mich sehr betroffen.“ Auch Feuerwehren aus der VG Kaisersesch helfen in Ahrweiler – und in Mayen, wo die Nette verheerende Schäden angerichtet hat. Die Feuerwehreinsatzzentrale in Cochem ist VG-Chef Lambertz zufolge seit Mittwoch rund um die Uhr besetzt, um die Leitstelle in Koblenz zu entlasten.

Entlastung, tatkräftige Hilfe, darauf wird es auch in den nächsten Tag noch ankommen. So viel ist sicher. Noch am Donnerstagabend teilt Cochems VG-Chef Lambertz der RZ eine weitere positive Nachricht mit: Der Pegel der Elz ist so weit gesunken, dass das Hotel Ringelsteiner Mühle wieder mit Fahrzeugen erreichbar ist.

Von unseren Redakteuren Kevin Rühle und David Ditzer

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