Bildung Für Klottener Grundschule besteht wenig Hoffnung
Eine Schule mit nur sieben Schülern
Vielleicht sind dies die letzten Kinder, die die Grundschule in Klotten besuchen. Tina, Elena, Leeni, Amelie, Luca, Finn und Marvin genießen die Vorzüge einer Dorfschule – müssen aber auch mit den Nachteilen leben. Die Lehrerinnen Lilli Maul und Marion Röser bezweifeln, dass ein weiterer Jahrgang folgt. Foto: Rühle
Kevin Rühle

Klotten. Finn und Luca sitzen nebeneinander in einer Schulbank und lesen abwechselnd Aufgaben von Leselosen vor. „Male ein Tier an die Tafel“, steht auf einem der Zettel. Luca entscheidet sich für eine Ente, die ist schnell gemalt. Den beiden gegenüber sitzt ihre Lehrerin Lilli Maul. Sie korrigiert die Aussprache neuer Wörter, erklärt, wie Flieder riecht, und zeigt auf die Schnelle, wie das große A aussehen sollte. Außer den zwei Erstklässlern und ihrer Lehrerin ist niemand in dem Klassenraum. Willkommen in der Grundschule Klotten.

Sieben Kinder besuchen die Alois-Thomas-Schule in der Moselgemeinde. Keine Schule in Rheinland-Pfalz ist kleiner. In den vergangenen Wochen sind die Schüler zu wahren Medienprofis geworden. Egal ob Fernsehen, Radio oder Zeitungen, alle wollen über die Minischule an der Mosel berichten. Dabei hat sich die Situation in Klotten kaum verändert, schon seit Jahren schicken die meisten Klottener Eltern ihre Kinder auf die Ganztagsschule in Cochem. Doch nun scheint das Ende der Fahnenstange erreicht zu sein. „Wir rechnen damit, dass die Schule zum Ende des Schuljahres geschlossen wird“, sagt Carmen Donhauser, Schulleiterin der Grundschulen Cochem und Klotten.

Diese Erkenntnis schmeckt nicht jedem. Ortschef Dieter Lürtzener stemmt sich gegen eine Schließung. „Wir wollen den Standort Klotten auf jeden Fall erhalten, aber ich sehe auch das Problem“, sagt Lürtzener. Die Eltern, die sich bewusst für die kleine Schule entschieden haben, sehen für ihre Kinder viele Vorteile. „Die Eltern sind begeistert. Es ist ja fast ein Einzelunterricht, zudem können die Kinder selbstständig zur Schule gehen“, sagt Klassenlehrerin Lilli Maul. Die Selbstständigkeit der Kinder und das Lerntempo seien tatsächliche Vorteile, erklärt die 28-Jährige aus Moritzheim. Doch die heimelige Welt der kleinen Dorfschule bringt nicht nur Vorteile mit sich.

Im zweiten Klassenzimmer der Klottener Grundschule hat Marion Röser gerade ein Diktat vorgelesen, genauer: zwei Diktate. Sie unterrichtet fünf Stunden in der Woche in Klotten, die restliche Zeit arbeitet sie in der Cochemer Grundschule. Damit die Schüler lernen, wirklich jedes Wort einzeln zu lesen, wird das Diktat rückwärts kontrolliert. Die Viertklässler warten, bis der Text der Drittklässler durch ist – und umgekehrt. Fragt man die Lehrer der Cochemer Grundschule, gibt es keine Zukunft für die Minischule. Zwar würden ihre sieben Schüler gut aufeinander achten, das soziale Miteinander sei mit so wenigen Klassenkameraden aber schwierig. Da hat man bei der Wahl der Freunde kaum Optionen. Gruppenarbeiten sind nicht möglich, und auch der Sportunterricht ist nur eingeschränkt zu realisieren, erklären Maul und Donhauser unisono. Der Schwimmunterricht fällt aus, an Wettbewerben nimmt die Schule nicht teil. „Die Kinder können sich kaum messen“, erklärt die Schulleiterin.

Auch für die Klassenlehrerin ist die Stelle in Klotten eine Umstellung: „Den Unterricht für drei Klassenstufen gleichzeitig vorzubereiten, ist eine Herausforderung“, sagt Lilli Maul. Aus Sicht von Carmen Donhauser fehlt in dieser Situation auch der ständige Austausch mit Kollegen. Dieser sei wichtig für Arbeitsteilung und neue Ideen.

Im kommenden Schuljahr werden voraussichtlich nur noch vier oder fünf Kinder in Klotten unterrichtet, obwohl es dem Kindergarten der Moselgemeinde nicht an Zulauf mangelt. 30 Kinder aus Klotten besuchen derzeit die Ganztagsschule in Cochem, das Votum der Eltern scheint also eindeutig zu sein. „Seit Cochem Ganztagsschule ist, sind immer mehr Schüler abgewandert“, sagt Donhauser.

Im Lehrerzimmer der Cochemer Schule diskutiert derweil das Kollegium über die Entwicklung der vergangenen Tage. Die Lehrerinnen scheinen erleichtert zu sein, dass die Diskussion um die Minischule in Klotten bald ein Ende hat. Die Lehrerin Anne Weyand kennt die Schule noch aus besseren Zeiten. Als sie dort 1984 als Lehrerin begann, besuchten noch 60 Kinder in vier Klassen die Schule. „Es ist eines der schönsten Schulgebäude der Gegend, der Förderverein ist sehr großzügig, und die Gemeinde kümmert sich“, sagt Weyand. Aber ohne Kinder habe es keinen Sinn. Schon vor acht Jahren wechselte sie nach Cochem. Denn schon damals sei eine normale Arbeit als Lehrerin mit so wenigen Schülern kaum noch möglich gewesen.

Von unserem Redakteur Kevin Rühle

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