Der Elfjährige wurde in seiner Altersklasse Weltmeister - Bald ist er mit einem getunten Rutschauto noch schneller unterwegs
Ein Weltmeister aus Zell: Julian ist der Schnellste auf dem Bobby-Car
Schneller als alle anderen: Julian Uhrmacher aus Zell mit seinen Bobby-Cars und dem Weltmeisterpokal. Foto: Winfried Simon
Winfried Simon

Wer kennt sie nicht, die kleinen roten Rutschautos namens Bobby-Car? Bereits Zweijährige machen auf den Mini-Spielautos ihre ersten Fahrversuche. Vier Räder, ein Lenker und die Schuhe zum Bremsen – und schon geht es auf die Piste im heimischen Hof oder auf der leicht abschüssigen Seitenstraße.

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Wie es scheint, gibt es offenbar keine Altersbegrenzung für das Vergnügen, auf einem rollenden Spielzeug einen steilen Hang hinab zu rasen. Das gilt ganz besonders für Julian Uhrmacher aus Zell. Der Elfjährige hat das Fahren mit dem Bobby-Car so weit perfektioniert, dass er sich nun in seiner Altersklasse Weltmeister nennen darf.

Am Samstag erhielt er im hessischen Fischbachtal bei Darmstadt den Weltmeisterpokal. Vorausgegangen waren drei Rennen – in Kaufungen (Hessen), wo er als Sieger hessischer Meister wurde, in Göppingen, wo er ebenfalls als Sieger schwäbischer Meister wurde und schließlich in Großerlach, wo er den vierten Platz erzielte. Mit 270 Punkten wurde er Weltmeister und führt die Weltrangliste in seiner Altersklasse an. 2019 war er bereits Vizeweltmeister, dann stellte der Bobby-Car-Sportverband wegen Corona zwei Jahre lang die Rennserie ein.

„Wir haben auf einem steilen Asphaltweg im Weinberg mal gemessen. So 65 bis 70 Stundenkilometer werden es wohl gewesen sein.“

Julian Uhrmacher über das rasante Tempo, das er mit seinem Gefährt erreicht.

Warum ist er schneller als die anderen? So richtig weiß er es selbst nicht. „Vielleicht, weil ich etwas kräftiger gebaut bin. Masse zieht“, sagt er lachend. Und wie schnell kann er mit dem kleinen Rutschauto den Berg hinunter rasen? Julian Uhrmacher: „Wir haben auf einem steilen Asphaltweg im Weinberg mal gemessen. So 65 bis 70 Stundenkilometer werden es wohl gewesen sein.“

Mit 12 Jahren wechselt Julian in eine neue Klasse

Noch fährt er in der Kinderklasse. Als demnächst Zwölfjähriger steigt er aber in die Jugendklasse auf. Und dann ändert sich einiges. In der Kinderklasse dürfen an den Original-Bobby-Cars mit ihren Plastikreifen so gut wie keine Veränderungen vorgenommen werden, nur die Achse wird aus Sicherheitsgründen mit einer Schraube befestigt. Ab der Jugendklasse werden die kleinen Flitzer getunt. Die Plastikkarosserie darf nicht verändert werden, aber Lenkung und Achsen müssen, aufgrund der hohen Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern, modifiziert werden. Für die nötige Gewichtserhöhung wird neben vielen Metallbauteilen die Karosserie zumeist mit Beton ausgegossen. Ein solches Bobby-Car wird auch als Downhill- oder Renn-Bobby-Car bezeichnet. Wenn Julian in die Jugendklasse aufsteigt – und das will er unbedingt – wird der Sport auch etwas teurer. Denn ein fertig getuntes Bobby-Car kostet im Einkauf bis zu 3500 Euro, weiß sein Vater Christian.

Angefangen hat alles vor neun Jahren, als Julian wie so viele andere Kinder ein Bobby-Car als Geschenk erhielt. 2016, Julian war fünf Jahre alt, fand in Zell erstmals ein Bobby-Car-Fun-Rennen für Kinder statt. Von Cuxborn ging es die Marktstraße auf kurzer Strecke hinab bis zum Rathaus. Julian hatte aber wohl damals schon instinktiv begriffen, dass man sich auf das Gefährt legen muss mit ausgestreckten Beinen nach vorne, um den Luftwiderstand zu verringern. Julian war der Schnellste und erregte erstmals Aufmerksamkeit.

Verein aus Klotten richtet alle zwei Jahre ein Bobby-Car-Rennen aus

Mit dabei waren Aktive des Vereins Funk-Hilfe-Motorsport Dohr, die als Streckensicherungsposten bei verschiedenen Veranstaltungen Dienst machen. Und der Verein richtet alle zwei Jahre ein Bobby-Car-Rennen in Klotten aus. Julian überzeugte auch dort, und 2019 ging es dann erstmals zu einem Rennen in die Ferne – nach Gersthofen bei Augsburg, wo Julian gleich als Zweiter mit auf dem Siegertreppchen stand.

Geht es zu einem Rennen, hängt Vater Christian freitagmittags den Wohnwagen an den Pkw. Vater und Sohn übernachten zwei Tage in dem Wohnwagen und bleiben bis sonntags. Manchmal ist auch Mutter Anke dabei. Sie ist hin- und hergerissen von dem außergewöhnlichen Sport, den Julian betreibt. Einerseits ist sie stolz auf seine Erfolge und freut sich über seinen Enthusiasmus, sie ist aber auch etwas besorgt, dass ihrem Sohn bei den hohen Geschwindigkeiten etwas passieren könnte. Das ist allerdings bislang noch nicht geschehen. Die Fahrer tragen alle einen Helm und die Knie und Ellbogen sind mit Protektoren geschützt.

Noch ist der „Bobby-Car-Sport“ größtenteils auf Deutschland beschränkt, lediglich in der Schweiz, Österreich, Frankreich und Luxemburg gibt es bereits Rennveranstaltungen. Träumt Julian manchmal davon, wie einst Michael Schumacher oder Sebastian Vettel erfolgreich ein großes Rennauto zu fahren? Vater und Sohn wimmeln ab. „Beginnend mit dem Kart-Sport ist das eine ganz andere finanzielle Dimension. Unser Sport ist relativ günstig und macht dennoch sehr viel Freude.“

Der Weltrekord liegt bei 130,72 km/h

Die Meisterschaften werden auf abgesperrten Straßen mit Gefälle ausgetragen. Die Rennsaison startet jedes Jahr im Mai und endet im September. Die durch die BIG-Spielwarenfabrik lizenzierten BIG-Bobby-Car-Rennen werden durch den Bobby-Car-Sport-Verband ausgetragen. Gestartet wird in verschiedenen Altersklassen von der Kinderklasse bis zur Profiklasse.

Die Rennen finden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Luxemburg, Frankreich oder Österreich statt. Ausgerichtet werden die Rennen meistens von beziehungsweise mit Unterstützung verschiedener Bobby-Car-Vereine. Deutschlandweit gibt es weit über 20 verschiedene Einzelvereine, die in den entsprechenden Dachverbänden organisiert sind.

Der offizielle Geschwindigkeitsweltrekord auf einem getunten Bobby-Car wurde von Marcel Paul (30) vom Bobby-Car-Club-Altenhain am 28. Mai 2022 in Sichenhausen mit einer Geschwindigkeit von 130,72 km/h aufgestellt. Mit 106,01 km/h erreichte Marcel Paul einen Geschwindigkeitsrekord auf einem Bobby-Car mit Kunststoffbereifung. Quelle: Wikipedia

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