Dass sich durch veränderte Klimabedingungen Tiere und Pflanzen aus südlicheren Gefilden in Deutschland ausbreiten, ist für Biologen und Naturkenner ein schon seit geraumer Zeit zu beobachtendes Phänomen. Dass darunter mitunter die heimische Flora und Fauna leiden, ist ebenfalls nichts Neues.
Kein Wunder also, dass es erste Funde der aus dem Schwarzmeergebiet eingewanderten Quagga-Muschel bereits vor etwa zehn Jahren in der Mosel gab. Eine Dekade später steht fest, dass sich das nur fingernagelgroße schwarze Tier in jenem Fluss, der den Hunsrück von der Eifel trennt, derart wohlfühlt, dass sich die Bestände vervielfacht haben. Gekommen, um zu bleiben – so könnte man es prägnant zusammenfassen. Für Schiffe und Schleusen stellt dies ein Problem dar.
Über Schiffe eingewandert, jetzt ein Problem für sie
Für den Laien wird die Ausbreitung erst einmal kaum ersichtlich. Das liegt daran, dass sich die Tierchen mit ihren Fäden häufig an Objekten festhalten. Ihr Vorkommen konzentriert sich daher auf Schleusen und Schiffsrümpfe. „Über Schiffe“, so vermutet denn auch Joachim Knapp vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt (LfU), „dürfte die Quagga-Muschel in die Mosel eingewandert sein. In Deutschland war sie zunächst im Donaugebiet sowie im Bodensee heimisch geworden. Von dort reiste sie mit dem Schiffsverkehr über Main und Rhein bis ins nördliche Rheinland-Pfalz.“ Bemerkenswert ist, dass die Muschelart von der Quelle in Frankreich bis zum Deutschen Eck nahezu flächendeckend verbreitet ist, während sie im Rhein fast gar nicht zu finden ist.
Dies hat dreierlei Gründe: Zum einen gewährleisten die vielen Staustufen an der Mosel – allein zwischen St. Aldegund (Kreis Cochem-Zell) und Koblenz gibt es derer fünf – ein vergleichsweise gleichmäßiges Abflussgeschehen und stark verringerte Wasserstandsschwankungen. Dies bietet für die Muscheln optimale Lebensbedingungen. Zum Zweiten fühlen sich in den Schleusen mit ihrer reduzierten Abflussgeschwindigkeit planktische Algen wesentlich wohler als in frei fließenden Gewässern. Diese Algen sind eine wichtige Nahrungsquelle für die Quagga-Muscheln. „Drittens sorgen die Staustufen für eine höhere Wassertemperatur. Auch das ist ein Faktor, der den ursprünglich im Schwarzen Meer heimischen Muscheln zugutekommt“, erklärt Knapp.
Moselgebiet bietet optimale Bedingungen
Das Moselgebiet bietet dem Einwanderer also offenbar optimale Bedingungen. Untersuchungen des LfU ergaben, dass es im oberen Lauf des in Deutschland gelegenen Teils der Mosel – also etwa zwischen Trier und Zeltingen-Rachtig – mehr Muscheln jener invasiven Art gibt als in den Bereichen der Landkreise Cochem-Zell und Mayen-Koblenz. Weshalb dies so, darauf hat das Institut mit Sitz in der Landeshauptstadt laut Knapp noch keine Antwort. Überraschend sei die allgemeine Ausbreitung angesichts der Tatsache, dass ein Weibchen in einem Jahr bis zu eine Million Eier legen kann, aber nicht.
Die Quagga-Muschel verdrängt zwar die Zebramuschel. Doch diese ist ebenfalls eine eingewanderte Art und ursprünglich nicht in der Mosel zu Hause.
Michael Schäffer
Was bedeutet die Immigration für die Biodiversität? Nicht viel, meint Knapps Kollege Michael Schäffer: „Die Quagga-Muschel verdrängt zwar die Zebramuschel. Doch diese ist ebenfalls eine eingewanderte Art und ursprünglich nicht in der Mosel zu Hause. In Sachen Artenvielfalt weist die Mosel keine besonders hohe Qualität auf. Dies ist allerdings nicht auf die Quagga-Muschel zurückzuführen, sondern ein schon lange bekanntes Problem.“
Schlimmer seien indes die Schäden, die das Lebewesen an den Schleusen und Schiffsrümpfen verursache. Marc Spaniol vom Wasser- und Schifffahrtsamt Mosel-Saar-Lahn pflichtet ohne Einschränkungen bei.
Wir werden mit der Quagga-Muschel leben müssen. Die Bekämpfung der Symptome ist die einzige Handhabe, die wir aktuell haben.
Michael Schäffer
Eine Reinigung müsse nun öfter durchgeführt werden, als dies früher der Fall gewesen sei. Zudem sei der Säuberungsvorgang nun um einiges aufwendiger, da teilweise sogar Taucher eingesetzt werden müssen, um die hartnäckig an den Oberflächen haftenden Tierchen zu entfernen. Auch bei den Flussschiffen bestehe dieses Problem. Insbesondere in den Jachthäfen, in denen viele Wasserfahrzeuge für längere Zeit nicht bewegt werden, sei eine umfangreiche Reinigung nötig.
Ändern wird sich dieser Zustand in absehbarer Zeit aber wohl kaum. „Wir werden mit der Quagga-Muschel leben müssen. Die Bekämpfung der Symptome ist die einzige Handhabe, die wir aktuell haben“, sagt Schäffer als Experte. Und solange die Art nicht auf der europäischen Liste gebietsfremder invasiver Arten geführt wird, wird sich daran wohl auch nichts ändern.