Das Eifeldorf Möntenich liegt zwischen den vom Land ausgewiesenen Präventionsgebieten „Eifel West“ und „Westerwald“. Dort hält Schäfer Georg Theobald eine Herde Merino-Landschafe, im Jahresschnitt circa 60 Muttertiere. Die Tiere durch geeignete Zäune oder Herdenschutzhunde vor Wolfsangriffen zu schützen, würde ihm zufolge zu viel kosten. Ein Anrecht auf Fördermittel hat er nicht, weil Möntenich zu keinem Präventionsgebiet gehört. Doch umherziehende Wölfe legen pro Tag oft zig Kilometer zurück. Wie plausibel sind die gewählten Grenzen für die Präventionsgebiete?
Seit dem 1. November vergangenen Jahres gibt es das Präventionsgebiet Eifel West. So hat es der zehnte Runde Tisch Großkarnivoren seinerzeit beschlossen. Das Gebiet „umfasst die Kreise Bitburg-Prüm und Vulkaneifel vollständig, die Kreise Bernkastel-Wittlich und Trier-Saarburg jeweils nordwestlich der Mosel. Nach Westen und Norden ist die Landesgrenze auch Grenze des Präventionsgebietes“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. Dort können Nutztierhalter Förderungen beantragen, um beispielsweise Schafe und Ziegen, Damtiere, Pferde oder Rinder zu schützen. Gefördert wird zum einen der Bau geeigneter Zäune, zum anderen die „Anschaffung und Ausbildung von Herdenschutzhunden“, teilt das Landesumweltministerium auf RZ-Anfrage mit.
An sich eine gute Sache. Dem Möntenicher Schäfer Georg Theobald bringt das alles jedoch nichts. Dabei liegt das Eifeldorf nur circa 50 Kilometer Luftlinie von Hasborn im Wolfspräventionsgebiet Eifel West entfernt. Bis ins Neuwieder Umland, das zum Präventionsgebiet Westerwald gehört, sind es gerade einmal rund 30 Kilometer Luftlinie. Für umherziehende Wölfe ein Klacks. Aber: „Möntenich gehört nicht zu den bisher ausgewiesenen Präventionsgebieten, da es noch keine Hinweise für eine dauerhafte Anwesenheit eines Wolfes gibt“, teilt Manuela Ohs vom Mainzer Umweltministerium mit. Präventionsgebiete würden dann ausgewiesen, „wenn sich ein Wolf in einer Region niedergelassen“ habe. Ohs erläutert: „Grundlage sind wiederholte Nachweise, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.“ Es müssen mindestens zwei Nachweise von einem Individuum mit einem Zeitabstand von etwa sechs Monaten sein. Über die Ausweisung von Präventionsgebieten entscheidet das Ministerium in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt, der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF), den Oberen und Unteren Naturschutzbehörden, den Landesforsten sowie der Stiftung Natur und Umwelt (SNU).
Wie es auf der SNU-Webseite heißt, sind die Präventionsgebiete „als Förderkulissen zu sehen, die sich aus Gründen der Praktikabilität stark an Kreisgrenzen orientieren“. Grenzen, die einen Wolf auf Beutezug nicht weiter kümmern. Doch dem Möntenicher Schäfer Theobald machen sie es wirtschaftlich unmöglich, seine Merino-Landschafe angemessen zu schützen. Der Eifler sagt: „Das Einzäunen von nur 10 Hektar Wiesen würde mich geschätzt 10.000 Euro kosten – wenn ich alles selber mache.“ Seine gesamte Herde sei weniger wert.
Für das demografische Wolfsmonitoring (eindeutige Wolfsnachweise) im Land ist die FAWF zuständig. Ein Netzwerk ehrenamtlicher Großkarnivoren-Beauftragter hilft der FAWF beim Sammeln und Überprüfen von Wolfsmeldungen. Als eindeutige Nachweise gelten DNA-Nachweise an Rissen sowie überprüfbare, eindeutige Foto- und Filmaufnahmen und Totfunde. Käme es unter seinen Merino-Landschafen zu einem Riss, würde es wohl bis zu 14 Tage dauern, bis nachgewiesen wäre, ob ein Wolf das Tier getötet hat oder nicht, hält Schäfer Theobald fest. Selbst wenn der Großkarnivoren-Beauftragte noch am gleichen Tag vorbeikäme, um eine DNA-Probe zu entnehmen. Theobald: „Wenn es aber so ist, wie die Wissenschaft sagt, dass der Wolf pro Tag 50 bis 60 Kilometer zurücklegen kann, ist er in zwölf bis 14 Tagen Wartezeit schon 600 oder 700 Kilometer weit gezogen und eventuell wieder in einem Gebiet mit nicht richtig ausgestatteten Weidetierhaltern.“ Ein Nachweis allein genügt nicht, damit ein Gebiet zum Präventionsgebiet wird.
Das Umweltministerium räumt ein: „Wölfe sind sehr mobile Tiere mit einem großen Wanderradius. Durchziehende Wölfe können daher in allen Teilen des Landes Schäden verursachen.“ Ein präventiver Schutz sei aber erst „dann sinnvoll, wenn ein Wolf sich in einer Region nachweislich dauerhaft niederlässt“, heißt es. Darüber hinaus seien in puncto Prävention „auch die Förder- und Haushaltskriterien der Angemessenheit, Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten“.
Nach dem im Jahr 2015 verabschiedeten Wolfsmanagementplan würden Nutztierhalter auch außerhalb von Präventionsgebieten in jedem Fall zu 100 Prozent für Risse entschädigt, „bei denen ein Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann“, betont das Umweltministerium. Innerhalb der Präventionsgebiete verringert sich der Anspruch auf Entschädigung mit der Zeit, sofern sich herausstellt, dass die Nutztiere nur unzureichend vor Wolfsangriffen geschützt waren. Heißt für den Möntenicher Georg Theobald: Ihm bleibt vorerst nur die Aussicht auf Entschädigung, wenn ein Wolf sich eines seiner Merino-Landschafe krallt.