Am Morgen nach der Flut wissen weder die Vorgesetzten noch die Eltern von Theo Frisch, wie es dem 31-Jährigen geht, der erst seit einigen Monaten im Ortsteil Altenburg in Altenahr lebt. „Wir sind froh, dass er überlebt hat. Das war eine schwere Nacht, in der wir ihn nicht erreicht haben“, sagt seine Mutter Isabel Frisch, während sie die Auszeichnung an der Brust ihres Sohnes begutachtet. Wenige Meter entfernt stehen Gabi und Maternus Gasper, die ihr Haus verloren haben – dank Theo Frisch aber nicht ihr Leben. „Es ist ein großes Geschenk, dass er uns geholt hat“, sagt Gabi Gasper.
Was Theo Frisch geleistet hat, fasst Generalmajor Franz Weidhüner, Amtschef des Streitkräfteamtes in Bonn, zusammen, bevor er dem Soldaten das „Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold in der Sonderform mit rotem Rand für besonders herausragende Leistung, insbesondere für eine hervorragende Einzeltat unter Gefahr für Leib und Leben“ an die Brust heftet (die RZ berichtete). Hauptmann Frisch arbeitet an der Diensthundeschule der Bundeswehr, ist Inspektionschef von Lehre und Ausbildung. Er selbst ist zwar kein Hundeführer, doch der Soldat hat einen ausgemusterten Diensthund übernommen – Max. „Durch Max habe ich viel gelernt, was meine Hundeführer hier leisten.“
Am Abend der Flut versucht Theo Frisch, sein eigenes Auto vor dem Abtreiben zu sichern, als er Hilferufe hört – ohne zu sehen, woher diese kommen. Der Soldat schnappt sich ein Kanu aus dem Garten, das er gekauft hatte, um mit seiner Verlobten Zeit auf der Ahr zu verbringen. Gegen 23 Uhr nähert sich Frisch mit dem Kanu den Hilferufen, evakuiert zuerst eine 91-Jährige aus dem 1. Stock, dann weitere vier Personen, die Familie Caspary, bringt alle nacheinander aus der Gefahrenzone.
Auf einem Dach in der Nähe sitzt auch die Familie Gasper fest. Beim Versuch der Rettung kentert das Kanu. Gerade noch bekommt Frisch den bereits untergetauchten 68-jährigen Peter Gasper zu fassen, gemeinsam mit Gabi Gasper retten sie sich anschließend auf ein Dach.
Stundenlang hält der Soldat den gehandicapten Peter Gasper fest, bis gegen 4.30 Uhr in der Nacht Hilfe kommt. „Sie haben mit dieser Tat selbstlos und tapfer gehandelt und anderen Menschen das Leben gerettet, ohne das eigene Leben voranzustellen. Sie zeigten außergewöhnlichen Mut, einen klaren Willen und eine überdurchschnittliche Zivilcourage“, lobt der Generalmajor.
Hauptmann Theo Frisch rettete in der Flutnacht im Ahrtal im vergangenen Sommer sieben Menschen das Leben. Der 31-Jährige stürzte sich mit seinem Kanu in die Fluten und folgte Hilferufen in seiner Nachbarschaft.Er rettete sieben Leben in der Flutnacht: Höchste Auszeichnung für Soldaten
Kurz nachdem das Ehrenkreuz übergeben ist, gibt Weidhüner dem Soldaten die Hand, nun spricht er leise. „Ganz hervorragend, das haben Sie klasse gemacht.“ Mit dem Handschlag übergibt der Generalmajor eine nummerierte persönlichen Coin, eine besondere Münze. Es ist die Nummer 3, „die Eins ist für den Bundespräsidenten bestimmt“. Später sagt der Generalmajor, es sei die höchste Auszeichnung, die er vergeben konnte. Das Ehrenkreuz in dieser besonderen Form ist so selten, dass er es selbst bislang noch nie vergeben konnte.
„Sie sind mit Ihrem entschlossenen Handeln in der Bundeswehr ein vorbildliches Beispiel für soldatische Pflichterfüllung, als Staatsbürger in Uniform haben Sie einen essenziellen Beitrag zur Stärkung des Ansehens der Bundeswehr in der Gesellschaft beigetragen.“
Generalmajor Franz Weidhüner
„Das bedeutet mir sehr viel“, sagt Theo Frisch, der zu Beginn des Tages noch nicht wusste, welch würdigen Rahmen seine Auszeichnung bekommen würde. Er weiß auch noch nicht, dass in Altenburg viele Freunde, Nachbarn und Anwohner auf ihn warten, um mit ihm gemeinsam zu feiern, noch mal Danke zu sagen. Eine Feier an einem Ort, der täglich das Geschehene lebendig hält: „Abschließen kann man nicht. Die Nachbarschaft ist so reduziert, so viele Gebäude sind abgerissen worden. Da ist ein Krater der Erinnerung“, sagt Frisch.