Antje Lorenz-Schönborn hat mit Lisa Pfeil im Frühjahr die Initiative „Haltung zeigen“ gegründet – und nun haben die beiden Frauen aus Blankenrath ihre erste große Demonstration organisiert, unterstützt von „Der Hunsrück ist bunt“, von Attac, der Friedensbewegung, der Linken und von „Omas gegen rechts“. 150 Menschen kommen, um gegen eine AfD-Veranstaltung in Panzweiler zu demonstrieren. Dorthin hat der Cochem-Zeller AfD-Chef Jörg Zirwes namhafte Vertreter der Partei eingeladen: Beatrix von Storch und Sebastian Münzenmaier, beide sind Bundestagsabgeordnete. Sie wird über „queeren Schmutz“ und „die Spinner da draußen“ sprechen, er wird sich freuen, in angeblich „vernünftige Gesichter zu blicken“ – 130 AfD-Gesichter, um genau zu sein.
Doch zunächst beginnt draußen der Protest. Antje Lorenz-Schönborn mahnt in ihrer Rede: „Mit rassistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Propaganda arbeitet die AfD unverblümt an der Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Ordnung und an der Entwicklung einer völkisch-nationalistischen Ideologie.“ Dabei gehöre es zur Strategie der AfD, sich als Partei der wahren Demokraten zu inszenieren. „In Wahrheit ist sie längst dabei, die Institutionen der Demokratie zu demolieren.“
Lorenz-Schönborn wirbt dafür, dass schnell entschieden wird, ob ein AfD-Verbot am Verfassungsgericht beantragt wird, kritisiert aber auch: „In der Diskussion um ein Verbotsverfahren steht fast ausschließlich die Sorge vor der Reaktion der AfD-Anhänger im Vordergrund.“ Was fehle, sei der Blick auf die Sorge der Menschen, die einer Minderheit angehören oder die Migrationshintergrund haben. „Wir müssen wach werden, wir müssen verstehen, worum es geht, und wir müssen aktiv werden“, mahnt sie.
Willi Müller-Schulte von der evangelischen Kirche Mosel-Hunsrück erklärt: „Wir überlassen den Rechtsextremen nicht einfach unsere Kommunen und Plätze hier bei uns auf dem Hunsrück und an der Mosel. Wir müssen überall, wo die Propaganda der Menschenverachtung das Zusammenleben vergiftet, dagegenhalten: an unseren Arbeitsplätzen, in unserer Nachbarschaft, vielleicht sogar in unseren Familien.“ Niemand dürfe unwidersprochen bleiben, wenn er von Remigration schwadroniere oder den Nationalsozialismus verharmlose. „Das sage ich auch für unsere Kirche. In ihr darf es keine Toleranz gegenüber Ideologien geben, die Menschen in erste, zweite und dritten Klassen einteilen.“
Für Burkhard Karrenbrock, Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag Cochem-Zell, ist die „AfD eine ewig gestrige Partei, die die Demokratie abschaffen will.“ Christa Stark aus Reich engagiert sich deshalb seit einiger Zeit bei „Omas gegen rechts“ und sagt kämpferisch: „Ich bin zwar nicht mehr die Jüngste, aber ich habe noch viel zu sagen.“
„Doch eure Enkel wählen rechts“, wird wenig später der Cochem-Zeller AfD-Chef Jörg Zirwes sagen und damit auf die jüngsten Wahlergebnisse in Thüringen, Brandenburg und Sachsen anspielen. Den Demonstranten draußen wirft der frühere Berufssoldat vor, sie hätten Schwarz-Rot-Gold nicht im Herzen. Der Initiative „Haltung zeigen“ unterstellt er, sie würde im Blankenrather Gemeinderat „Drohkulissen“ aufbauen – durch ihre bloße Anwesenheit als Zuhörer bei öffentlichen Ratssitzungen.
Sebastian Münzenmaier wiederum ruft den AfD-Anhängern zu: „Die anderen haben Angst vor uns, weil sie sehen, wie stark wir sind.“
Als dann Beatrix von Storch spricht, überbietet sie alles, was bis dahin gesagt wurde. Sie verunglimpft die Bundestagsabgeordneten der anderen Fraktionen: „Die machen so unglaublich bescheuerte Sachen.“ Sie fantasiert: „Mit demokratischen Mehrheiten könnte man hier die Scharia (Anm.d.Red.: das islamische Recht) einführen.“ Man müsse verhindern, dass „Massen an Menschen zu uns kommen, die hier das Kalifat einführen“.
Sie beschimpft Karl Lauterbach und Annalena Baerbock („doof“), erklärt die Wahlerfolge im Osten mit „mehr Fraulichkeit und Männlichkeit“, warnt vor „Gendersekten“ und ruft: „Ich bin erklärter Antifeminist.“ Und dann fragt sie das Publikum, wie man einen kastrierten Stier nennt ...
Da möchte man mit einem Zitat des Theologen Paul Zulehner schließen, auf das Willi Müller-Schulte verweist: „Die AfD tönt, sie wolle das christliche Abendland retten, obgleich man eher das christliche Abendland vor der AfD retten muss.“