Global denken, lokal handeln: Referent Jörg Heynkes regt zur Umkehr an
Die Welt digital retten: Bei der Klimaschutzkonferenz in Cochem wird gezeigt, wie es funktionieren kann
Bei der 14. Klimaschutzkonferenz referiert Jörg Heynkes über den Zusammenhang von Klimaschutz und Digitalisierung: Künstliche Intelligenz könne einige Möglichkeiten schaffen. Foto: Annika Wilhelm
Annika Wilhelm

Digitalismus und Klimaschutz gehen Hand in Hand – und könnten gemeinsam die Welt retten. Der Ansicht ist Jörg Heynkes, der seine Lösungsansätze zur Klimakrise bei der Klimaschutzkonferenz in Cochem vorstellte. Was fliegende Autos, autonomes Fahren, Schwarmmobilität und Stadtfarmen damit zu tun haben.

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Bei der 14. Klimaschutzkonferenz referiert Jörg Heynkes über den Zusammenhang von Klimaschutz und Digitalisierung: Künstliche Intelligenz könne einige Möglichkeiten schaffen. Foto: Annika Wilhelm
Annika Wilhelm

Es fühlt sich an, wie eine kleine Zeitreise in die Zukunft, wenn Referent Jörg Heynkes, Unternehmer, Autor und Speaker aus Wuppertal, über autonomes Fahren, fliegende Autos, Stadtfarmen und 100 Prozent Klimaneutralität bei Unternehmen spricht. Zur 14. Klimaschutzkonferenz in Cochem präsentiert er aber jegliche Themen zur Digitalisierung – als Lösungsansatz zur Klimakatastrophe. Dass diese nicht vollständig abgewandt werden kann, ist kein Geheimnis, wir befinden uns mittendrin. Mit digitalen Entwicklungen wie der Künstlichen Intelligenz (KI) könnte jedoch einiges zum Klimaschutz beigetragen werden.

Auf die zwei großen Megatrends der Welt, Klimaschutz und Digitalisierung, hätte niemand Einfluss, sagt Heynkes. „Wir können im Lokalen aber Lösungen verwirklichen. Lösungen, die nicht nur in Cochem-Zell funktionieren, sondern überall. Das bedeutet: Der Blick auf das Globale, aber das Handeln im Lokalen.“ Und der Kreis Cochem-Zell handelt bereits: Fotovoltaik-Kampagnen, der Ausbau der E-Ladeinfrastruktur und Windkraft sind nur die Anfänge von allem, was zukünftig kommen wird. „Wir werden die Welt nicht retten, aber wir können alle unseren kleinen Teil dazu beitragen“, so Landrat Manfred Schnur.

Der Blick auf das Globale, aber das Handeln im Lokalen.

Diesen Ansatz rät Jörg Heynkes, Referent bei der Klimaschutzkonferenz in Cochem.

Kein Bargeld, keine Tickets für Konzerte, Theater oder Bus auf Papier, keine eigenen Autos mehr, sondern Schwarmmobilität, die per App gebucht wird – die Vorstellung einer digital weit fortgeschrittenen Zukunft scheint für einige weit entfernt, doch alleine das Smartphone zeigt, dass sie eigentlich schon in greifbarer Nähe ist. „Menschen, die sich gegen die Digitalisierung sträuben, werden automatisch ausgegrenzt, weil sie nicht mehr am normalen Leben teilnehmen können“, merkt Heynkes an. Das gilt es, zu vermeiden.

15 Jahre Zeit: Bis dahin sollte alles umgesetzt sein

Und eben darum weist er die Möglichkeiten auf, die die Digitalisierung und die damit verbundene Künstliche Intelligenz (KI) haben könnte: „Die Digitalisierung ist unsere Chance. Wir haben jetzt 10 bis 15 Jahre lang die Möglichkeit, alles in den Bereichen Energie, Ernährung und Mobilität zu ändern.“ Damit meint er: In spätestens 15 Jahren sollte all das umgesetzt sein. Folgende Lösungsansätze stellt der Redner vor:

1 Bei der Energie geht es inzwischen um weitaus mehr als nur Strom. In Heynkes Idealvorstellung geht die Umsetzung weg von der individuellen Heizung in jedem Haushalt und hin zu gemeinsamen Heizsystemen, die sich Nachbarn miteinander teilen. Zudem bittet er darum, sich nicht gegen Windkraft zu wenden, und das aus einem ganz bestimmten Grund: Fotovoltaik alleine reicht nicht aus, sondern funktioniert nur in Kombination mit Windkraft. „Sechs Monate im Jahr bringt die Sonne die meiste Energie, aber nur tagsüber. Der Wind hingegen weht auch nachts.“

2 Die Ernährung, insbesondere Fleisch, spielt eine zentrale Rolle im Klimawandel: Regenwaldabholzung, Antibiotika-Resistenzen, Grundwasserverseuchung, Tierschutz, all das gehört zu den Nebeneffekten. Die Ideallösung: Verzicht. Alle hören auf, Fleisch zu essen. Da Heynke aber bewusst ist, dass dies unrealistisch ist, präsentiert er die Möglichkeit, Fleisch anders herzustellen, mit Stammzellen, als sogenanntes „In-Vitro-Fleisch“.

„Spätestens in ein paar Jahren, wenn dieses Fleisch günstiger ist als das, was wir heute im Supermarkt finden, kaufen die Leute es.“ Auch Stadtfarmen zeigt er als Möglichkeit auf: Statt auf Feldern wird auf Nährstoffböden im Inneren angebaut, wo durch Manipulation des Raumes immer Sommer ist. Und wo nur fünf Prozent des Wassers der Landwirtschaft heute verbraucht wird.

3 E-Autos sind schneller, leiser, ohne Abgase und vieles mehr, jedoch rückt Heynke im Aspekt Mobilität vor allem den Fahrer in den Vordergrund. Denn schon bald könnte die KI den menschlichen Fahrer ersetzen. Statt Individualverkehr gäbe es dann Schwarmmobilität. Kaum jemand würde noch ein eigenes Auto benötigen, stattdessen gäbe es „Räume auf Rädern“, die je nach Bedürfnis gebucht werden könnte: ein Spielemobil für Eltern mit Kindern, ein Businessmobil für Leute, die während der Fahrt arbeiten wollen, ein Wellnessmobil für diejenigen, die nach der Arbeit entspannen wollen.

„Der Mensch verbringt im Durchschnitt 38.000 Stunden im Leben im Auto. So wird so viel mehr Lebensqualität und Zeit geschaffen.“ Nicht nur das: Weniger Autos bedeuten auch mehr Platz. Gerade einmal 20 Prozent der Fahrzeuge von heute, das ist die Idealvorstellung, die irgendwann Realität sein könnte.

Früher hatten wir keine Wahl, den Strom anders zu wählen. Jetzt aber schon.

Landrat Manfred Schnur

Den Vortrag fasst Netzwerkmanagerin Nicole Jobelius-Schausten („Unser Klima Cochem-Zell“) zusammen: „Jörg Heynkes hat uns nicht mitgenommen, er hat uns mitgerissen.“ Für Cochem-Zell sind einige dieser Aspekte interessant, derzeit vor allem das Thema Energie. Landrat Schnur betont: „Früher hatten wir keine Wahl, den Strom anders zu wählen. Jetzt aber schon.“

Fotovoltaik für den Balkon: Drei stolze Gewinner

Da die Energiekrise derzeit einige Haushalte ziemlich belastet, nahm die Kreisverwaltung Cochem-Zell die Klimaschutzkonferenz auch zum Anlass, den Zuschauern und Zuhörern etwas Gutes zu tun: Unter allen Teilnehmenden wurden drei Fotovoltaik-Balkon-Kraftwerke verlost.

Drei Cochem-Zeller konnten sich freuen: Sie wurden als Gewinner von PV-Balkon-Kraftwerken bei der Klimakonferenz ausgelost. Foto: Annika Wilhelm
Annika Wilhelm

Zu den Gewinnern, die ihre Gewinne unerwartet auf der Bühne abholen konnten, zählten Matthias Junk aus Gevenich, Maria Kewich aus Cochem und Martin Müller aus Müden. wih

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