Man merkt es Helmut Krumminga an, dass er die Uraufführung in eigener Sache genossen hat. Zweieinhalb Stunden hat der ehemalige Frontgitarrist der Kölner Kultband BAP ganz allein im Rampenlicht des Hauses Waldfrieden gestanden – er fühlt sich vor ausverkauftem Haus sichtlich wohl. Der vermeintlich introvertierte Ostfriese (63) spickt sein nicht nur rockiges erstes Soloprogramm mit Einsprengseln aus der Musikerszene, sondern auch mit Episoden über Wolfgang Niedecken oder Udo Lindenberg.
„Hoch im Wind, steife Brise im Gesicht“ – der Liedtext seines Openers passt zu Helmut Krumminga. Das Leben in Ostfriesland wird dem jungen Helmut rasch zu eng, ihn zieht es als 21-Jähriger nach Köln, in eine lebhafte Musikszene. „Da traf ich auf eine Welt, die mein Leben verändert hat“, sagt Krumminga. Er steigt bei der Newcomerband Painted Town ein, die so gut ist, dass zwei Produzenten anläuten, um mit ihr ein Album zu produzieren. Die Band lehnt ab. „Wir waren jung, dumm und arrogant, dabei hatten wir richtig gute Songs“, rekapituliert Krumminga. Und spielt zwei Lieder auf der Akustikgitarre, die beweisen: Painted Town hatte Potenzial. Arno Steffen wird eines Nachts auf ihn aufmerksam. Steffen (71), einstmals Bandmitglied bei der Zeltinger Band und bei Triumvirat, gewinnt Krumminga für die Band LSE, das neue Projekt von Ex-Bläck-Fööss-Sänger Tommy Engel. Deren Plädoyer gegen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie, „Für et Hätz Un Jäjen D’r Kopp“ gibt Krumminga auf Hochdeutsch zum Besten. „Weil ich überhaupt kein Kölsch kann.“ Das klingt auch auf Hochdeutsch eindrucksvoll, und das ikonische Intro verbreitet Gänsehaut. Es folgt ein Ausflug in die Countrymusik. Aus dieser Zeit spielt Krumminga zwei Songs, die auf raren Alben zu finden sind. Krumminga wird in den 80er-Jahren zum gefragten Gitarristen, steht mit Wolf Maahn nicht nur auf der Bühne, sondern kurze Zeit später im legendären Studio von Can, wo er Backing Vocals beisteuert. Er muss sich vom disziplinierten Rhythmusgitarristen erst hochdienen.
„Ich bin glücklich, dankbar und beseelt, dass ich diese Chance bekommen habe.“
Helmut Krumminga über seine Station bei BAP – dort war er 15 Jahre lang Leadgitarrist.
Schließlich landet Krumminga bei Gerd Köster und Frank Hocker, die die Südstadt-Befindlichkeiten einfangen wie sonst keine. Und ist seit 25 Jahren fest mit von der Partie. Gerd Köster ist auch in Alf im Publikum, Krumminga spielt einen Song, den er für jenen geschrieben hat, und den er auf Englisch darbringt – „Alone My Love“, so dunkel wie Nick Cave. Krumminga gewinnt den Songs neue Seiten ab, variiert gern. Vieles klingt „refreshed“, sehr frisch und unverbraucht. Das kommt beim gut mitgehenden Publikum im Waldfrieden glänzend an. Auch wenn er zur E-Gitarre greift und eigene Songs spielt, wie eine Hommage auf Elton John und Ry Cooder. Ein bunter Mix mit Ausflügen zu den Rolling Stones und in den Blues macht. Quasi als Medley interpretiert er Bruce Springsteen und Led Zeppelin in einem Song. „Es gibt schon mal krude Sachen, ich bringe Stilisten zusammen.“ Freimütig bekennt er, dass die Kooperation mit BAP ein Höhepunkt in seiner Karriere ist. „Ich bin glücklich, dankbar und beseelt, dass ich diese Chance bekommen habe“, sagt er freimütig und zeichnet die Entwicklung nach, wie er Major Heuser ersetzen durfte. Ein Intermezzo von Inga Rumpf, das Aufmerksamkeit gebracht hat, folgt, ehe Steffi Stephan vom Panikorchester bei ihm anruft: „Du sollst 40 Gigs für die Tournee von Udo Lindenberg spielen.“ Krumminga sagt zu, steht final in Köln 2022 mit Udo Lindenberg auf der großen Bühne. Und interpretiert im Waldfrieden zum krönenden Abschluss dessen nachdenkliches Liebeslied „Cello“. Die Zuhörer wollen Krumminga erst nach einer Zugabe gehen lassen, Hausherr Ulli Stein („Helmut ist ein sehr enger Freund des Hauses“) freut sich über einen weiteren magischen Abend. Und der dürfte überschrieben sein mit dem Satz: „Helmut Krumminga kann viele schöne Saiten aufziehen.“
Mit dem klassischen Pianisten Stefan Irmer geht es am Samstag, 31. Mai, 20 Uhr, im Waldfrieden weiter. Infos: www.stein-weine.de