Wie die Historikerin Ksenia Stähle-Müller, die die Geschichte des KZ-Außenlagers Kochem-Bruttig-Treis erforscht hat, schreibt, begannen unmittelbar nach Ankunft der Häftlinge die Säuberung und der Ausbau des Bahntunnels zwischen Treis und Bruttig. Ein Teil der Häftlinge musste den Tunnel säubern, der andere Teil das künftige Lagergelände auf dem Bahndamm im Westen von Bruttig mit Unterkunftsbaracken und Baracken für die Einrichtungen des Lagers errichten.
Am 16. Mai 1944 wurde ein Teil der Häftlinge nach Treis verlegt, wo sie im Gasthaus Reis und im Hotel zur Wildburg untergebracht wurden. Auch hier in Treis entstand ein Lagergelände. Die Bauleitung und auch die Verwaltung des KZ-Außenlagers bezog Räume in der Kreisstadt.
Die ersten 300 waren „Nacht- und Nebel-Häftlinge“
Wie Ksenia Stähle-Müller betont, handelte es sich bei den ersten 300 Häftlingen um sogenannte „Nacht- und Nebel-Häftlinge“, also Personen aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Norwegen, die Widerstand geleistet hatten und deshalb nach Deutschland verschleppt wurden. Da diese Häftlingsgruppe eigentlich nicht in Außenlager eingesetzt werden durften, wurden die 300 Häftlinge bereits am 7. April 1944 wieder nach Natzweiler zurückgebracht.
Dieses KZ-Sonderlager an der Mosel entstand vor dem Hintergrund, weil zahlreiche deutsche Flugzeugwerke durch alliierte Bombenangriffe seit Beginn des Jahres 1944 zerstört wurden und das Reichsluftfahrtministerium eine Verlagerung der Rüstungsproduktion unter Tage plante. Die dafür benötigten Arbeitskräfte sollten aus den Konzentrationslagern kommen. Insgesamt zehn solcher Projekte gab es, das Sonderlager an der Mosel trug den Decknamen „Zeisig“.
„Wir dürfen nie vergessen, dass es ein schreckliches KZ-Außenlager bei uns vor der Haustür gab.“ So hatte dies 2019 der damalige Landrat Manfred Schnur im Kreistag bei der Vorstellung des Gedenkkonzepts für das ehemalige KZ-Außenlager Kochem betont.Kommunen wollen weiter an KZ-Außenlager in Bruttig erinnern: Ist die Gedenkarbeit eingeschlafen?
Als Produktionsstätte war der 2,6 Kilometer lange Bahntunnel zwischen Treis und Bruttig vorgesehen, der vor dem Ersten Weltkrieg gebaut, aber nie benutzt worden war. Mit der Produktion von Rüstungsgütern sollte Ende Mai begonnen werden. Die Zahl der Häftlinge in diesem Sonderlager wuchs rasch auf mehr als 1000 Männer an, die Gesamtzahl lässt sich nicht eindeutig festlegen. Die Gefangenen wurden für die Bauarbeiten am Tunnel und auch in Außenkommandos eingesetzt, im Tunnel kamen Zwangsarbeiter zum Einsatz.
Bloß nicht erinnert werden. Lasst es doch mal gut sein mit dem Vergangenen. Müssen wir jetzt wirklich wieder darüber diskutieren, dass die Haltung des Verdrängens fatal ist und es vielmehr eine hartnäckige Verweigerung von Verantwortung ist?Kommentar zur Bedeutung von Gedenkarbeit: Die Gespenster von früher – sie heißen heute AfD
Nachdem die Front immer näher rückte, begann im Herbst 1944 die Auflösung des Sonderlagers. Am 30. September wurden die ersten Zwangsarbeiter abtransportiert, am 16. September wurden die Häftlinge nach Buchenwald gebracht. Im Oktober 1944 gab es die letzte Meldung der Lagerleitung.
Nach dem Krieg wurde das Bauwerk 1947 gesprengt, einige der Baracken in Bruttig wurden zu Wohnhäusern. Über das KZ-Sonderlager wurde in der Nachkriegszeit dagegen kaum gesprochen, erst die Buchveröffentlichung „Ich habe immer nur den Zaun gesehen“ von Ernst Heimes sorgte für eine erste breitere öffentliche Diskussion. Es folgten weitere Veröffentlichungen, auf den Friedhöfen von Bruttig und Treis stehen Gedenksteine für die Opfer des Sonderlagers und es gab auch Initiativen für eine Erinnerungskultur. 2018 wurde schließlich eine umfassende Gedenkkonzeption vorgestellt.