Nach der Wahl
Cochem-Zells politische Landschaft hat sich verändert
In einem Stimmlokal in Cochem werden die Stimmen der Bundestagswahl ausgezählt.
Junker Dieter

Die Bundestagswahl 2025 ist auch für die Parteien im Kreis Cochem-Zell zwar gelaufen. Aber die Nachbereitung, sprich: Analyse, dürfte noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Genug Gesprächsstoff gibt es allemal.

Der Wahlsonntag hat auch die politische Landschaft im Kreis deutlich verändert. Cochem-Zell ist, wie die ganze Republik, nach rechts gerückt. Die AfD, vor gut einem Jahrzehnt erstmals zu Wahlen im Kreis angetreten, hat sich mittlerweile fest etabliert und besitzt mehrere Hochburgen im Kreis. Die Liberalen dagegen, in den vergangenen 20 Jahren eigentlich eine feste Cochem-Zeller Größe, haben offenbar viele frühere Stammwähler verloren, und die SPD ist plötzlich nur noch die drittstärkste Kraft im Kreis, was die Wählerstimmen angeht.

Eigentlich kann die CDU zufrieden sein. Wie bei allen Bundestagswahlen seit dem Jahr 1987 holt sie landesweit im Kreis Cochem-Zell ihr bestes Ergebnis. Und weiterhin ist sie mit Abstand die stärkste politische Kraft im Kreis. In allen vier Verbandsgemeinden konnte sie zulegen, von 6,4 Prozentpunkten mehr in der Verbandsgemeinde Cochem bis zu 5,1 Prozentpunkten mehr in der Verbandsgemeinde Ulmen. In der VG Cochem holt die CDU mit 42,2 Prozent ihr bestes Ergebnis, in der VG Kaisersesch sind es „nur“ 36,5 Prozent. Und gerade entlang der Mosel liegen die Hochburgen der Union.

Restlos zufrieden sähe wohl anders aus

Dennoch: So ganz zufrieden wird auch die CDU nicht sein. Die 39,5 Prozent kreisweit sind doch weit entfernt von früheren Ergebnissen, oft jenseits der absoluten Mehrheit. Bei der Europawahl vor acht Monaten erreichte die CDU noch 42,2 Prozent. Und gerade in der VG Ulmen, früher die klare Hochburg der CDU, konnte diesmal AfD spürbar zulegen. Das wird die Freude über den Wahlausgang möglicherweise trüben.

Anders die AfD. Von Wahl zu Wahl legt die Partei mittlerweile zu, ist nun sogar zur zweitstärksten Kraft im Kreis aufgestiegen. Schon bei der Europawahl im vergangenen Jahr hatte sie mit 12,6 Prozent ihr bis dahin bestes Ergebnis erzielt. Nun hat sie nochmals deutlich zugelegt. Und dabei finden sich die Hochburgen mittlerweile überall im Kreis, im Hunsrück rund um Blankenrath, aber auch in der Eifel in Ulmen oder in Kaisersesch. In den beiden Städten lag sie bei der Urnenwahl sogar ganz vorne. Das zeigt, dass die AfD mittlerweile über eine feste Stammwählerschaft im Kreis verfügt. Die besten Ergebnisse gab es in den Verbandsgemeinden Ulmen und Zell mit mehr als 20 Prozent, lediglich in der VG Cochem blieb sie mit 14,9 Prozent etwas schwächer.

Ein Wahlplakat der SPD zur Bundestagswahl 2025 liegt in einer Böschung an der B 416 in Treis-Karden.
David Ditzer

Für die SPD gab es am Wahlabend wenig Grund zur Freude. Im Kreis nur noch drittstärkste Kraft, landesweit zusammen mit den Kreisen Vulkaneifel und Bitburg-Prüm das schlechteste SPD-Ergebnis. Nur in Germersheim schnitten die Sozialdemokraten noch schlechter ab. Das ist sicher ein Schock für die älteste deutsche Partei. In fast allen Verbandsgemeinden gab es Verluste bei den Prozentpunkten in zweistelliger Höhe. Nur noch in drei Dörfern, in Nehren, Sosberg und Urmersbach, erhielt sie bei der Urnenwahl die meisten Stimmen. Und lediglich in der Verbandsgemeinde Cochem blieb sie mit 18,3 Prozent vor der AfD.

Noch weniger gefreut haben dürften sich am Wahlabend die Liberalen. In den vergangenen Jahrzehnten oft mit zweistelligen Ergebnissen im Kreis, brachen sie diesmal völlig ein. Nur in zwei Verbandsgemeinden, in Zell und Cochem, schafften sie überhaupt die fünf Prozent. Verluste zwischen 7,5 und 6,5 Prozentpunkten in den Verbandsgemeinden zeigen, wie deutlich das Desaster am Wahlabend war. Nur in wenigen Dörfern gelang es, über die fünf Prozent zu kommen. Vor acht Monaten wählten bei der Europawahl immerhin noch sechs Prozent die FDP. Ein schwacher Trost vielleicht: Die 4,9 Prozent für die Liberalen am Sonntag sind immerhin noch das sechstbeste Kreisergebnis der FDP in Rheinland-Pfalz.

Abstimmung zur Bundestagswahl 2025 im Stiftsmuseum Karden.
David Ditzer

Über einen festen Wählerstamm verfügen dagegen offenbar die Grünen. Anders als die beiden anderen Ampelparteien blieben sie weitgehend stabil im Kreis, der nie zu den grünen Hochburgen zählte. Dennoch lagen deren Ergebnisse am Wahlsonntag in den Verbandsgemeinden zwischen 5,1 Prozent (Ulmen) und 7,7 Prozent (Cochem). Und gerade auch in der Eifel gibt es weiterhin mehrere grüne Hochburgen. Damit hat sich Bündnis 90/Die Grünen in einem schwierigen Umfeld durchaus behauptet.

Eine große Überraschung am Wahlabend lieferte die Linke. Ohne eigene Kreisorganisation und auch ohne Wahlkampf vor Ort schafften die Linken im Kreis fünf Prozent und ziehen damit sogar an der FDP vorbei. In einigen Orten, in denen die Linke nie präsent war oder Wahlerfolge schaffte, wie in Lieg im Hunsrück, einer absoluten CDU-Hochburg, kam sie deutlich über die fünf Prozent. Ihre besten Ergebnisse holte sie in den Verbandsgemeinden Kaisersesch und Zell mit jeweils 5,2 Prozent.

Wahlbeteiligung ist hoch

Die Parteien werden diese Ergebnisse sicher auch genau analysieren. In knapp einem Jahr sind Landtagswahlen. Dann wird sich zeigen, wie nachhaltig die Zahlen dieser Bundestagswahl sind, ob sie einen Trend begründen oder eher ein Ausrutscher waren.

Noch ein Wort zum Wahlinteresse. Die Wahlbeteiligung mit 84 Prozent war die höchste seit der Bundestagswahl 1998. Cochem-Zell lag damit sogar etwas über dem Landesschnitt von 83 Prozent. 44,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler wählten per Brief, es ist die zweithöchste Briefwahlbeteiligung überhaupt, lediglich 2021 während der Corona-Pandemie, gab es bei einer Bundestagswahl mehr Briefwählerinnen und Briefwähler.

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