Beziehungsstatus: kompliziert. So kann man das Verhältnis zwischen der Zeller Bürgerinitiative zum Erhalt des Krankenhauses und Landrätin Anke Beilstein (CDU) beschreiben. Das wird aus einem aktuellen Schriftwechsel deutlich, der unserer Zeitung vorliegt. Dabei kämpfen beide Seiten für eine Sache: die Gesundheitsversorgung an der Mosel.
In einer E-Mail am Donnerstagmorgen um 6.52 Uhr beschreibt Karlheinz Kirch, Rechtsanwalt und Mitglied der Bürgerinitiative, der Cochem-Zeller Landrätin seine Sorgen um die Gesundheitsversorgung in der Region. Das geplante Gesundheitszentrum, das die Trägergesellschaft Katharina Kasper ViaSalus anstelle der stationären Versorgung bis zur Jahresmitte aufbauen will, sieht er kritisch. Es sei immer noch nicht zu erkennen, ob der Träger „seine vollmundigen Ankündigungen bis zum 30. Juni verwirklichen können wird“, schreibt Kirch. „Es sieht vielmehr so aus, als ob nichts dahingehend geschieht beziehungsweise gelingt.“ Er appelliert: „Bitte informieren Sie Ihre Mitbürger über den aktuellen Stand. Die Volksseele kocht bereits bei uns hoch.“ Es gebe viele Notfallpatienten in der Region, die ohne das Zeller Krankenhaus nicht überleben würden. „Sie können sich vorstellen, wer von den Bürgern dafür (mit-)verantwortlich gemacht werden wird“, schreibt Kirch weiter und blickt dabei auch auf die Bundestagswahl. „Was ich so wahrnehme im Zeller Einzugsgebiet des Krankenhauses, ist ein erheblicher Zuwachs an Stimmen bei den Rechten. Die Menschen fühlen sich von den politisch Verantwortlichen verraten und im Stich gelassen.“ Viele Menschen seien erzürnt. „Ihre Not ist elementar“, mahnt Kirch. „Es fühlt sich jeder betroffen.“

„Es geht hier um Menschenleben“
Bei der Mahnwache vor dem Zeller Krankenhaus hat unter anderem Chefarzt Kiriakos Kirmanoglou zum Mikrofon gegriffen und einen drastischen Fall geschildert, der sich vor wenigen Tagen ereignete. Es ging um einen Patienten kurz vor dem Herzinfarkt.
Karlheinz Kirch appelliert an die Landrätin: „Bitte setzen Sie Ihre ganze Kraft dafür ein, dass die Landesregierung unverzüglich einen Rettungsschirm aufmacht.“ Wenn das geplante Gesundheitszentrum im Sommer scheitere, dann sei es zu spät.
Am selben Tag um 14.28 Uhr antwortet Anke Beilstein ausführlich per E-Mail. Man nehme die Sorgen nicht nur ernst, sondern habe von Beginn an auch die Notfallversorgung im Blick, schreibt sie. Dazu seien unter anderem Gespräche mit der Rettungsdienstbehörde und dem Innenministerium geführt worden. Das entsprechende Konzept werde dem Kreistag im März vorgestellt. „Es soll zum Zeitpunkt der Schließung des Mittelmosel-Klinikums in die Umsetzung gehen.“ Damit werde die akute Notfallversorgung weiterhin gewährleistet.

Wer ins Zeller Gesundheitszentrum zieht
Eine Kurzzeitpflege, ein Hospiz sowie eine umfangreiche ambulante Struktur sollen am bisherigen Krankenhausstandort in Zell aufgebaut werden. Was ist der Stand der Dinge? Unsere Zeitung hat bei der Katharina-Kasper-Gruppe nachgefragt.
Leider würden die Berichterstattungen dazu durch „die emotionale und sehr intensive Debatte vor Ort überlagert und die Bevölkerung hierdurch verunsichert“, schreibt Anke Beilstein weiter und fragt: „Warum werden die Menschen in der Zeller Region noch immer mit Wunschvorstellungen hingehalten statt sich Realitäten zu stellen?“ Der Landkreis habe keine Möglichkeit, die Schließung eines Krankenhauses in privater Trägerschaft zu verhindern. „Wo sind jenseits von Demonstrationen und Mahnwachen konkrete Vorschläge, die gemeinsam mit dem Landkreis gegenüber den übrigen Akteuren verfolgt werden können?“ Und: „Warum wurde der Wunsch der Landrätin auf Zusammenarbeit nie angenommen?“
Die Landrätin vermisst zudem mangelnde Transparenz seitens der Bürgerinitiative. In der Facebook-Gruppe „Unser Krankenhaus muss bleiben“ mit aktuell 1740 Mitgliedern sei beispielsweise ein zweistündiges Gespräch in der Cochemer Kreisverwaltung reduziert worden auf ein Foto mit der Information „Übergabe von Unterschriften“. „Ein weiteres Gespräch wurde überhaupt nicht aufgeführt“, kritisiert Beilstein weiter und fragt schließlich: „Wo ist die Richtigstellung eines falsch konstruierten Zitats der Landrätin geblieben, das ursächlich war für viele emotionale Reaktionen der Bürgerschaft?“
„Ein falsch konstruiertes Zitat“
Auf Nachfrage unserer Zeitung dazu schilderte die Landrätin folgenden Hintergrund: In der Kreistagssitzung am 7. Oktober 2024 habe sie die Schließung des Krankenhauses Zell als „bittere Tatsache“ bezeichnet. Sie habe sich ausdrücklich an die Bürger gewandt und ausgeführt, dass sie die Meinungsäußerung mittels Demonstrationen für richtig halte. Im Anschluss habe sie im Kreistag die aktuellen Optionen geschildert und ausweislich des Wortprotokolls (Tonaufnahme liegt vor) zum Ende ihrer Rede folgendes zu den Mitgliedern des Kreistages gesagt: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann jetzt zweierlei tun: Man kann sich pessimistisch hinstellen und sagen: ,Das wird eh nix’ und kräftig daran arbeiten, dass man die Stimmung unter Mitarbeitern, Besuchern und Umfeld so mies macht, dass nachher auch tatsächlich keiner mehr da ist, der daran mitarbeiten will. Oder man kann hingehen und sagen: Lasst uns der Realität stellen. Wo sich eine Tür schließt, tut sich vielleicht auch eine neue auf. Wir wollen mithelfen, dass dieser Weg für unsere Menschen gelingt. Ja, es gibt noch viel zu tun. Ich für meinen Teil jedenfalls möchte gerne die Kraft in das stecken, was wir erreichen können, und ich möchte weiterhin für eine gute Zukunftslösung kämpfen. Ich bitte Sie alle darum, diesen Weg zu unterstützen. Vielen Dank!“
Seitens BI-Vertreter sei sie anschließend so zitiert worden, als habe sie die Demonstranten direkt zu Beginn ihrer Rede als „Miesmacher“ beschimpft. „Dies hatte massive Bestürzung und Verärgerung in der Bürgerschaft ausgelöst“, erklärte Beilstein. Obwohl sie in einem persönlichen Gespräch einen BI-Vertreter aufklärend um Richtigstellung gebeten hatte, sei dies nie erfolgt. „Das völlig falsch konstruierte Zitat wurde in der Folgezeit vielfach weitergenutzt mit allen Folgen einer verzerrten Wahrnehmung“, beklagt die Landrätin.